30 Jahre Die Grünen
In den Gründerjahren der Grünen war es noch relativ einfach, das Establishment zu schockieren - öffentlich gestillte Babys und, etwas später, Norwegerpullis im Bundestag genügten. In der permissiven Gesellschaft von heute ist es weit schwieriger, mit Äußerlichkeiten zu provozieren.
Aber die Äußerlichkeiten, mit denen die Grünen den damaligen Rahmen von Konventionen sprengten, waren ja nur Ausdruck inhaltlicher Forderungen nach radikalem Umbau der Gesellschaft. Insofern schienen die Anhänger und Vertreter der seinerzeit etablierten Parteien durchaus Grund zu haben, die Neuen, die da plötzlich mitreden wollten, zu fürchten, zu verachten oder ganz einfach nicht ernst zu nehmen.
Fast alles wurde auf den Prüfstand gestellt, als die neue Partei sich gründete: das kapitalistische System, das Wettrüsten der Weltmächte, die Diskriminierung von Frauen, die ungerechte Verteilung der Reichtümer dieser Welt. Aber die Grünen beschäftigten sich daneben auch, besonders leidenschaftlich und ausdauernd, mit sich selbst. Selbst die Frage, ob man sich überhaupt an Wahlen beteiligen sollte, war umstritten.
Ein Zufall war das nicht. Die Grünen kamen aus den westdeutschen sozialen Bewegungen: der Frauenbewegung, der Friedensbewegung, der Anti-Atom-Bewegung, und sie sind übrigens bis heute eine überwiegend westdeutsche Partei geblieben, trotz der Vereinigung mit dem ostdeutschen Bündnis 90. Die Ziele und auch die Symbole dieser sozialen Bewegungen entsprachen einem weit verbreiteten Lebensgefühl der damals jungen Generation.
Eine Friedenstaube auf dem Auto oder ein Anti-AKW-Sticker im Fenster drückte ein umfassendes Zugehörigkeitsgefühl zum Zeitgeist aus, zum Wunsch nach Reformen und Erneuerung. Der auch als verächtlicher Protest gegen die Älteren gemeint war, die sich nach Ansicht vieler Jüngerer zu bequem und selbstzufrieden in den bestehenden Verhältnissen eingerichtet hatten.
Die damals Jüngeren sind heute die Älteren, und es ist nicht erstaunlich, dass die Grünen ihren Charakter als Protestpartei verloren haben. Als absehbar war - und das hat nicht lange gedauert - dass die Grünen nicht nur mitreden, sondern auch mitregieren wollten, war das mit einer oppositionellen Grundhaltung nicht vereinbar. Der jahrelange Streit zwischen den so genannten Fundis, die den radikalen Kurs der Gründerzeit bewahren wollten, und den Realos, die für eine Beteiligung an der Macht bereit waren, weit reichende Kompromisse einzugehen, endete mit einem Sieg der Realos auf ganzer Linie.
Dass die Grünen sich verändert haben, ist also unbestreitbar - aber auch sie haben die Gesellschaft verändert. Vieles von dem, was sie im Normengerüst seinerzeit durchbrochen haben, ist längst Alltag. Um bei der - nur scheinbar unwichtigen - Kleiderordnung zu bleiben, in der sich ja auch stets eine grundsätzliche Haltung ausdrückt: Selbst CSU-Abgeordnete haben heute kein Problem mehr damit, Jeans in der Öffentlichkeit zu tragen. Manches spricht dafür, dass sich ähnliche Entwicklungen auch ohne die Grünen vollzogen hätten - Gesellschaften haben immer einen Weg gefunden, Konventionen zu verändern. Aber
immerhin: die Grünen dürften in dieser Hinsicht als Sammelbecken manches beschleunigt haben, was andernfalls länger gedauert hätte.
Die einigende Klammer der Partei war seit den Gründertagen der Umweltschutz. Die Gründung der Grünen hat dazu geführt, dass auch andere Parteien ziemlich bald bereit waren, dieses Thema ernst zu nehmen. Zuvor hatten sie es als Luxusproblem betrachtet. Inzwischen jedoch - und das ist sowohl die Ironie als auch die Tragik der grünen Partei - haben Umweltprobleme wie der Klimawandel oder die Schwierigkeiten, die aus der Endlichkeit der globalen Ölvorräte erwachsen, eine solche Bedeutung gewonnen, dass sich andere Parteien auch ohne die Grünen mit diesem Problem befassen müssten. Schließlich wird auch in den USA, wo eine Partei wie die Grünen nie substanziellen Einfluss gewonnen hat, inzwischen viel Geld in die Entwicklung erneuerbarer Energien gesteckt.
