20 Jahre "Jackass"

"Jeder ausgeschlagene Zahn blieb draußen"

06:11 Minuten
Stuntman fahren in einem vollbesetzten Einkaufswagen, während im Hintergrund etwas explodiert.
Wenn das mal gutgeht: Mit solchen Waghalsigkeiten wurde "Jackass" zum (umstrittenen) Fernsehkult. © imago/Cinema Publishers Collection
Arno Frank im Gespräch mit Gesa Ufer · 01.10.2020
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Mit ihrem anarchischen Brachialhumor schrieb die Stuntshow "Jackass" Fernsehgeschichte. Die toxische Männlichkeit nahm sich damals buchstäblich selbst aufs Korn, sagt der Kulturjournalist Arno Frank. Vor 20 Jahren lief die erste Episode.
Derbe Stunts, beknackte Typen, jede Menge ausgeschlagener Zähne - und immer eine Spur Fäkalhumor: Dafür stand die Serie "Jackass" rund um den Stuntman Johnny Knoxville und seine eingeschworenen Kompagnons, die weder auf die Mägen der Zuschauer noch auf den guten Geschmack, am allerwenigsten aber auf sich selbst Rücksicht nahmen.
Vor 20 Jahren ging die aus kurzen, unbeschlagenen Einspielern bestehende Serie beim Musiksender MTV an den Start. "Jackass" sorgte mit seinem ausgelassenen Ekel-Humor im Nu für Skandale und Furore. Medienbeobachter mahnten an, dass die waghalsigen, nicht immer glimpflich verlaufenden Kapriolen Nachahmer zu lebensgefährlichen Nachstellungen inspirieren könnten.
Sitten- und Moralwächter sahen das Ende des Abendlandes ein Stück näher gekommen. In unzähligen WGs im Kiffer- und Skatermilieu, dem die jungen "Jackass"-Stuntleute selbst entsprangen, feierte man die oft spät in der Nacht ausgestrahlte Serie hingegen als subversiven Spaß.
Die Sprungbretter, die in "Jackass" oft genug in die Ambulanz führten, erwiesen sich für Johnny Knoxville tatsächlich auch als Karriere-Sprungbrett: Filme in Hollywood, Auftritte in weiteren Serien folgten - heute ist dieser Ruhm allerdings schon wieder deutlich verblasst.

"Irrsinnig und abstoßend"

Das TV-Genre "Menschen tun sich freiwillig weh" wurde maßgeblich von "Jackass" begründet, sagt Kulturjournalist Arno Frank. Das "Jackass"-Universum weitete sich rasch aus, es folgten "Jackass"-Kinofilme, Spin-Off-Serien und Konkurrenz-Formate anderer Sender, "die alle darauf beruhen, dass jemand sich schrecklich wehtut oder was extrem Dummes tut."
Als "Jackass" damals in der Medienlandschaft buchstäblich aufschlug, war das etwas "authentisches - und zwar auf irrsinnige und abstoßende Weise", erinnert sich Frank. "Alles war echt. Alles, was die getan haben. Jeder ausgeschlagene Zahn blieb auch draußen. Das war jetzt nicht Hollywood."
Es ist auch durchaus aufschlussreich, sich die Serie nochmal mit dem an den heutigen Medienrealitäten und -sensibilitäten geschulten Blick anzusehen, meint Frank. Ist "Jackass" als klassisches Jungsding nicht eigentlich ein Bollwerk toxischer Männlichkeit? Frank wagt eine vorsichtige Gegenthese: "Man könnte mit einem feministischen Blick sagen, dass sich hier die toxische Männlichkeit fortwährend selbst verletzt hat und dass niemand sonst zu Schaden gekommen ist."

"Der Witz war auch einfach erzählt"

Das ist auch fast wörtlich zu verstehen: Der Ruhm hat der "Jackass"-Family nicht wirklich gut getan, erzählt Frank.
Die Skater-Truppe rund um Knoxville "war echt und die blieben echt. Die sind mit dem vielen Geld, das hineinfloss, nicht so zurecht gekommen. Bam Margera hat eine entsetzliche Drogenkarriere. Andere haben sich betrunken und mit dem Porsche totgefahren. Und auch Johnny Knoville ist eigentlich beim Versuch, seinen anarchischen Brachialhumor ins Kino zu tragen, gescheitert, muss man sagen. Heute hört man von den Leuten nicht mehr viel. Ich glaube, der Witz war auch einfach erzählt."
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