15.000 Euro pro Kind

Von Margaret Heckel · 03.08.2013
Das Betreuungsgeld ist die 157. Maßnahme zur Familienförderung und noch absurder als die 156 anderen. Wir haben uns total verheddert, meint die Publizistin Margaret Heckel. Um Kinder und ihre Eltern wirklich zu fördern wollen, müssten wir ihnen das Geld direkt geben.
Wir machen das jetzt mal wie Adam Riese. 200 Milliarden Euro gibt der Staat jedes Jahr für die Familienpolitik aus. 13,3 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gibt es in Deutschland. Wenn jeder von ihnen von der Familienförderung gleich viel bekommen würde, wären das fast auf den Euro genau 15.000 Euro pro Kind und Jahr.

15.000 Euro, das ist ein Wort, nicht wahr? Mehr als doppelt so viel wie das steuerfreie staatliche Existenzminimum von Kindern. Jede Menge Klamotten, Fußballstunden und Geigenunterricht.

Wenn der Staat aber Kinder und Jugendliche so großzügig fördert, wie kann es dann sein, dass das alles trotzdem nicht bei ihnen ankommt? Wie kann es sein, dass Familien den Eindruck haben, sie müssten um jeden Euro kämpfen?

Der Grund ist, dass wir keine einfachen Lösungen mögen. Stattdessen gibt es 156 verschiedene Familienleistungen, die selbst Experten nicht mehr verstehen. Und seit dem 1. August gibt es mit dem Betreuungsgeld eine weitere. Sie ist noch absurder als die 156 anderen, denn erstmals werden Eltern dafür bezahlt, dass sie etwas nicht tun. Nämlich ihr Kind nicht in eine Kinderkrippe zu geben und stattdessen zu Hause zu betreuen.

Dieser jüngste Auswuchs zeigt den Irrsinn der Familienpolitik in seiner ganzen Schärfe: Um immer neuen Klientelgruppen irgendwas Gutes zu tun, verzetteln sich Politiker seit Generationen mit immer neuen Familienleistungen, die schon längst nur noch zu Bruchteilen bei den Familien überhaupt ankommen.

Das muss alles aufhören. Statt 157 Familienleistungen brauchen wir nur Adam Riese: Gebt den Familien einfach das Geld für die Familienförderung und lasst sie selbst entscheiden, was sie damit machen.

Natürlich muss der Staat weiterhin den Rahmen setzen. Wir haben eine Schulpflicht in Deutschland, also müssen die Kinder in die Schule gehen. Fast alle Eltern konnten auch davon überzeugt werden, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, weil ihnen das gut tut. Und immer mehr Eltern möchten ihre Kinder davor auch in die Krippe schicken. Viele, weil sie arbeiten müssen. Etliche aber auch, weil die Kleinen da Spaß haben und Sozialverhalten lernen.

Vollmundige Ankündigung, fragwürdige Qualität
Seit dem ersten August sollen nun Krippenplätze für jedes dritte Kleinkind überall zur Verfügung stehen. Nicht nur Eltern zweifeln daran, ob das stimmt. Grundsätzlich ist das ganze Vorgehen Mist: Der Staat kündigt vollmundig etwas an, das dann allenfalls in Teilen und oft in fragwürdiger Qualität geliefert wird.

Ganz anders wäre es, wenn die Eltern statt Bittstellern wie jetzt geschätzte Kunden wären: Würde Adam Riese regieren und jedes Jahr 15.000 Euro pro Kind überweisen, würde jede Mutter und jeder Vater von Angeboten überschwemmt, die lieben Kleinen doch bitte in die Krippe X und den Hort Y zu bringen. Die maximale Flexibilität bei den Öffnungszeiten und ständige Qualitätsüberwachungen wären selbstverständlich garantiert.

Nun weiß ich natürlich, dass Adam Riese zwar rechnen konnte, aber sicher kein Politiker war. Und die werden sofort einwerfen, dass es sich hier um eine Milchmädchen-Rechnung handelt. Schließlich fallen auch das Ehegattensplitting und die Rentenbeiträge für Mütter und vieles derartige unter die Familienförderung.

Das stimmt. Aber entweder ist das Familienförderung, dann kann es einfach an die Familien ausgezahlt werden. Meinetwegen mit der Auflage, es in die Rentenversicherung für die Mütter zu stecken. Oder es ist keine Familienförderung. Dann gehört es raus aus dem Topf und rein in einen anderen.

An der grundsätzlichen Erkenntnis ändert das alles nichts. Wir haben uns total verheddert in den nun 157 familienpolitischen Maßnahmen. Wenn wir Kinder und ihre Eltern wirklich fördern wollen, müssen wir ihnen das Geld direkt geben.
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