40 Jahre deutsch-israelische Beziehungen

Von Margarete Limberg |
1947 brachte es Golda Meir nicht über sich, dem damaligen Vorsitzenden der SPD, Kurt Schumacher die Hand zu geben, obwohl dieser als Gegner des NS-Regimes jahrelang im KZ gesessen hatte. Für sie waren alle Deutschen Nazis - und dieses Gefühl teilten die meisten ihrer israelischen Landsleute.
Als Anfang der 50er Jahre mit der Bundesregierung über die Wiedergutmachung verhandelt wurde, fanden auch dies viele Israelis eine unerträgliche Demütigung, von Blutgeld war die Rede. Blickt man auf diese ersten überaus schwierigen Kontakte zwischen Israel und der Bundesrepublik zurück, so wird deutlich, wie viel inzwischen erreicht wurde, mehr als man auch vor 40 Jahren bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu hoffen wagte. Damals wurde der deutsche Botschafter in Jerusalem mit Steinen empfangen - allerdings einige Jahre später mit Rosen verabschiedet. Je intensiver sich die Deutschen mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzten, umso größer wurde das Vertrauen in das neue, demokratische Deutschland.

Heute ist die Bundesrepublik nach den USA der wichtigste und verlässlichste Partner Israels, politisch, wirtschaftlich, kulturell. Die Sicherung seines Existenzrechts ist bedingungslos und absolut eine der unerschütterlichen Grundlagen deutscher Außenpolitik.

Aber die Beziehungen sind komplex und kompliziert, schizophren, wie der israelische Historiker Moshe Zimmermann sagt. Deutschland wird nach wie vor mit der Shoa assoziiert. Dass ein deutscher Bundespräsident so wie vor einigen Jahren Johannes Rau und in diesem Jahr Horst Köhler in der Knesset deutsch redet, finden einige unerträglich, spielt Barenboim in Israel Wagner ist die Aufregung enorm. Jedes Zeichen von Antisemitismus alarmiert. Gleichzeitig gehört Berlin zu den beliebtesten Reisezielen israelischer Touristen, man schätzt Produkte und Fußball aus Deutschland. In der deutschen Öffentlichkeit hat sich das Bild Israels grundlegend gewandelt, es ist ebenfalls widersprüchlich. Da ist auf der einen Seite das fortdauernde Bekenntnis zu bleibender deutscher Verantwortung, die in dem millionenfachen Mord an den Juden gründet. Auf der anderen Seite hat Israel in den letzten Jahren dramatisch an Sympathie verloren. In Umfragen wird es von einer Mehrheit der Deutschen als eine der Hauptgefahren für den Frieden bezeichnet, von vielen als brutale Besatzungsmacht verurteilt. Das Verständnis für die existenzielle Bedrohung des Staates schwindet, man macht sich nicht mehr allzu viel Mühe, die Ängste angesichts einer feindseligen Umgebung nachzuvollziehen.

Es gibt also keinen Grund, sich auf den Lorbeeren einer großen Erfolgsgeschichte, die die deutsch- israelischen Beziehungen allen Schwierigkeiten zum Trotz sind, auszuruhen. Die Unkenntnis über Israel als moderner Staat ist hierzulande groß. Das Interesse und die emotionale Anteilnahme am Schicksal dieses Landes, die über Jahrzehnte das Verhältnis prägten, lässt in den nachwachsenden Generationen nach, und muss immer wieder neu begründet und neu entfacht werden, um nicht Gleichgültigkeit Platz zu machen.

Der Zusammenhang mit dem Holocaust wird in immer weitere Ferne rücken und muss dennoch bewusst bleiben, weil man der verbrecherischen Vergangenheit nicht entfliehen kann. Normalisierung kann also nicht heißen, einen Schlussstrich zu ziehen. Das Besondere bleibt das Normale in den deutsch- israelischen Beziehungen. Aber diese Kompliziertheit hat nicht verhindert, dass sie immer enger und vielfältiger geworden sind. Damit dies auch künftig so ist, muss man allerdings etwas tun und zwar vor allem auf gesellschaftlicher Ebene, auf der die beiden Länder sonst immer weiter auseinanderdriften.