Erstes "Familienduell" vor 30 Jahren

"Intellektuelle haben in dieser Show versagt"

12:28 Minuten
Moderator Werner Schulze-Erdel in einem beigen Sakko mit einladend ausgebreiteten Armen in der Kulisse der RTL-Quizshow "Familienduell", deren Titel hinter ihm in goldenen Lettern auf einem großen Bildschirm steht.
"100 Leute haben wir gefragt": Moderator Werner Schulze-Erdel 1992 als Gastgeber des "Familienduells" © imago images / DFA / KPA / United Archives
Werner Schulze-Erdel im Gespräch mit Ramona Westhof · 26.01.2022
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Falsche Antworten waren die besten in dieser Show. Das meint sogar Werner Schulze-Erdel, der vor 30 Jahren das erste "Familienduell" präsentierte. Das RTL-Format wurde ein Quotenhit, aber heute müsste man es ganz anders machen, sagt der Moderator.
Ein gelb-schwarzes Insekt? – "Giraffe!" Ein Sicherheitsmerkmal von Banknoten? – "Geheimnummer!" Ein klassischer Komponist, dem wir besonders beeindruckende Konzerte verdanken? – "Goethe!" Die Antworten der Kandidatinnen und Kandidaten im "Familienduell" waren oft sehr lustig, weil ihnen vor lauter Aufregung kuriose Patzer unterliefen.

Gespür für das Mehrheitsdenken

Umso wichtiger sei es ihm gewesen, die Leute nicht vorzuführen, sagt Werner Schulze-Erdel, der die Show am 26. Januar 1992 bei RTL plus aus der Taufe hob und bis 2003 moderierte. Die falschen Antworten hätten ihm, genau wie dem Publikum, immer mehr Freude gemacht als die richtigen, aber er habe immer darauf geachtet, einen schmalen Grat einzuhalten:

Ich habe über die Antworten gelacht, nie über die Menschen.

Werner Schulze-Erdel, Showmaster

Das Konzept der Spielshow wurde ein weltweiter Erfolg: Zwei Familien treten in einem spielerischen Wettkampf gegeneinander an. Bei den Quizfragen komme es – anders als etwa bei "Wer wird Millionär?" – nicht auf besondere Kenntnisse an, sondern darauf, das "Mehrheitsdenken" gut einschätzen zu können.
Zu jeder Frage wurden vor der Show Antworten von 100 Personen in einer Umfrage eingeholt, ganz klassisch auf der Straße oder im Supermarkt, sagt Schulze-Erdel, das Internet steckte noch in den Anfängen. Die Antwort, die jeweils am häufigsten gegeben wurde, galt es zu erraten.

Familien aus allen Gesellschaftsschichten

Intellektuelle Kandidatinnen und Kandidaten hätten in der Show deshalb "meist versagt", erinnert sich der Moderator: "Die gaben einfach zu komplizierte Antworten." Teilgenommen hätten seinerzeit Familien aus allen Gesellschaftsschichten, sagt Schulze-Erdel, auch wenn Shows dieser Art heute als "Prekariatsfernsehen" bezeichnet würden.
Ihm sei es immer auf den spontanen Kontakt zu den Menschen angekommen: ihnen zuzuhören, sie "auch mal an die Hand zu nehmen". Ein Kritiker warf ihm deshalb einmal vor, er habe sich übergriffig verhalten, sei ein "Tatscher" gewesen wie schon der Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff, erzählt Schulze-Erdel.
Die an der Show beteiligten Menschen hätten ihm dagegen bestätigt, sich nicht betatscht, sondern beruhigt gefühlt zu haben.

Ohne Empathie geht es nicht

Gerade an Empathie habe es den Versuchen, die Show nach 2003 wiederzubeleben, besonders gefehlt, sagt Schulze-Erdel. In den USA laufe das Original "Family Feud" bis heute mit Erfolg, in bis zu 28 Ländern sei das Format zeitweise parallel produziert worden.
Heute müsste die Show aber ohnehin anders aufgezogen werden als in den 1990er-Jahren, meint Schulze-Erdel: "Die Menschen sind diverser, wunderbarer, bunter geworden."
Das gelte auch für Familien, Paare, Freundeskreise, und eine Neuauflage des "Familienduells" als Show im deutschen Fernsehen müsste dem Rechnung tragen.
(fka)

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