342. Galeriekonzert

15.02.2010
In einer ganz ungewöhnlichen Besetzung haben sich sechs junge Musiker, allesamt mehrfache Preisträger internationaler Wettbewerbe, 1996 zu einer besonderen Formation zusammengefunden.
Als Internationales Kontrabass-Ensemble "Bassiona Amorosa" begeistern sie seither ihr Publikum in Europa und Amerika – in Konzerten ebenso wie auf CDs, im Rundfunk wie im Fernsehen – mit ungewöhnlich abwechslungsreichen und originellen Programmen, welche weite Bögen von früher Renaissance- und Barockmusik über Klassikeradaptionen bis hin zu pointierten Arrangements der modernen Unterhaltungsmusik spannen. Das Ensemble trägt seinen Namen in Anlehnung an die virtuos-charmante Komposition von Giovanni Bottesini "Passione Amorosa" (zu deutsch "Liebesleidenschaft").
Ein sicheres Gespür für die "besondere Note" ihrer Programme bringen die Ausnahmekünstler aus ihren Heimatländern Russland, Tschechien, Georgien, Serbien, Armenien und Südkorea mit. Die Formation setzt sich ausnahmslos aus ehemaligen Studenten der Meisterklasse von Prof. Klaus Trumpf an der Münchener Musikhochschule zusammen. Im September 2003 wurde dem Ensemble in Luzern der "Europäische Quartettpreis" von der Europäischen Kulturstiftung "Pro Europa" verliehen. Außerdem ist es Träger der Bach-Plakette 2004. Im Oktober 2010 wird "Bassiona Amorosa" erstmalig in der Carnegie Hall, New York, gastieren.
Innerhalb der Reihe der Galeriekonzerte von Deutschlandradio Kultur und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sorgt das Ensemble für ein heiteres und virtuoses Intermezzo.


Christian Seybold
(Mainz 1690 – 1768 Wien)
Selbstbildnis des Künstlers. Um 1735
Öl auf Leinwand, 74 x 61 cm
Galerienummer: 2091

"In Anbetracht des musikalischen Programmes unseres 342. Galeriekonzertes, das stark von den Aspekten der Virtuosität und von musikalischen Bearbeitungen bestimmt ist, könnte man vielleicht zunächst daran denken, das kleine und berühmte Dresdner Bildnis Paganinis von Kersting zu besprechen. Doch der Blick soll noch ein Jahrhundert weiter zurückgehen und sich auf Christian Seybolds Selbstporträt richten, das um 1735 entstand und das in seiner Haltung das Gegenüber direkt und sogar ein wenig provokativ anspricht.
Der aus Mainz stammende und zumeist in Wien tätige Maler wurde von seinen Zeitgenossen dafür geschätzt, dass seine Werke eine außerordentliche Detailpräzision aufweisen. Sammler zahlten hohe Preise für diese Schöpfungen, die sich zuweilen geradezu fotorealistisch ausnehmen. Allein ein halbes Dutzend seiner Bilder – darunter das Bildnis eines Knaben mit Flöte in der rechten Hand – gelangten in die Dresdner Galerie, und nicht zufällig wurde Seybold mit dem Ehrentitel eines Sächsischen Hofmalers versehen, obgleich er gar nicht hier wirkte. Alle diese Werke stehen in der Tradition des damals weithin gefeierten Malers Balthasar Denner, der für die geradezu exzessive Präzision bekannt war, mit der er Typenbildnisse malte, und dies waren namentlich Darstellungen alter Menschen mit zahllosen Gesichtsfalten. Dieser Virtuosität eines radikalen Verismus schloss sich Seybold an. Auch in seinem Dresdener Selbstbildnis legt er sie an den Tag. Gerade die Gesichtszüge dieses auf den ersten Blick großzügig und repräsentativ angelegten Bildes bezeugen jenen enormen Naturalismus: Feine Gesichtsfalten, scharfe Schatten, stechende Augen, präzise Glanzlichter ergeben ein scharfsinniges Porträt. Seybolds Auffassungen aber lagen Anregungen zugrunde von Rembrandt, Denner und Kupezky – er adaptierte Bekanntes und generierte daraus etwas Neues.
Seybold, der hier schon auf die Fünzig zugeht, beschränkt sich nicht auf die Abbildung seiner eigenen, durchaus schon gealterten Züge. Er dramatisiert die eigene Erscheinung durch das schlaglichtartig seitlich einfallende Licht, das die linke Gesichtshälfte verschattet, und durch die opulente Drapierung über der Schulter, die nur kleine Bereiche der grünen Jacke und des weißen Hemdes freigibt. Die linke Hand bringt weitere Bewegung in das Bild, sie hält – die Farben vom Betrachter abgewandt – die Palette und einige Pinsel. Die Borsten des einen sind in kräftiges Rot getaucht.
Trotz des Pathos und des hohen Anspruchs bleibt dieses Bildnis allerdings erstaunlich persönlich. Im Zeitalter der Perücke auf dieses Requisit der höfischen Gesellschaft zu verzichten und stattdessen eine Hauskappe zu tragen, bedeutete, sich der hohen Normen zu entziehen. Insofern ist dieses Bild Dokument einer voraufklärerischen Bürgerlichkeit wie auch Ausdruck einer selbstbewussten Selbstbefragung. Seybold, der mit seinen typenhaften Charakterköpfen großen Erfolg in ganz Europa hatte, schuf wohl an die dreißig Selbstbildnisse – das Dresdner Werk lässt ahnen, was ihn dazu anstiftete: Skepsis und Neugier halten sich in dem bohrenden Blick und der distanzierten Haltung die Waage." (Bernhard Maaz)


342. Galeriekonzert
Fürstengalerie des Residenzschlosses Dresden
Aufzeichnung vom 23.1.2010


Johann Sebastian Bach
Arioso aus dem Cembalokonzert f-Moll BWV 1056

Antonio Vivaldi
"Frühling" aus: "Die vier Jahreszeiten"

Johann Matthias Sperger
Duo für zwei Kontrabässe

Franz Liszt
"Liebestraum"

Giovanni Bottesini
"Carneval de Venice"

Stefan Schäfer
"Zoppo Trumpf”

Vladislav Cojucaru
"Inspirations”

Camille Saint Saëns
"Der Schwan” und "Finale" aus: "Karneval der Tiere"

Giorgi Makhoshvili
"Valse Caramel"

Antonin Gondolan
"Co Teds Tim"

Franz Liszt
Ungarische Rhapsodie Nr. 2

Arrangements von Klaus Trumpf,
Giogi Makhoshvili und Jan Jirmasek


"Bassiona Amorosa"
Internationales Kontrabass-Ensemble München:
Andrew Lee (Südkorea)
Jan Jirmasek (Tschechien)
Giorgi Makhoshvili (Georgien)
Ljubinko Lazic (Serbien)
Min Jae Soung (Südkorea)
Milana Chernyavska (München/Graz), Klavier
Leitung und Moderation: Klaus Trumpf