16-Fuß in D – Orgeln in deutschen Ländern
‚‚Ein Aerophon aus skalenmäßig gestimmten Eintonpfeifen – durch ein Gebläse gespeist und durch Klaviaturen eingeschaltet!“ – Das ist der Versuch einer Definition von Curt Sachs im Jahr 1919 – sehr nüchtern bringt er auf den Punkt, was eigentlich alle Instrumente der Großfamilie Orgel ausmacht.
Seit dem 8. Jahrhundert sind Orgeln in Europa bekannt, seit einem Jahrtausend gilt die Orgel als das Instrument der Kirche. Orgeln sind Unikate – für einen Raum konzipiert, stehen sie in Klang und Funktion für die Zeit der Entstehung. Deutschland ist „Orgelland“, eines der wichtigsten und wesentlichen dieser Welt. Wir wollen in der Reihe „16-Fuß in D“ Orgeln aus verschiedenen Regionen vorstellen, die für den Landstrich typisch sind, die die Orgelkultur der Region widerspiegeln.
In der ersten Sendung sind die Orgeln von St. Jacobi zu Lübeck an der Reihe:
In der St. Jakobikirche befinden sich die drei letzten historischen Orgeln Lübecks mit reichem originalen Pfeifenbestand. In ihrer Vereinigung von Stilelementen der Gotik, der Renaissance und des Barock sind sie mit Abstand die bedeutendsten Instrumente in weitem Umkreis, ja, sie zählen zu den interessantesten Orgeln überhaupt. Ihre ältesten Teile, die heutigen Hauptwerke, stammen aus den Jahren 1466 bzw. 1467. Es sind gotische Werke, von denen es weltweit nur noch sehr wenige gibt.
Die große Orgel (Westorgel)
Das jetzige Hauptwerk mit dem sichtbaren originalen 16‘-Prinzipal war ursprünglich ein sogenanntes Blockwerk (gotisch, 1466). Der Lübecker „Orgelmacher“ Hans Köster fügte 1573 ein Rückpositiv hinzu. 1673 vergrößerte Jochim Richborn (Hamburg) das Rückpositiv und fügte die mächtigen flankierenden Basstürme sowie ein Brustwerk hinzu. Letzteres wurde 1740 durch Julius Bünting um drei 8‘-Register erweitert und mit neuer, größerer Windlade als Oberwerk hinter dem Hauptwerk aufgestellt; zugleich erhielt das Pedal eine zusätzliche Posaune 32‘.
Bei der grundlegenden Wiederherstellung 1983/84 durch die Werkstatt Karl Schuke (Berlin West), wurde das prächtige Gehäuse stabilisiert und ergänzt. Der historische Pfeifenbestand (immerhin in noch 22 Registern) wurde maßgebend für alle neu herzustellenden Pfeifen. Diese sind demzufolge aus hochprozentigem Blei. Nur das neue Oberwerk (hinter dem Hauptwerk, im Schwellkasten) erhielt Zinnpfeifen.
Die Orgel ist gleichstufig gestimmt (a‘ = 442 Hz bei 18° C) und hat seither auf vier Manualen und Pedal 62 Stimmen. Spiel- und Registertraktur sind mechanisch, letztere zusätzlich mit großer Setzeranlage (Magnete).
Die kleine Orgel (Stellwagen-Orgel, Nordorgel)
enthält weit mehr wertvolle historische Substanz und ist deshalb kulturgeschichtlich von allergrößtem Wert. Das gotische Blockwerk von 1467 baute Friedrich Stellwagen 1636/37 zum Hauptwerk mit Schleif-Windladen um und fügte Rückpositiv, Brustwerk und ein schwach besetztes Pedal hinzu. Die Windladen und fast alle Pfeifen der Manualwerke sind noch original vorhanden. Das Pedal wurde seit 1935 – Jakobi-Organist war damals Hugo Distler – weiter ausgebaut. Seit der letzten Restaurierung (Hillebrand 1977/78) hat die Orgel 31 Register auf 3 Manualen und Pedal und steht wieder im alten Chorton (Ganzton höher als heutiger Kammerton). Die Einstimmung erfolgte nach „Werckmeister, 1. Temperatur."(1681)
Alle Pfeifen sind aus hochprozentigem Blei, Ergänzungen und Neuanfertigungen entsprechen in Legierung und Mensur genau dem historischen Bestand.
Die Manuale haben die sogenannte „kurze Oktave“: C, D, E, F, G, A bis c''‘, während das Pedal alle Töne enthält von C bis d‘.
Die Stellwagenorgel ist besonders geeignet für Musik der Renaissance, des frühen Barock und der Buxtehude-Zeit. Doch auch viel danach Entstandenes, bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts, gewinnt ganz besondere Frische durch die herrliche, unverwechselbare Farbigkeit dieses Instruments.
Das Richborn-Positiv
Die beiden großen historischen Orgeln konnten 2003 wieder durch ihre kleine Schwester ergänzt werden, ein rekonstruiertes Richborn-Positiv in dem originalen Schrank von 1673. Damit hat die Hansestadt Lübeck in der Jakobikirche den vollständigen Satz von Bauart und Klang gleichrangiger Instrumente im Stil der Blütezeit Buxtehudes zurückerhalten, was wohl weltweit einen einmaligen musikalischen Reichtum darstellt.
