150 Jahre "Alice im Wunderland"

Mit dem weißen Kaninchen in die Unterwelt

Ein Fan bei der Filmpremiere zu Tim Burtons Interpretation von "Alice im Wunderland" im Jahr 2010.
Ein Fan bei der Filmpremiere zu Tim Burtons Interpretation von "Alice im Wunderland" im Jahr 2010. © picture alliance / dpa / Daniel Deme
Von Gabi Biesinger · 25.11.2015
Vor 150 Jahren wurde das Kinderbuch "Alice im Wunderland" veröffentlicht. Die British Library stellt zum Jubiläum das handgeschriebene Original-Manuskript von Lewis Carroll aus und zeigt, wie die berühmte Geschichte in Filmen und Büchern interpretiert wurde.
Die Geschichte von Alice im Wunderland – die ist ja wirklich absolut britisch, flüstert Kuratorin Helen Melody von der British Library verzückt:
"Da wird Tee getrunken, alle sind etwas verrückt – lauter Sachen, die man mit den Briten verbindet."
Und darum kennt in England natürlich fast jeder die Geschichte über das kleine Mädchen, das in einem Kaninchenloch den sonderbarsten Tieren und Typen begegnet – und allen voran natürlich die Besucher der alljährlichen Parade in Oxford zu Ehren von Alice-Autor Lewis Carroll:
"Wir alle kennen die Geschichte oder?"
Das kleine Mädchen stolpert in eine Art psychedelischen Traum, schrumpft und wächst, schlägt sich durch eine verborgene Welt voller Absurditäten und zwar mit Mut und Witz.
Das Mädchen stolpert in einen psychedelischen Traum
Seit Macmillan vor 150 Jahren die erste Ausgaben veröffentlichte hat die Geschichte Generationen von Kindern und Erwachsenen fasziniert. Der englische Schriftsteller Will Self erklärt warum:
"Das Buch überdauert die Zeit, weil es so universelle Literatur ist. Die Geschichte beschreibt, wie ein Kind reagiert, wenn die Kategorien, durch die Erwachsene die Welt sehen, noch durchlässig sind. Die Schranken zwischen Traum und Realität sind bei Alice fließend und die Psychologie dieser Situation wird sehr schön beschrieben."
Dass das Buch schon zu Carrolls Lebzeiten so erfolgreich wurde, hängt auch damit zusammen, dass es komplett untypisch war für die Zeit, als es vor 150 Jahren veröffentlicht wurde, schildert Kuratorin Helen Melody:
"Normalerweise waren Kinderbücher damals sehr didaktisch und moralisch. Sie sollten den Kindern schlechtes Benehmen austreiben."
Alice hingegen hat ihren eigenen Kopf und mit Autoritäten nichts am Hut. Lewis Carroll, der Alice im Wunderland verfasste, war eigentlich Mathematiker an der Uni Oxford. Der junge Mann verbrachte viel Zeit mit den Nachbarsmädchen der Familie Liddell und erzählte ihnen Geschichten.
Besonders angetan hatte es ihm das Mädchen Alice. Und als sie am 4. Juli 1862 eine sonnige Bootsfahrt auf der Themse unternahmen, bat Alice ihn anschließend, die Geschichte aufzuschreiben. Daraus entstand ein Buch, das die Welt bis heute nicht mehr loslässt.
Je nach Stimmung sehr unterschiedlich interpretiert
In der British Library ist jetzt zum 150. Jubiläum in einer kleinen Sonderausstellung das handgeschriebene Originalmanuskript zu sehen, in dem Lewis Carroll seine Geschichte für die echte Alice damals aufschrieb und sie selbst aufwändig illustrierte.
Unzählige Bücher, Filme, Kompositionen und Künstler haben das Alice Thema seitdem aufgegriffen. Je nach gesellschaftlicher Stimmung konnte man die Alice-Geschichte auch unterschiedlich interpretieren, indem man verschiedene Aspekte betonte. Walt Disney etwa nahm dem Alice-Thema bei der Verfilmung 1951 seine düstere Note und erzählte ein simples Märchen in schrillen Farben mit heiterer Musik.
Die alternative Kultur der 60er-Jahre, die gerne mit Drogen experimentierte, interessierte sich dagegen eher für die absurden Anteile. Jefferson Airplane huldigten dem weißen Kaninchen, das Alice in die Unterwelt entführt.
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