50. Todestag von Enid Blyton

Die Erfinderin von Hanni und Nanni, Julian, Dick und George

Die Schriftstellerin Enid Blyton umringt von Schuljungen während einer Autogrammstunde im Jahr 1953.
Zunächst verdiente sich Enid Blyton ihr Geld als Kindergärtnerin, denn ihre ersten literarischen Versuche stießen auf wenig Resonanz © imago/United Archives International
Von Carola Zinner · 28.11.2018
Die englische Autorin Enid Blyton verfasste bis zu ihrem Tod 1968 rund 700 Kinderbücher - einige davon in weniger als zwei Wochen. Bis heute sind ihre Geschichten bei Groß und Klein beliebt. Ihr Erfolgsrezept: Jedes Kind kann ein Held sein.
"Meine absoluten Lieblingsbücher war die Reihe ‚Geheimnis um‘ – und dann kam der Titel um den Fall, um den es da gerade ging."
"Was Kinder natürlich speziell in diesen Büchern finden, ist dieses Serienprinzip. Du schlägst das auf und weißt sofort: aha! Alles alte Bekannte. Aha, ich weiß schon wie es ausgeht. Ich weiß schon, was der Hund macht."
"Hello, Children – this is Enid Blyton, your storyteller."
Wäre es nach dem Vater gegangen, so wäre sie Pianistin geworden. Doch für Enid Blyton, Jahrgang 1897, kam nur ein Beruf in Frage: Schriftstellerin.
"Es erfordert allerdings unermüdliche Übung, damit sich die Begabung dann zur Kunst entwickelt."
Enid war unermüdlich. Schrieb Tagebuch, verfasste Briefe an, wie es in ihrer Autobiografie heißt, "jeden, der nichts dagegen hatte" und unterhielt die Brüder abends mit Geschichten, die die beiden und sie selbst darüber hinwegtrösteten, dass der geliebte Vater die Familie verlassen hatte. Mit 14 gewann sie mit einem Gedicht einen Kinder-Wettbewerb.
"Gedruckt wirkten meine Worte plötzlich ganz verwandelt – viel bedeutsamer!"
Ein Mann hält den ersten Band der Abenteuerserie "Fünf Freunde" von Schriftstellerin Enid Blyton in der Hand.
Enid Blytons " Fünf Freunde": Die Abenteuerserie für Kinder wird 75 Jahre alt. © dpa

Enid Blyton kassierte erst einmal Absagen

Fortan bombardierte sie die Verlage mit Selbstverfasstem - und kassierte eine Absage nach der anderen. Also wurde sie erst mal Kindergärtnerin. Und testete bei ihren Schützlingen, welche Geschichten besonders gut ankamen:
"Die Handlung sollte spannend sein, aber nicht grausam. Sie mochten komische Geschichten und solche, in denen Kinder wie sie vorkamen. Wenn jemand etwas Schlechtes tat, musste er bestraft werden. Und natürlich musste jeder, der nett war, belohnt werden."
Blyton, die einmal sagte, sie höre nur auf Kritiker, die nicht älter seien als zwölf, machte das zum Grundprinzip der mehr als 700 Bücher, die sie bis zu ihrem Tod am 28. November 1968 verfasste. Einige davon in weniger als zwei Wochen.
"Ich sitze auf meinem Stuhl, schließe die Augen, und nach ein oder zwei Minuten zeigen sich in meinem 'geistigen Auge' die ersten Bilder – die Handlung beginnt."
"Eine Kinderbande aus dem imaginären Ort Peterswalde; die haben immer so kleine Kriminalfälle gelöst."
Auch Kai Frohner, heute Leiter des BR Kinderfunks, zogen diese Geschichten einst in Bann.
"Mal ging es um verschwundene Bilder oder eben auch um Geklautes, Dickie ist der anerkannte Chef dieser Gruppe, und Dickie hatte einen Hund, der hieß Purzel, war ein kleiner Foxterrier."
"Geheimnis um", "Fünf Freunde", "Hanni und Nanni": Auch deutsche Kinder liebten Blytons Bücher. Auf eine eigene Blyton- Zeitschrift allerdings mussten sie ebenso verzichten wie auf die Auftritte, mit denen die "Ein-Frau-Literatur-Industrie", so ein Spötter, das englische Publikum beglückte.
"Jeden Tag bringt mir der Postbote Briefe von euch, Tag für Tag, Woche für Woche."
Und weil die Fans dort immer wieder dasselbe fragten, antwortete Blyton schließlich mit einem Buch, in dem sie ihr Leben beschrieb: den herrlichen Garten, die Haustiere, das Zusammenleben der Familie.
"Wir sind alle sehr glücklich miteinander."

Eltern spielen in "Hanni und Nanni" und Co. kaum eine Rolle

In den Erinnerungen der Tochter allerdings las sich das später ganz anders. Der Beliebtheit von Blytons Büchern aber tat das in keiner Weise Abbruch. Dort spielen Eltern ohnehin kaum eine Rolle. Die Kinder bleiben meist unter sich:
"Man hat tolle Freunde und man organisiert sich selbst. Und wenn sie nicht weiterkommen, dann werden auch mal die Lehrer befragt."
Und hier, sagt die Jugendbuch-Expertin Roswitha Budeus-Budde, liegt auch das Geheimnis der Enid Blyton: In der Welt, die sie sich schreibend erträumte, kann jedes Kind ein Held sein. Es gibt dort Freunde, die füreinander einstehen, und am Ende wird jedes Problem nach den Regeln des Fair Play gelöst. Es ist jene Welt, nach der Enid selbst sich vergeblich in ihrer Kindheit sehnte. Und Millionen von Kindern waren und sind bereit, ihr dorthin zu folgen.
"Also das ist in meinen Augen doch ein Phänomen und zeigt im Grunde genommen, dass Kindheit zwar kulturell überall anders läuft, dass aber die kindlichen Bedürfnisse gar nicht so unterschiedlich sind."
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