6,2 Millionen können ein Leben verändern

Eine sympathische Frauenstimme von der Lottogesellschaft teilt Ich-Erzähler Robert Allmann am Telefon mit, dass er 6,2 Millionen Euro gewonnen hat. Seiner Frau Regina, viel beschäftigte Ärztin, möchte er als erstes davon erzählen. Robert bereitet ein gemütliches Abendessen vor, das der Mitteilung einen angemessenen Rahmen geben soll.
Doch noch ehe er dazu kommt, ihr die gute Nachricht mitzuteilen, verlässt Regina in einem Wutanfall die gemeinsame Wohnung; Robert ist mit seinem Glück allein.

Er beginnt, Dinge anzuschaffen, die ihm gefallen, allen voran ein Luxusauto. Schnell merkt er, dass Geld nicht glücklich macht, ihn aber sehr beruhigen kann. Und er macht sich einen Spaß daraus, dass er weiß, wer der zweite Lotto-Hauptgewinner ist: sein ehemaliger Kumpel Ecki, der ihn vor vielen Jahren übers Ohr gehauen hat und dessen Lottozahlen Robert seitdem immer getippt hat, damit Ecki nie wieder alleine abkassieren kann.

Als Regina, die neu verliebt ist, auch nach mehreren Tagen nicht zu ihm zurückkehrt, stellt Robert fest, dass von nun an sein Leben vollkommen anders verlaufen wird.

Der Roman ist eine souveräne und gelassen erzählte, teils ironische Antwort auf die Frage: Was wäre, wenn der große Lottogewinn kommt? Der Held strauchelt zwar im Alltag, aber er fällt nicht. Dazu ist er zu sehr mit sich im Reinen. Robert Allmann ist ein beruflich nicht allzu erfolgreich, aber er hat sich immer durchgeschlagen.

Er geht Kompromisse ein, andererseits nimmt er zu wenig am Leben seiner Frau teil. Nur sehr zögerlich gelingt es ihm, sich in seinem neuen Leben einzurichten, und das macht ihn so sympathisch.

Den Moment, Regina die gute Nachricht überbringen zu können, sehnt er noch lange herbei, getreu dem Motto: Geteiltes Glück ist doppeltes Glück. Robert Allmann ist aber auch ein komplizierter Mensch, Spontaneität ist seine Sache nicht und mit seinem Vater und seinen Schwestern liegt er im Dauerclinch. Für sein neues Leben würde er keine Millionen brauchen.

Was ist angemessen, wenn man erfährt, dass man im Lotto gewonnen hat? Alles verprassen und angeben? Das normale Leben weiterführen und höchstens den Kredit abzahlen? Robert Allmann reagiert fast zu besonnen auf seine neuen Möglichkeiten.

Dem einzigen "Feind", Ex-Kumpel Ecki, wischt er eins aus, und bis zum Schluss sehnt er sich nach jemandem, mit dem er das Glück teilen könnte. Selbst wenn das am Ende "die eigensinnigste und arroganteste Katze der Welt ist", die ihm die Möbel zerkratzt und für die er "zum Rauchen auf den Balkon gehen muss". Hauptsache, sie ist für ihn da.

Thommie Bayer wurde 1953 in Esslingen geboren und studierte freie Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart. Ab 1974 war er als Liedermacher unterwegs. In den 80ern wurde er von seiner ersten Frau geschieden und zog um nach Freiburg im Breisgau, wo er zum zweiten Mal heiratete und sich erfolgreich der Schriftstellerei widmete.

Als sein Hauptwerk gilt der 1991 erschienene Roman "Das Herz ist eine miese Gegend". Daneben verfasst er Drehbücher für Fernsehproduktionen und Kinofilme sowie Sketche und Glossen. Thommie Bayer ist Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller und erhielt 1992 den Thaddäus-Troll-Preis.

Rezensiert von Roland Krüger

Thommie Bayer: Eine kurze Geschichte vom Glück
Piper Verlag, München 2007
215 Seiten, 16,90 Euro