Die Grünen haben mit ihrer Warnung vor ökologischen Katastrophen Recht behalten. Der Gefahr, eine Ein-Generationen-Partei zu werden, sind sie durch Anpassungsfähigkeit entgangen. Die Gefahr, als Ein-Themen-Partei überflüssig zu werden besteht weiter - und sie wird immer größer, je wichtiger auch Andere das Thema der Grünen nehmen.
Fast alles wurde auf den Prüfstand gestellt, als die neue Partei sich gründete: das kapitalistische System, das Wettrüsten der Weltmächte, die Diskriminierung von Frauen, die ungerechte Verteilung der Reichtümer dieser Welt. Aber die Grünen beschäftigten sich daneben auch, besonders leidenschaftlich und ausdauernd, mit sich selbst. Selbst die Frage, ob man sich überhaupt an Wahlen beteiligen sollte, war umstritten.
Ein Zufall war das nicht. Die Grünen kamen aus den westdeutschen sozialen Bewegungen: der Frauenbewegung, der Friedensbewegung, der Anti-Atom-Bewegung, und sie sind übrigens bis heute eine überwiegend westdeutsche Partei geblieben, trotz der Vereinigung mit dem ostdeutschen Bündnis 90. Die Ziele und auch die Symbole dieser sozialen Bewegungen entsprachen einem weit verbreiteten Lebensgefühl der damals jungen Generation.
Eine Friedenstaube auf dem Auto oder ein Anti-AKW-Sticker im Fenster drückte ein umfassendes Zugehörigkeitsgefühl zum Zeitgeist aus, zum Wunsch nach Reformen und Erneuerung. Der auch als verächtlicher Protest gegen die Älteren gemeint war, die sich nach Ansicht vieler Jüngerer zu bequem und selbstzufrieden in den bestehenden Verhältnissen eingerichtet hatten.
Die damals Jüngeren sind heute die Älteren, und es ist nicht erstaunlich, dass die Grünen ihren Charakter als Protestpartei verloren haben. Als absehbar war - und das hat nicht lange gedauert - dass die Grünen nicht nur mitreden, sondern auch mitregieren wollten, war das mit einer oppositionellen Grundhaltung nicht vereinbar. Der jahrelange Streit zwischen den so genannten Fundis, die den radikalen Kurs der Gründerzeit bewahren wollten, und den Realos, die für eine Beteiligung an der Macht bereit waren, weit reichende Kompromisse einzugehen, endete mit einem Sieg der Realos auf ganzer Linie.
Dass die Grünen sich verändert haben, ist also unbestreitbar - aber auch sie haben die Gesellschaft verändert. Vieles von dem, was sie im Normengerüst seinerzeit durchbrochen haben, ist längst Alltag. Um bei der - nur scheinbar unwichtigen - Kleiderordnung zu bleiben, in der sich ja auch stets eine grundsätzliche Haltung ausdrückt: Selbst CSU-Abgeordnete haben heute kein Problem mehr damit, Jeans in der Öffentlichkeit zu tragen. Manches spricht dafür, dass sich ähnliche Entwicklungen auch ohne die Grünen vollzogen hätten - Gesellschaften haben immer einen Weg gefunden, Konventionen zu verändern. Aber
immerhin: die Grünen dürften in dieser Hinsicht als Sammelbecken manches beschleunigt haben, was andernfalls länger gedauert hätte.
Die einigende Klammer der Partei war seit den Gründertagen der Umweltschutz. Die Gründung der Grünen hat dazu geführt, dass auch andere Parteien ziemlich bald bereit waren, dieses Thema ernst zu nehmen. Zuvor hatten sie es als Luxusproblem betrachtet. Inzwischen jedoch - und das ist sowohl die Ironie als auch die Tragik der grünen Partei - haben Umweltprobleme wie der Klimawandel oder die Schwierigkeiten, die aus der Endlichkeit der globalen Ölvorräte erwachsen, eine solche Bedeutung gewonnen, dass sich andere Parteien auch ohne die Grünen mit diesem Problem befassen müssten. Schließlich wird auch in den USA, wo eine Partei wie die Grünen nie substanziellen Einfluss gewonnen hat, inzwischen viel Geld in die Entwicklung erneuerbarer Energien gesteckt.
Die Grünen haben mit ihrer Warnung vor ökologischen Katastrophen Recht behalten. Der Gefahr, eine Ein-Generationen-Partei zu werden, sind sie durch Anpassungsfähigkeit entgangen. Die Gefahr, als Ein-Themen-Partei überflüssig zu werden besteht weiter - und sie wird immer größer, je wichtiger auch Andere das Thema der Grünen nehmen.