16 Jahre Merkel

Ihre Bilanz!

78:47 Minuten
Angela Merkel trägt Maske und ist in einer Seitenansicht zu sehen. Vom unteren Rand treten irrisierende Lichteffeke ins Bild, die das Geschehen veruneindeutigen.
Abgang der Kanzlerin: Wie lautet Ihre Einschätzung von Merkels Kanzlerschaft? In unserer Live-Sendung zum Thema sind auch Sie gefragt. © picture alliance/dpa/Christoph Soeder
Moderation: Vladimir Balzer |
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Mit dieser Bundestagswahl endet die Ära Angela Merkel. 16 Jahre Kanzlerin – das haben viele damals "Kohls Mädchen" nicht zugetraut. Heute gilt sie als wichtigste Politikerin der Welt. Was bleibt?
Noch sechs Wochen, dann wählen wir einen neuen Bundestag. Wer das Rennen machen wird, welche Koalition sich anschließend entsteht, ist völlig unklar.
Nur eins steht fest: Angela Merkel steht nicht mehr zur Wahl. "Gut, dass sie weg ist", sagen die einen, "Wir werden sie noch vermissen", die anderen. Zeit für eine Bilanz.

Der Merkel-Stil

"Ich gehöre eher zu der Fraktion `Wie werden sie noch vermissen`, wenn auch nur in Teilen", sagt Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin an der Universität Bonn.
Mit diesem Gefühl sei sie nicht alleine: "Ich bin mir nicht sicher, ob sie die Politikinhalte vermissen werden oder ihren Stil, diese Unaufgeregtheit. Sie musste viele Krisen managen, viele Unerwartetes. Dabei war sie sehr routiniert, sehr sachorientiert." Ganz Naturwissenschaftlerin.
Das habe sich in der Finanzkrise ebenso gezeigt, wie in ihrer Flüchtlingspolitik oder aktuell in der Coronazeit. "Sie gilt als authentisch; man vertraut ihr – und da muss erst einmal jemand herankommen. Das sind Werte, die auf dem Markt hoch gehandelt werden."

Die "Generation Merkel"

Angela Merkel habe eine ganze Generation geprägt, so Julia Reuschenbach.
"Ich arbeite mit Studierenden, die sind 17, 18 Jahre alt. Für sie gab es bisher niemand anderen als Angela Merkel. Sie hat eine Generation junger Menschen geprägt, die jetzt erwachsen werden, die auch schauen werden, welcher Politikstil jetzt angeboten wird. Für sie ist Merkel wählbar, aber die CDU total rückwärtsgewandt und nicht wählbar."

Der ungewöhnliche Aufstieg

"Die deutsche Gesellschaft hat sich tiefgreifend verändert", sagt Stephan Detjen, Leiter unseres Hauptstadtstudios. "Deutschland ist enger und vielfältiger mit der Welt verflochten. Merkel hat das nicht herbeigeführt. Sie hat in einem rasenden Wandel moderiert und Kompromisse gestaltet. Damit ist sie in ihrer Zeit zu einer weltweit stilbildenden Politikerin geworden."
Diese Entwicklung zeichnet Stephan Detjen gemeinsam mit Tom Schimmeck in einer sechsteiligen Feature-Serie nach: "Der unwahrscheinliche Weg der Angela M."
Dabei sei ihm noch einmal deutlich geworden, "wie ungewöhnlich die Geschichte ihres Aufstiegs ist, und wie besondere historische Bedingungen, unvorhersehbare Ereignisse und außergewöhnliche Eigenschaften einer Person darin zusammenwirken."

Merkels Stärken und Schwächen

"Ihre größte Stärke ist ihre Fähigkeit, komplizierte Zusammenhänge aus distanzierter Beobachtung zu verstehen und daraus Schlüsse für ihre Politik zu ziehen", so der Journalist. "Ihr größte Schwäche ist es, dass es ihr selten gelingt, Begeisterung zu wecken."
Bemerkenswert sei auch ihr Umgang mit der CDU: "Überrascht hat sie mich mit der Kälte, mir der sie in ihrer eigenen Partei den Wettstreit um ihre Nachfolge beobachtet."

16 Jahre Merkel – Ihre Bilanz! Darüber diskutiert Vladimir Balzer heute von 9:05 Uhr bis 11 Uhr mit dem Journalisten Stephan Detjen und der Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
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(sus)
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