5835 minderjährige Flüchtlinge verschwunden

Niemand weiß, wo sie sind

Flüchtlingskinder am 25. September 2015 - Minderjährige sind auf der Flucht besonders gefährdet.
Flüchtlingskinder: Oft schutzlos und auf der weiten Reise nach und durch Europa besonders gefährdet © dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka
Barbara Küppers im Gespräch mit Marianne Allweiss und Andre Hatting · 11.04.2016
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland einem Zeitungsbericht zufolge knapp 6000 minderjährige Flüchtlinge verschwunden. Die Menschenrechtsorganisation terre des hommes macht der Bundesregierung deswegen schwere Vorwürfe.
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 5835 minderjährige Flüchtlinge einfach verschwunden, 2171 von ihnen tauchten wieder auf. Wo der Rest ist, wissen die Behörden nicht.
Das muss nichts Schlimmes bedeuten, kann es aber. Barbara Küppers, Kinderrechtsexpertin von terre des hommes, sagte im Deutschlandradio Kultur, die Politik sei immer noch nicht aufgewacht. Ihre Organisation fordere schon lange, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an den Außengrenzen der EU in Empfang genommen würden und mit ihnen geklärt werde, wo sie hin wollten. Wenn sie dann mit einem Bahnticket und einem vorläufigen Ausweis ausgestattet würden, bestehe auf der Reise beispielsweise zur Tante nach Köln nicht mehr die Gefahr, dass die Kindern Schleppern und Menschenhändlern in die Hände fielen.

Der Großteil der Verschwundenen ist vermutlich weitergereist

Küppers zufolge ist ein Großteil der verschwundenen Kinder vermutlich in die skandinavischen Länder weitergereist. Manche seien wenige Tage in Jugendhilfeeinrichtungen in Obhut genommen worden und dann wieder verschwunden. Andere Kinder machten sich auf eigene Faust auf den Weg zu Verwandten in Deutschland – die Bundesregierung kümmere sich nicht darum, dass die Kinder sofort dorthin kämen, wo Familienmitglieder lebten. Das führe dazu, dass man sie Gefahren aussetze, kritisierte Küppers.
Es gebe unter den Kinder aber auch Opfer von Menschenhändlern, die diese für den Verkauf von Drogen einsetzten, sagte die Expertin. Zudem ständen vor Jugendhilfeeinrichtungen plötzlich Schlepper, die von Jugendlichen Geld forderten, das ihren Eltern geliehen worden sei. Diese Jugendlichen tauchten dann ab und versuchten, Geld zu verdienen, was in der Illegalität nur mit illegalen Tätigkeiten gehe: zum Beispiel auf dem Straßenstrich. "Diese Fälle gibt es, sie sind auch bekannt, aber man weiß nicht, wie viele es sind", sagte Küppers.
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