16-Fuß in D – Orgeln in deutschen Ländern
St. Jakobi zu Lübeck
Aufzeichnung vom 11.1.2010
Kompositionen von Franz Tunder, Dietrich Buxtehude, Hugo Distler,
Georg Böhm, Johannes Brahms, Robert Schumann und Charles-Marie Widor
Arvid Gast und Ulf Wellner
an der Großen Orgel, der Stellwagen-Orgel und dem Richborn-Positiv
In der ersten Sendung sind die Orgeln von St. Jacobi zu Lübeck an der Reihe:
In der St. Jakobikirche befinden sich die drei letzten historischen Orgeln Lübecks mit reichem originalen Pfeifenbestand. In ihrer Vereinigung von Stilelementen der Gotik, der Renaissance und des Barock sind sie mit Abstand die bedeutendsten Instrumente in weitem Umkreis, ja, sie zählen zu den interessantesten Orgeln überhaupt. Ihre ältesten Teile, die heutigen Hauptwerke, stammen aus den Jahren 1466 bzw. 1467. Es sind gotische Werke, von denen es weltweit nur noch sehr wenige gibt.
Die große Orgel (Westorgel)
Das jetzige Hauptwerk mit dem sichtbaren originalen 16‘-Prinzipal war ursprünglich ein sogenanntes Blockwerk (gotisch, 1466). Der Lübecker „Orgelmacher“ Hans Köster fügte 1573 ein Rückpositiv hinzu. 1673 vergrößerte Jochim Richborn (Hamburg) das Rückpositiv und fügte die mächtigen flankierenden Basstürme sowie ein Brustwerk hinzu. Letzteres wurde 1740 durch Julius Bünting um drei 8‘-Register erweitert und mit neuer, größerer Windlade als Oberwerk hinter dem Hauptwerk aufgestellt; zugleich erhielt das Pedal eine zusätzliche Posaune 32‘.
Bei der grundlegenden Wiederherstellung 1983/84 durch die Werkstatt Karl Schuke (Berlin West), wurde das prächtige Gehäuse stabilisiert und ergänzt. Der historische Pfeifenbestand (immerhin in noch 22 Registern) wurde maßgebend für alle neu herzustellenden Pfeifen. Diese sind demzufolge aus hochprozentigem Blei. Nur das neue Oberwerk (hinter dem Hauptwerk, im Schwellkasten) erhielt Zinnpfeifen.
Die Orgel ist gleichstufig gestimmt (a‘ = 442 Hz bei 18° C) und hat seither auf vier Manualen und Pedal 62 Stimmen. Spiel- und Registertraktur sind mechanisch, letztere zusätzlich mit großer Setzeranlage (Magnete).
Die kleine Orgel (Stellwagen-Orgel, Nordorgel)
enthält weit mehr wertvolle historische Substanz und ist deshalb kulturgeschichtlich von allergrößtem Wert. Das gotische Blockwerk von 1467 baute Friedrich Stellwagen 1636/37 zum Hauptwerk mit Schleif-Windladen um und fügte Rückpositiv, Brustwerk und ein schwach besetztes Pedal hinzu. Die Windladen und fast alle Pfeifen der Manualwerke sind noch original vorhanden. Das Pedal wurde seit 1935 – Jakobi-Organist war damals Hugo Distler – weiter ausgebaut. Seit der letzten Restaurierung (Hillebrand 1977/78) hat die Orgel 31 Register auf 3 Manualen und Pedal und steht wieder im alten Chorton (Ganzton höher als heutiger Kammerton). Die Einstimmung erfolgte nach „Werckmeister, 1. Temperatur."(1681)
Alle Pfeifen sind aus hochprozentigem Blei, Ergänzungen und Neuanfertigungen entsprechen in Legierung und Mensur genau dem historischen Bestand.
Die Manuale haben die sogenannte „kurze Oktave“: C, D, E, F, G, A bis c''‘, während das Pedal alle Töne enthält von C bis d‘.
Die Stellwagenorgel ist besonders geeignet für Musik der Renaissance, des frühen Barock und der Buxtehude-Zeit. Doch auch viel danach Entstandenes, bis hin zu Werken des 20. Jahrhunderts, gewinnt ganz besondere Frische durch die herrliche, unverwechselbare Farbigkeit dieses Instruments.
Das Richborn-Positiv
Die beiden großen historischen Orgeln konnten 2003 wieder durch ihre kleine Schwester ergänzt werden, ein rekonstruiertes Richborn-Positiv in dem originalen Schrank von 1673. Damit hat die Hansestadt Lübeck in der Jakobikirche den vollständigen Satz von Bauart und Klang gleichrangiger Instrumente im Stil der Blütezeit Buxtehudes zurückerhalten, was wohl weltweit einen einmaligen musikalischen Reichtum darstellt.
16-Fuß in D – Orgeln in deutschen Ländern
St. Jakobi zu Lübeck
Aufzeichnung vom 11.1.2010
Kompositionen von Franz Tunder, Dietrich Buxtehude, Hugo Distler,
Georg Böhm, Johannes Brahms, Robert Schumann und Charles-Marie Widor
Arvid Gast und Ulf Wellner
an der Großen Orgel, der Stellwagen-Orgel und dem Richborn-Positiv