40 Jahre Frauenmuseum in Bonn

"Grenzwanderung zwischen Kunst, Politik und Aktionen"

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Die Direktorin des Frauenmuseums in Bonn, Marianne Pitzen.
1981 gründete Marianne Pitzen das Frauenmuseum in Bonn. Seitdem beherbergte es an die 900 Ausstellungen. © picture alliance / dpa / Henning Kaiser
Marianne Pitzen im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 02.05.2021
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Das Frauenmuseum in Bonn ist seit vier Jahrzehnten ein Ort der Begegnung, der Debatte und des Archivs. Museumsleiterin und -gründerin Marianne Pitzen erzählt von den spannenden Anfängen und erklärt, warum es auch heute noch Frauenmuseen geben muss.
40 Jahre ist es her, dass Marianne Pitzen gemeinsam mit einer ganzen Reihe von Mitstreiterinnen in Bonn das weltweit erste Frauenmuseum gegründet hat. Sie wollten "die Welt selber interpretieren können", wie sie sagt. Und dafür brauchten sie einen eigenen physischen Raum, in dem sie gesellschaftspolitische Fragen debattieren konnten: einen Ort der Begegnung.
Von Anfang an ging es aber auch darum, "Archive anzulegen zur Gesellschaftspolitik, zur Kunst, zu Musik und zu sämtlichen Staaten", um die Geschichte zu bewahren. Das war der andere Aspekt, der mit dem Frauenmuseum Bonn verbunden ist.

Mit Männern reden

Die erste Ausstellung trug den ironischen Titel "Wo Außenseiterinnen wohnen". Danach sollten an die 900 weitere folgen. Gerichtet waren sie immer an die gesamte Öffentlichkeit, also auch an die Männer, wie Pitzen sagt:
"Wir wollten ja auch mit männlichen Wesen debattieren, denn es ging auch um das Bild der Frauen in der Gesellschaft und in den Medien. Da dieses Bild bis dahin nun mal von den männlichen Wesen, Fotografen und so weiter, geprägt war, war es nötig, mit ihnen auch mal wirklich darüber zu reden und andere Bilder zu zeigen. Und für uns selber: Wir wussten ja, wie wir sind. Es war aber nötig, das öffentlich zu machen."

Aktionen und Demonstrationen im Stadtgebiet

Doch ihr Wirkkreis blieb nicht auf das Museum beschränkt: "Wir waren dann auch ziemlich bekannt, geradezu berühmt für die Ausfälle aus dem Frauenmuseum rein in die Gesellschaft. Das war schon ziemlich interessant, wie man dann wieder reagierte."
Gemeint sind unzählige Aktionen und Demonstrationen im Bonner Stadtgebiet, die auch ziemlich viel Wirkung gehabt hätten, so Pitzen. Es ging darum, "Aufmerksamkeit für die Themen der Frauen zu wecken", also für obdachlose oder alleinerziehende Mütter beispielsweise oder auch die Frage, warum Frauen weniger verdienen.

"Alles baut aufeinander auf"

Das Museum entstand zur selben Zeit wie die Ökologiebewegung – auch ein Thema für das Frauenmuseum: "Da sind wir dann zum Bundestag und haben dort eine Aktion mit Rheinwasser gemacht. Und diese Irritation war interessant, weil die Bewachungsdienste nicht wussten, wie sie mit uns umgehen sollten. Das war einfach so eine schöne Grenzwanderung zwischen Kunst, Politik und Aktionen."
Dass solch ein Frauenmuseum überflüssig werden könnte, wenn es denn irgendwann einmal eine tatsächliche Gleichberechtigung von Mann und Frau gibt, glaubt Pitzen nicht, ganz im Gegenteil:
Alleine der bisherige Weg der Frauenbewegung sei so interessant, auch für spätere Generationen, dass er festgehalten werden müsse – "für Zeiten, in denen man wieder für verschiedene Dinge zu kämpfen hat. Die technischen Entwicklungen werden ja auch festgehalten. Und man sagt nicht, nur weil es jetzt ein neues Auto gibt, stößt man das alte ab. Das wird erhalten und ist immer auch eine Quelle für Weiterentwicklung. Alles baut aufeinander auf."
(ckr)
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