20 neue Kardinäle

Wie der Papst die Kirchenleitung umkrempeln will

Papst Franziskus ist anlässlich seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz in der Vatikanstadt am 26. November 2014.
Papst Franziskus bei einer Generalaudienz auf dem Petersplatz © imago/Independent Photo Agency
Von Tilmann Kleinjung · 14.02.2015
Papst Franziskus hat eine Kirchenreform angeregt: Er wolle Hirten und keine Bürokraten, lautet seine Forderung. Wie kann die Kurie besser und neu organisiert werden? Darüber beraten derzeit in Rom Kardinäle aus aller Welt.
Die eigentliche Reform ist eine Personalreform. Mit den neu ernannten Kardinälen sind bei einer möglichen Papstwahl die Europäer erstmals in der Minderheit. Papst Franziskus will die Kirche an die Peripherie bringen. Mit diesem Konsistorium holt er die Peripherie ins Zentrum der katholischen Macht. Neu im Kardinalskollegium sind unter anderen Soane Patita Paini Mafi, Bischof von Tonga, und John Atcherley Dew aus Neuseeland. Er sagt:

"Die pazifischen Inseln können aus sehr praktischer Erfahrung heraus ihr Wissen zur Erderwärmung beitragen. Einige Inseln haben da echt zu kämpfen. Die Menschen müssen ihre Heimat verlassen und kommen nach Neuseeland oder Australien. Solche Perspektiven können wir einbringen. Das passiert in unserem Teil der Welt."
Gegen Karrierismus, Eitelkeit und Prunksucht
Unter den neu ernannten Kardinälen ist mit Karl-Josef Rauber auch ein Deutscher. Er war jahrzehntelang im diplomatischen Dienst des Vatikan, Nuntius in Uganda, der Schweiz und Belgien. Außerdem war er an der päpstlichen Diplomatenakademie für die Ausbildung des Nachwuchses zuständig:
"Ich habe darauf Wert gelegt, dass nur solche in die Akademie aufgenommen werden, die auch schon seelsorgliche Erfahrung hatten. Das war mir ein wichtiges Anliegen, denn ich habe in Uganda selbst erlebt, dass man auch selbst Seelsorger sein muss. Man darf da also nicht Bürokrat sein, sonst hat man seine Aufgabe verfehlt."
Auch Franziskus will Hirten, keine Bürokraten. Seine überraschend scharfe Weihnachtsansprache an die Kurie war eine Abrechnung mit dem alten Geist, der offenbar immer noch in den Büros des Vatikan herrscht: Karrierismus, Eitelkeit, Prunksucht.
Bessere Koordination der Kurie
Daneben gibt es strukturelle Defizite, die vor allem in den Tagen vor der Papstwahl offen zur Sprache kamen. Kardinal Vincent Nichols, der Erzbischof von Westminster, sagt: Die Kurie müsse einfacher, verständlicher und besser koordiniert werden:
"Von außen betrachtet ist es ziemlich kompliziert zu erkennen, wer zuständig ist. Manchmal gibt es Überlappungen. Anfragen werden hin- und hergeschoben. Manchmal weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut."
... erklärt Nichols. Noch gibt es keine konkreten Pläne, wie die Kirchenleitung neu organisiert werden soll. Das Staatssekretariat soll wohl Kompetenzen abgeben und mehr als Sekretariat des Papstes fungieren. Kleine Einrichtungen werden zusammengelegt. Neben den großen Kongregationen für Bischöfe, Priester und Ordensleute soll ein eigenes Ministerium für Familie und Laien entstehen. Eher unwahrscheinlich ist, dass es dann auch von einem sogenannten Laien, also Nichtbischof, geleitet wird. Kardinal Nichols will das nicht kategorisch ausschließen:

"Mein Eindruck ist, dass es breite Unterstützung gibt für talentierte Personen, die den richtigen Geist und die entsprechenden Voraussetzungen mitbringen, um in bestimmten Positionen am Heiligen Stuhl zu arbeiten."

"Die Reform ist kein Selbstzweck"
Kardinäle und Bischöfe bei der Messe zur Amtseinführung von Papst Franziskus in Rom am 19.3.2013
Kardinäle und Bischöfe bei der Messe zur Amtseinführung von Papst Franziskus in Rom am 19.3.2013© dpa / picture alliance / Riccardo Antimiani / Eidon
Das größte Anliegen der Kardinäle, die aus aller Welt nach Rom gereist sind, ist eine stärkere Dezentralisierung der katholischen Kirche und mehr Kompetenzen für die Ortskirchen und Bischofskonferenzen. Wie weit eine solche Autonomie gehen kann, darüber wird natürlich heftig gestritten.
Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, soll sich dagegen ausgesprochen haben, bestimmte Fragen der Glaubenslehre und -praxis den Bischofskonferenzen zu überlassen. Papst Franziskus hatte sich zu Beginn des Konsistoriums ausdrücklich eine solch offene Diskussion gewünscht:

"Die Reform ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um das christliche Zeugnis zu stärken, um die Evangelisierung und einen fruchtbaren ökumenischen Geist zu fördern und einen konstruktiven Dialog mit allen zu ermöglichen."
Für die Reform des kurialen Verwaltungsapparates braucht man einen langen Atem. Mit der Einsetzung einer neuen Verfassung durch den Papst sei nicht vor 2016 zu rechnen, heißt es in Rom.
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