50 Jahre Hofer Filmtage

Kein Platz für Blitzlichtgewitter

Das Foto aus dem Jahr 1976 zeigt den Begründer der Hofer Filmtage, Hans Badewitz (l), mit dem Regisseur Brian de Palma.
Begründer der Hofer Filmtage, Hans Badewitz (l), mit dem Regisseur Brian de Palma, während der Hofer Filmtage 1976. © dpa / Internationale Hofer Filmtage
Von Noemi Schneider · 29.10.2016
Weil kein Münchner Kino seine Filme zeigen wollte, veranstaltete Heinz Badewitz eigene Filmtage in Hof. 50 Jahre ist das Festival nun alt - und hat mitten in der fränkischen Provinz Filmgeschichte geschrieben. Das Jubiläum erlebt der Gründer nicht mehr, er verstarb vor wenigen Monaten.
"Lieber Heinz und liebster Heinz, ich kannte und kenne nur einen und stelle mir jeden Heinz so vor wie dich. Aber das kann gar nicht sein, wieviel glücklicher wäre die Welt …"
So manch eine Träne wurde verdrückt, als der Regisseur Chris Kraus bei der Eröffnung der 50. Internationalen Hofer Filmtage im Scala-Kino eine Liebeserklärung an Heinz Badewitz verlas, weil:
"Wir eigentlich da unten sitzen wollten und sehen wollten, wie Heinz versucht, hinter dem Vorhang vorzukommen."
Und, wie seit 49 Jahren üblich, die magischen Worte spricht:
"Genießen Sie den Film, ich wünsche Ihnen eine gute Projektion. Danke! Und denken Sie bitte daran, ihre Mobiltelefone jetzt auszuschalten!"
Weil der 22 Jahre alte Filmemacher Heinz Badewitz 1967 kein Münchner Kino fand, das sich bereit erklärte, seine Kurzfilme und die seiner Freunde zu zeigen, kehrte er in die Provinz zurück. An einem Sonntag im Mai fand im Regina-Filmtheater in Hof das "kleinste Filmfestival" der Welt statt. Gezeigt wurden neun Kurzfilme. Ein Jahr später zeigte Werner Herzog seinen Kurzfilm "Letzte Worte" in Hof. Herzogs Motivation in die fränkische Kleinstadt zu kommen, war jedoch nicht nur cineastischer Natur.

Fußball, Filme, fränkische Bratwurst und Bier

"Mich hat interessiert, dass da Fußball gespielt wird, gegen eine Auswahl, gegen die wir fast immer verloren haben."
Fußball, Filme, fränkische Bratwurst und Bier - dafür stehen die "Internationalen Hofer Filmtage" seit fünf Jahrzehnten, das vielleicht bodenständigste Filmfestival von allen. Einen roten Teppich sucht man hier vergebens, hier ist kein Platz für Blitzlichtgewitter und Eitelkeiten. Es geht um Filme. Egal ob Kurz-, Lang-, Dokumentar- oder Experimental; sie alle werden hier in zwei fußläufigen Spielstätten geguckt, in den Foyers, Kneipen und Cafés wird bis spät in die Nacht geredet und gefeiert. Klassentreffen statt Klassengesellschaft:
"Dass es eine Mischung immer gab, zwischen Internationalität und dem lokalen hier, dem Hofer Publikum, und den jungen und den alten Filmemachern, die sich so völlig homogen versammeln, im Kino und in ihrer Leidenschaft fürs Kino",
… erinnert sich Doris Dörrie, die in Hof als Gästebetreuerin und Moderatorin arbeitete, bevor sie 1985 mit ihrem Film "Männer" einen Hofer-Hit landete. Die ursprünglich als Fernsehfilm konzipierte Geschlechter-Komödie schlug bei der Vorführung in Hof so ein, dass der Film ins Kino kam.

Viele Filmkarrieren nahmen in Hof ihren Anfang

Viele Filmgeschichten nahmen in Hof ihren Anfang. Jim Jarmusch zeigte 1982 seinen Kurz-Film "Stranger than Paradise" und fand in Hof den Produzenten für die gleichnamige Langversion, die zwei Jahre später in Hof Premiere feierte. 1984 bei der Vorführung von Christoph Schlingensiefs Experimentalfilm "Tunguska – die Kisten sind da" brannte plötzlich der Film, und das Kino musste geräumt werden. Wim Wenders schuf den Slogan: "Hof – Home of Films". Die Auswahl war bislang in den Händen von Heinz Badewitz, der das ganze Jahr über Filme sichtete und mit unnachahmlicher Begeisterung zuschlug:
"Im Arri-Kino in München haben wir damals meinen Diplom-Film 'Urlaub vom Leben' gezeigt, der wurde davor schon von ein paar Festivals abgelehnt. Wir waren sehr nervös. Die Regisseurin Nele Vollmer und ich saßen fünf Reihen hinter ihm - und er springt auf und reißt die Arme hoch und dreht sich um und sagt: 'Endlich hab ich meinen Eröffnungsfilm!' - und stand so vor uns und dann haben wir ihn zu zweit umarmt und jetzt waren wir 15 Jahre ein Paar",
…erinnert sich der Produzent Jochen Laube. Es wird viel erinnert und vermisst 2016 in Hof. Das Stimmungsbarometer lässt sich am Besten an der Bratwurstbude messen, die während der Filmtage vor dem Central-Kino in der Fußgängerzone steht bei Manfred, der hier seit 22 Jahren mit seinem Kollegen brät und brüht.

The Show must go on

Archivbild des verstorbenen Mitbegründers der Internationalen Hofer Filmtage, Heinz Badewitz vom 29.10.2009 in Hof.
Der verstorbene Mitbegründer der Internationalen Hofer Filmtage, Heinz Badewitz.© picture alliance / dpa / David Ebener
"Also, die Stimmung finden wir ausgezeichnet, obwohl die 50-jährigen Spiele ja praktisch relativ im Hintergrund laufen- durch den Tod vom Heinz Badewitz. Aber vom Grundsatz her haben wir den Eindruck, also weil es dieses Jahr auch mehr bekannte Größen sind, die sich hier versammeln, vielleicht auch als Andenken an den Heinz Badewitz, die Stimmung ist entsprechend gut. Wenn die Sonne noch mehr scheinen würde, wär es noch besser, aber das ist ja Hofer Wetter, da können wir nichts dafür. Es hat auch schon geschneit zu den Filmtagen. Also, wir finden es okay."
Und nun? - The Show must go on, bekräftigte Rainer Hübsch, der langjährige Organisationsleiter der Hofer Filmtage und enger Freund von Heinz Badewitz bei der diesjährigen Eröffnung. Das Kuratorium, das die Filmauswahl für die Jubiläumsausgabe übernahm, ist natürlich keine Dauerlösung. Doch eine Hoferin, die das Festival seit 30 Jahren besucht, hätte da schon eine Idee:
"Tom Tykwer und Franka Potente – also das wären meine zwei Favoriten, weil ich auch ‚Lola rennt‘ als ganz besonderen Film empfunden hatte – mit diesen drei verschiedenen Enden. Also die beiden könnte ich mir gut vorstellen, würde ich mir wünschen."
Mehr zum Thema