1860 München in der Vierten Liga

Löwenfans sind treu wie eh und je

Maskottchen und Fans mit Fahnen sowie die Anzeigetafel mit Endergebnis 3:1 im Stadion an der Grünwalder Straße in München beim Spiel von TSV 1860 München gegen Wacker Biughausen.
"Löwenfans" samt Maskottchen im Grünwalder Stadion © imago - Sven Simon
Von Lukas Schöne  · 19.11.2017
Für die "Löwenfans" gibt es nur einen einzig wahren Münchner Fußballclub: den TSV 1860 München. Der Deutsche Meister von 1966 ist allerdings mittlerweile in die Vierte Liga abgestürzt - der Leidenschaft der meisten Fans tut das jedoch keinen Abbruch.
Samstagmorgen am Bahnhof von Burghausen direkt an der Grenze zu Österreich. Die ersten Fans des TSV 1860 München treffen ein. Auch die Polizei ist schon da, ausgerüstet mit Schlagstöcken und Schutzhelmen. In ein paar Stunden spielt 1860 München bei Wacker Burghausen in der Regionalliga Bayern.
Für die Fans der Münchner Löwen geht es nach dem Zwangsabstieg aus der Zweiten in die Vierte Liga in dieser Saison nach Eichstätt, Illertissen oder Burghausen statt nach Frankfurt, Düsseldorf oder Berlin. Die Meisten hier scheint das aber nicht wirklich zu stören.

Lizenzgebühren nicht rechtzeitig bezahlt

"Für uns ist es jetzt eigentlich großartig. Scheiß auf die Liga. Wir unterstützen unseren Verein und wir tuns mit einer Leidenschaft, die wir glaube ich seit Jahren, also viele von uns, nicht mehr hatten.
Jetzt ist man eigentlich wieder da angelangt, wo man vielleicht die Chance hat, wieder nach oben zu kommen. Und deshalb sehe ich das als große Chance, in der Regionalliga wieder Fuß zu fassen und wieder mal etwas höher zu kommen."
Die Fans haben wieder Spaß am Fußball, nachdem der Verein mehrmals vor der Insolvenz stand. Als Investor Hasan Ismaik 2011 den Verein übernahm, träumten viele von besseren Zeiten. Doch es kam anders. Die Chaosjahre gipfelten im Juni dieses Jahres im Zwangsabstieg in die Regionalliga. Ismaik hatte die Lizenz für die Dritte Liga nicht rechtzeitig bezahlt. Sorgen um die Zukunft des Vereins gibt es aber nicht mehr, sagt dieser Fan.
"Wenn ich das sehe, was sich im Moment im Deutschen Fußball so entwickelt, gerade mit dem vielen Geld, die erste Bundesliga. Das, was wir haben, das sind wir, das sind die Fans und das ist der Fußball. Ob das jetzt wirklich 3., 4., 5., oder 6. Liga ist, ist völlig egal. Und das meine ich wirklich aufrichtig so. Ich meine, wir sind ein Club mit steigenden Mitgliedszahlen und zwangsabgestiegen in die vierte Liga. Das sagt doch eigentlich alles, oder?"

Der Zusammenhalt steigt

In der Tat: 2.700 neue Mitglieder verzeichnet der Verein seit dem letzten Jahr. Wer sich unter den Anhängern umhört, merkt schnell, dass die Situation den Zusammenhalt fördert. Öffentlich äußern aber wollen sich nur wenige. Viele sagen, sie würden in den Medien zu Unrecht als Krawallmacher dargestellt. Vereint sind die Anhänger auch in ihrer Abneigung gegen ihren jordanischen Investor, sagt Löwenfan Martin Zeltner.
"Sechzig ist der geilste Club der Welt - aber es gehört immer der Zusatz dazu: ohne Hasan. Das ist nach wie vor so und er wäre sehr mutig, wenn er sich jetzt bei einem Heimspiel zeigen würde."
Da sind sich die meisten Sechziger wohl einig. Zeltner weiß aber auch, dass es Fans gibt, die den Abstieg nicht so locker sehen wie er selbst.
"Gleichzeitig gibt es aber natürlich auch die Fans, die der Allianz Arena hinterher trauern, die der großen Zeit hinterher trauern. Für die ist das bitter. Das sind meistens Fans, die eher aus dem Umland kommen. Und die sind jetzt nicht mehr so wichtig. Weil alleine mit den Münchnern ist das Stadion ausverkauft, und das schmerzt die natürlich auch."
Zumindest in Burghausen aber unterstützen alle ihren Verein. Im Stadion sind die Löwenfans am lautesten. Das Spiel ist mit 9.000 Zuschauern ausverkauft, über 4.000 zählen zum Lager der Münchner. Für einen Klub wie Wacker Burghausen ist der Besuch der Sechziger nicht nur eine sportliche Herausforderung erklärt Andreas Huber, Burghausens Geschäftsführer.

Gesang noch lange nach dem Abpfiff

"Bei normalen Spielen läuft das eigentlich fast nebenbei von der Vorbereitung her. Da steht das Stadion so wie es ist zur Verfügung. Wir haben an die tausend Zuschauer bei normalen Spielen, jetzt sind es natürlich mit dieser großen Menge und vor allem auch mit der Fantrennung eine große Herausforderung. Wir haben viele Bauzäune ziehen müssen im Stadion, um die Fantrennung sowohl auf der Haupttribüne als auch auf den Stehplätzen zu gewährleisten. Hatten natürlich die ein oder andere Auflage seitens des Verbands, seitens der Polizei."
Aber trotz des höheren Aufwands verspricht sich Huber auch einen positiven Effekt für seinen Verein und die Regionalliga Bayern insgesamt. Mehr Einnahmen, höhere Aufmerksamkeit. Zwar kennt er auch den eher schlechten Ruf der Sechziger-Anhänger, aber:
"Also ich denke aus der Erfahrung dieser Saison, sind die Sechziger sehr friedvoll gewesen bei anderen Spielen, ich war auch bei Ort bei anderen Spielen, und da gab’s eigentlich nie Probleme."
Auch in Burghausen nicht. Obwohl die Löwen das Spiel mit 0:2 verlieren, bleiben sie ruhig. Und noch lange nach Abpfiff singen sie. Sie singen ein Lied, das zeigt: Sie träumen doch noch von Höherem. Von der deutschen Meisterschaft, zu Hause, in ihrem Grünwalder Stadion. Wie damals, 1966.
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