50 Jahre "Sgt. Pepper´s"

Musikgeschichte im Stereomix

The Beatles im Jahr 1967: Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr, John Lennon (v.l.n.r.)
The Beatles im Jahr 1967: Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr, John Lennon (v.l.n.r.) © imago / United Archives
Von Marcel Anders · 26.05.2017
"Sgt. Pepper´s Lonely Heart Club Band" feiert kommende Woche sein 50-jähriges Erscheinen - und erstrahlt jetzt im neuen Glanz. Der Sohn des Beatles-Produzenten George Martin hat dem legendären Album ein technisches Update verpasst.
"Es ist lustig, eine intime Album-Präsentation von 120 Leuten in Studio 2 abzuhalten. Ich hoffe, euch gefällt's."
Giles Martin ist die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Der 47-jährige, zweifache Grammypreisträger und Sohn von Beatles-Produzent George Martin, sitzt auf einem Podest vor geladenen Gästen aus aller Welt. Eine illustre Mischung aus Medienvertretern, Plattenfirmenmanagern und Bands wie Ride oder Kula Shaker, die sich in Studio 2 von Abbey Road versammeln – der Ort, an dem vor einem halben Jahrhundert "Sgt Pepper´s" entstanden ist. Nicht irgendein Album der Fab Four, sondern ihr ganz persönlicher Meilenstein. Das vielleicht beste und nachhaltigste Werk ihrer Karriere.
"Es ist ein Album, das von Generation zu Generation weitergereicht wird. Und ich weiß, dass Roger Waters von Pink Floyd es zum ersten Mal im Autoradio hörte und sofort links ranfuhr, um auch ja nichts zu verpassen. Dann ist er nach Hause und schrieb die ersten Stücke zu "Dark Side Of The Moon". Was zeigt: Es ist ein unglaublich wichtiges Album. Und für meinen Vater, der letztes Jahr verstorben ist, war es der Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit. Er war dieser riesige Trichter, in den die Beatles all die Ideen warfen, die ihnen durch den Kopf gingen und die sie auf Tour gesammelt hatten. Das haben sie gemeinsam gefiltert – zu einem Album, das "Sgt. Pepper´s" wurde."

"Die Beatles haben das Studio zu ihrer Spielwiese gemacht"

Dabei haben Martin und die Beatles – wie es 1966/67 in Europa üblich war – noch in Mono gearbeitet. Mit vier Spuren, auf denen 12 bzw. 16 Kanäle zusammengefasst wurden und die für das charakteristische Klangbild zweier Monokanäle sorgten: Auf der einen Seite mehr Musik, auf der anderen mehr Gesang. Aber im Vergleich zu heutigen Produktionen eindimensional und platt.
Daran hatte die Band sechs Monate lang gebastelt. Eben, um mit den eingeschränkten technischen Möglichkeiten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen und ein Werk zu schaffen, das mit psychedelischen Elementen, LSD-geschwängerten Texten, einer beeindruckenden stilistischen Vielfalt, einem Pop-Art-Cover und einem Titel glänzt, der Westküstenbands wie Big Brother & The Holding Company parodierte. Kurzum: Ein Werk, das vor Anspruch, Können, aber auch Dunkelheit und Spaß strotzt.
"Viele Leute hören heute gar keine Alben mehr. Aber "Sgt. Pepper´s" ist eins - es hat einen Anfang und ein Ende. Und es führt uns an unterschiedliche Orte und ist doch gerade mal 38 Minuten lang. Außerdem sind da so viel Innovationen und Ideen drin. Die Beatles haben das Studio zum ersten Mal richtig genutzt, es zu ihrer Spielwiese gemacht und sich gesagt: 'Egal, was man von uns erwartet, wir machen das Album, das wir wollen, und lassen uns von niemandem reinreden.'"

Die Monoversion wirkt nicht mehr zeitgemäß

Das Problem ist nur: 2017 wirkt die Monoversion nicht mehr zeitgemäß und leidet zudem unter einem Fauxpas, den die überlebenden Beatles als echten Schandfleck empfinden: Ein Stereomix, der 1967 in knapp 45 Minuten für den amerikanischen Markt entstand, wo es bereits entsprechende Musikanlagen gab, und der später für die CD-Pressungen übernommen wurde. Dabei, so Martin, wurde ziemlich geschludert und viele Elemente nicht übernommen. Was für ein eingeschränktes Hörerlebnis sorge:
"Die Beatles waren beim Stereomix nicht einmal anwesend. Sie haben sich ganz auf die Monofassung konzentriert – das war ihr "Sgt Pepper´s". Doch die fehlenden Effekte wie die automatischen Dopplungen von Gesangsspuren können wir mit der modernen Technik nachempfinden – und viel besser klingen lassen. Es hat ein bisschen was von technischer Archäologie."

"Es sind immer noch dieselben Stücke"

Martin Junior macht kein Geheimnis daraus, welchen enormen Druck er bei diesem Projekt verspürte. Schließlich war er von Paul McCartney und Ringo Starr höchstpersönlich beauftragt worden, das Album quasi aus den 60ern in die Neuzeit zu katapultieren, und sowohl dem Hörempfinden alteingesessener Fans wie auch der heutigen Jugend gerecht zu werden. Deswegen habe er weder die Anordnung der Stücke noch die Musik an sich verändert, sondern da allenfalls nachgebessert.
"Es sind immer noch dieselben Stücke und das "Sgt. Pepper´s", das jeder kennt. Ohne Samples und ohne Trickserei. Andernfalls hätten mich die Leute wahrscheinlich umgebracht. Und hätte ich die Reihenfolge verändert, hätten sie mich aufgeknüpft."
Neben dem Stereomix von "Sgt. Pepper´s” serviert Martin noch 30 unveröffentlichte Demos, Outtakes und alternative Mixe, die verdeutlichen, wie die Beatles im Studio vorgegangen sind. Etwa mit alternativen Enden zu "A Day In The Life", die zeigen: Auch John, Paul, George und Ringo begingen Fehler, brauchten mehrere Anläufe und waren – so Martin – nichts anderes als große Jungs, die großartigen Krach gemacht haben.
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