5. Staffel von "House of Cards"

Wenn Realität und Fiktion verschwimmen

Menschen stehen in einer Schlange vor einem Werbeschild von "House of Cards".
Ist Donald Trump der bessere Frank Underwood? © picture alliance / dpa / Erik S. Lesser
Von Simone Schlosser · 30.05.2017
Heute startet die fünfte Staffel von "House of Cards", jene Fernsehserie um den intriganten Präsidenten Frank Underwood. Doch nach der Wahl von Donald Trump wirkt es, als habe die Realität die Fiktion überholt.
Die Underwoods haben es weit gebracht: Sie haben sich gegen einen despotischen russischen Präsidenten behauptet, einer ISIS ähnlichen Terrororganisation den Kampf erklärt und bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen treten sie gemeinsam an: Frank als Präsident. Claire als seine Vize-Präsidentin.
Als Zuschauer hat man diese Karriere interessiert-distanziert verfolgt. "House of Cards" gehört zweifellos zu der Gruppe der besten Drama-Serien. Auch wegen ihrer beiden brillanten Hauptdarsteller Kevin Spacey und Robin Wright.
Doch so unterhaltsam ihre politischen Intrigen auch sind, mit der Realität schien die Serie immer weniger zu tun zu haben. Welcher Präsident würde sich wohl selbst als Terrorquelle bezeichnen?
"We don't submit to terror. We make the terror."

Einreiseverbote? Längst kein verrückter Serieneinfall mehr

Aber das war vor einem Jahr - vor der Wahl von Donald Trump. Plötzlich hat "House of Cards" ein ganz anderes Problem: Denn längst hat die Realität die Fiktion der Serie eingeholt.
"Gibt es ein Problem?"
"Es ist schon ein bisschen extrem…"
Ein Beispiel dafür sind Frank Underwoods Pläne für ein Einreiseverbot in die USA. Ein Vorschlag, der zum Zeitpunkt seiner Entstehung extrem erschienen sein mag, mittlerweile aber wirkt wie ein Relikt aus einer nicht allzu fernen Vergangenheit:
"Ich meine, die No Fly-Listen derartig auszuweiten… Und solche Einschränkungen für die Visa-Vergabe sind nie dagewesen. Wie rechtfertigen wir das?"
"Unser Rechtsberater hat es abgesegnet. Steht doch da …"
Ähnliches gilt für Frank Underwoods Taktik, durch außenpolitische Eskalation von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken. Hat Donald Trump nicht gerade erst einen Flugzeugträger nach Nordkorea verlegen lassen, anstatt sich mit der zu eskalieren drohenden FBI-Russland-Krise auseinander zu setzen?

Polit-Serien mit prophetischem Charakter

"House of Cards" ist nicht die erste Polit-Serie mit scheinbar prophetischem Charakter. Ähnlich wie einst "West Wing" den Wechsel von George W. Bush zu Barack Obama vorweg genommen zu haben scheint, wirkt auch "House of Cards" rückblickend wie der Vorbote eines neuen politischen Klimas: Zynismus statt Idealismus.
Den Machern von "House of Cards" ist diese Entwicklung durchaus bewusst. Sowohl Kevin Spacey als auch Robin Wright haben in aktuellen Interviews auf die Parallelen zu Donald Trump hingewiesen. Beeinflussen lassen haben sie sich durch seine Wahl aber nicht. Anders die Entscheidung einer anderen aktuellen Präsidentschaftsserie: "Veep".
Hier musste die Sarah Palin-Parodie Selina Meyers bereits zum Ende der letzten Staffel ihre Polit-Karriere beenden. Im Nachhinein die beste Entscheidung, wie die Macher heute sagen, die nach den Wahlen erst mal eine Golden-Shower-Affäre aus dem Drehbuch gestrichen haben. Denn wie kann man heute noch über Politik lachen, wenn Donald Trump im Weißen Haus sitzt?

Sind Dokumentationen die besseren Serien?

Eine ähnliche Frage werden sich auch die Macher von "House of Cards" stellen müssen. Die Zeit der großen Präsidentschaftsfiktionen scheint vorbei. Das Format unserer Gegenwart sind True Politics Dokumentationen. Wie die über den Donald Trump-Berater Roger Stone, die gerade auf dem Streamingportal Netflix zu sehen ist: "Get me Roger Stone".
"Ich bin Roger Stone, ein Agent Provocateur. Stones Regeln sind Dinge, die ich gelernt habe, und die ich anderen vermitteln möchte, die auch in dieser Branche aktiv sein möchten. Ein Beispiel: Es ist besser berühmt-berüchtigt, als gar nicht berühmt zu sein. Stones Regel."
Sätze wie dieser erinnern einen als Zuschauer unweigerlich an Strippenzieher Frank Underwood. Vielleicht sollten sich die Macher das zu Herzen nehmen und aufhören, bevor es irgendwann umgekehrt ist, und man bei "House of Cards" nur noch an Donald Trump denken muss.
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