50 Trends unter der Lupe

Heute scheint der Großstadtmensch kaum noch ohne ihn auszukommen. Der Coffee to go hat das Stadtbild erobert, ebenso wie der iPod oder viele andere kultige Erfindungen der Marketingleute. Alexander Meschnig und Mathias Stuhr hinterfragen in ihrem Buch "Von Bollywood bis iPod", was von den zahllosen Trends zu halten ist.
Auch der Trend ist ein Trend in diesem Buch. Im Kapitel über ihn kommen die Trendforscher bei den beiden Autoren besonders schlecht weg: Denn sie werden von ihnen lediglich für die Vorhut der Marketingmenschen gehalten und damit für unseriös. Sie wollen einem "neuen Mist" einreden, weil der "alte Mist" offiziell zum "alten Mist" erklärt wird.

Als drastisches Beispiel führen sie Body-Shaping an, was nichts anderes ist als simples Abnehmen, aber ausgestattet mit einem riesigen und konsequenter weise kostspieligen Repertoire an Dienstleistungen und Produkten. Alte Hüte, neu aufgebürstet, so sieht es bei manchem Trend aus. Etwa beim Home-Shopping, bei dem der altbekannte Vertreter gleichsam über den Bildschirm den Fuß in die häusliche Tür stellt.

Zumeist geht es um Konsum, der die "Mitläufer", für die das Buch laut Untertitel geschrieben ist, in die Falle locken soll: Etwa wenn Handy-Klingeltöne zum Kult für Kids und zur Goldgrube für Vermarkter werden. Oder wenn wegen eines anderen älteren Trends, Snowboarden, die Industrie auf Skistöcken sitzen bleibt und flugs der Sport des Nordic Walking ersonnen wird. Schlimmer ist die bei uns noch nicht allzu verbreitete, aber in den USA offenbar sehr beliebte Sportart des Mall Walking, des Durchlaufens großer Einkaufszentren, allein oder in Gruppen, zwecks körperlicher Ertüchtigung.

Der iPod und Second Life – auch das sind auf Konsum ausgerichtete Trends, aber Produkte neuer technischer Entwicklungen. Bei letzterem urteilen die zwei Autoren, beide freischaffende Autoren in Berlin, milde: Älter werdend muss man nicht mehr alles mitmachen und ist froh, wenn man im Ersten Leben zurechtkommt.

Mit Ironie und bisweilen auch Zorn nähern sich Alexander Meschnig und Mathias Stuhr den einzelnen Trends. Besonders heftig reagieren sie auf das Angebot von Coffee-to-go, wo sie nicht nur die Kultur des Kaffeetrinkens, sondern nahezu schon jene des Abendlandes insgesamt ins Wanken geraten sehen. Stets blicken die zwei Autoren aber distanziert auf die Trends, die keineswegs nur brandneu, sondern vielfach schon seit einigen Jahren bekannt und populär sind.

Andere Trends, die nicht auf den Konsum zielen, haben meist in der Entwicklung der Gesellschaft ihre Ursache: Sei es das Prekariat oder der Klimawandel, die Fernbeziehung oder die Essstörung. Bei diesen durchaus ernsten Themen halten Meschnig und Stuhr ihren salopp-kecken Erzählstil mitunter nicht durch und lassen trocken Prozentzahlen aufmarschieren.

Insgesamt ist "Von Bollywood bis iPod" leichte Kost für zwischendurch in 51 sich angenehm anzueignenden Happen. Die einen werden sich in ihrem Stirnrunzeln über neue Trends bestätigt fühlen und manch cooler Massenbegeisterung selbstbewusst noch ablehnender gegenüber treten als bisher. Für die anderen könnte es Erkenntnisse offenbaren, wie armselig man eigentlich als Mitläufer hinter jedem neuen Marketing-Gag wirkt, aber diejenigen lesen vermutlich das Buch nicht, weil es wohl zu "unkultig" ist.

Störend wirkt lediglich die Häufung von Beistrichfehlern und konsequente Falschschreibung von "dass" und "das". Wer sich aber über so etwas aufregt, liegt vermutlich nicht im Trend.

Rezensiert von Stefan May

Alexander Meschnig/Mathias Stuhr: Von Bollywood bis iPod - Ein Handbuch für Mitläufer
edition q im be.bra verlag, Berlin 2007
224 Seiten, 19,90 Euro