16-Fuß in D – Orgeln in deutschen Ländern

27.05.2010
Es war, als ob ein matt gewordener Diamant wieder zu strahlen begann, als die große Orgel des Doms zu Merseburg im Jahr 2004 zum ersten Mal nach ihrer Sanierung wieder erklang. Die beteiligten Orgelbaufirmen Eule (Bautzen), Scheffler (Sieversdorf/Brandenburg) und Wegscheider (Dresden) haben es geschafft, den Original-Zustand des Jahres 1866, wie 1994 auf einem Symposion von Fachleuten empfohlen, wiederherzustellen.
Zusammen mit dem Brandenburger Wilhelm Sauer und dem Schwaben Eberhard Friedrich Walker gehört Friedrich Ladegast zu den prägenden Gestalten des deutschen Orgelbaus im 19. Jahrhundert. Er bildete sozusagen den Kontrapunkt zum Schaffen des Franzosen Cavaille-Coll. Rund 150 Instrumente haben seine Werkstatt in Weißenfels verlassen. Mit vielen Attributen hat man Friedrich Ladegast bereits bedacht, Silbermann des 19. Jahrhunderts oder der "deutsche Cavaille-Coll" sind die wohl prägnantesten.

Bis 1865 baute Friedrich Ladegast in seiner Werkstatt in Weißenfels fast ausschließlich Instrumente für evangelische Kirchen in der damals preußische Provinz Sachsen und des Königreichs Sachsen. Den künstlerischen Durchbruch gelang ihm im Jahr 1855, eben mit dem Bau der großen Orgel des Merseburger Doms.

Die Merseburger Domorgel spaltete die Gemüter, Komponisten und Dirigenten der "neudeutschen Richtung" wie Franz Liszt oder Hans von Bülow lobten das Instrument geradezu überschwänglich, bei konservativeren Zeitgenossen stieß die Disposition mit Registern wie der Aeoline 16´ auf Unverständnis. Friedrich Ladegast jedenfalls war nun weltbekannt, bis zum Lebensende schuf er u.a. Orgeln für die Dome in Schwerin, Magdeburg und Tallinn, damals Reval. Außerdem stattete er Kirchen in Moskau, den USA und Südafrika mit neuen Instrumenten aus.

Mit ihren 5687 Pfeifen gilt die Ladegast-Orgel als eine der größten, klangstärksten und vor allem auch klangschönsten Orgeln Deutschlands. Nach ihrem Bau war sie auch für kurze Zeit das zweitgrößte Instrument der Welt nach der Orgel im Ulmer Münster.

Bedeutende Orgelwerke des endenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wurden speziell für sie geschrieben und auch hier uraufgeführt: so etwa Julius Reubkes 94. Psalm oder die zweite Sonate in d-Moll des bekannten Romantikers Max Reger. Die Merseburger Orgel bietet eben Romantik im barocken Kleid, eine sicherlich nicht ganz gewöhnliche Synthese.



16-Fuß in D – Orgeln in deutschen Ländern
Dom zu Merseburg
Aufzeichnung vom 1.5.2010


Begegnungen mit Friedrich Ladegast

Kompositionen von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann

Michael Schönheit, Orgel

Moderation: Claus Fischer