"12 Questions" von Fraser T. Smith

Aufwühlende Musikcollage

05:41 Minuten
Der britische Rapper Stormzy bei einem Live-Konzert in Oslo, 25. Februar 2020. (Photo credit: Gonzales Photo - Tord Litleskare). |
Der Grime Rapper Stormzy ist auch auf dem Album "12 Questions" zu hören. © picture alliance / Gonzales Photo / Tord Litleskare
Von Jonas Dahm · 22.10.2020
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Musikproduzierende halten sich eher im Hintergrund. Fraser T. Smith wagt sich jetzt als Future Utopia mit einem eigenen Album nach vorne. Musikschaffende aller Genres wie Stormzy oder Arlo Parks widmen sich darauf existenziellen Fragen.
"Ohne meinen Namen im Titel hat es sich musikalisch viel offener angefühlt, weil die Leute nicht ‚Fraser T. Smith‘ lesen, den Namen googeln und dann sagen, das ist doch der Typ, der Adele produziert hat, und dann diese Art von Musik erwarten", sagt Fraser T. Smith. "Mir ein Künstlerpseudonym auszudenken, hat sich befreiend angefühlt."
Als Future Utopia versammelt der 49-Jährige auf seinem Debüt ein Feuerwerk an unterschiedlichen Genres. Das Album "12 Questions" ist so vielseitig wie Fraser T. Smiths eigene Karriere: Die hatte er als Garage-Rock-Gitarrist angefangen, war dann bei der englischen Hip-Hop-Kultur Grime gelandet und hat schließlich Popgrößen wie Britney Spears produziert. Sein Debüt als Future Utopia ist zwar immer noch durchweg eingängig zu hören, wechselt aber wild zwischen quietschig-poppig, dem schnellen, harten Sound von Grime oder gitarrenlastiger Gefälligkeit.

Unter dem Künstlernamen "Future Utopia" versucht er jetzt die Verbindung der poppigen Hochglanzwelt mit einem politisch- philosophisch angehauchten Konzept. "12 Questions" stellt zwölf Fragen zu den ganz großen Themen, zum Beispiel "What's The Cost of Freedom", was ist der Preis der Freiheit? Oder "Is it too late to save the planet?" – ist es zu spät, um den Planeten zu retten?
Der Musikproduzent Fraser T. Smith in Beverley Hills, Hollywood. (Photo by Chelsea Lauren/Getty Images for BMI)
Produzent Fraser T. Smith hat eigene Ambitionen und jetzt ein Album veröffentlicht, das etliche Musikstars vereint.© Getty Images North America / Chelsea Lauren
Future Utopia stellt die Fragen, seine musikalischen Gäste wie Stormzy, die Indie-Band Bastille oder die britische Sängerin Arlo Parks geben die Antworten und schreiben die Texte, die Future Utopia in Songs vertont. So groß und allgemein die Fragen erscheinen, so individuell sind die Antworten, die selbst den Produzenten manchmal überrascht haben.
Smith: "Was ist am wichtigsten? – Die Antwort darauf könnte für manche so etwas wie Weltfrieden oder Gleichheit sein. Aber für Arlo Parks war es in dem Moment ihr eigenes gebrochenes Herz. Sie hatte gerade eine Beziehung beendet, und bei ihr geht es daher um den drängenden Schmerz, den sie empfindet. Ich denke, alle diese Fragen können sehr intim sein, aber auch sehr weitreichend."

Appelle von Aktivistinnen und Aktivisten

Neben Musikerinnen und Musikern wie Parks oder Stormzy kommen auch Künstlerinnen und Künstler aus anderen Bereichen und Aktivistinnen und Aktivisten zu Wort. Zum Beispiel spricht Albert Woodfox, der selbst 44 Jahre unter folterähnlichen Bedingungen in einem US-Gefängnis saß – und gegen Rassismus und Einzelhaft kämpft – beeindruckend vom Preis der Freiheit. Oder Beatrice Mushiya, Mutter eines erstochenen Jugendlichen in London, redet über ihren Sohn.
Der Wechsel von Rap, Gesang und gesprochenem Text auf "12 Questions" ist eine aufwühlende Collage. Dabei nimmt sich Fraser T. Smith Zeit, zum Beispiel auch für die Frage, warum bei aller Verbundenheit via Social Media und Co. trotzdem die menschliche Begegnung fehle. Es geht um das spürbare Unbehagen innerhalb der digitalen Gegenwart, von Social-Media- über Online-Überwachung bis zu George Orwell. Trotz Zukunft und Utopie im Namen wagt Future Utopia also auch den Blick in die gegenwärtigen Abgründe.

Raum für die großen Fragen

Mit "12 Questions" schafft Future Utopia Raum für die ganz großen Fragen, die jeder selbst für sich beantworten muss. Allein für die Vielfalt der Perspektiven, die dem Fragenden in den Antworten so unterhaltsam entgegenschallt, lohnt sich das Album.
Vielleicht kommt man dabei auch der Utopie ein Stück näher, die Fraser T. Smith für sich folgendermaßen formuliert: "Die Utopie der Zukunft ist für mich ein Ort, wo die Natur mit uns koexistieren kann, wo es Gleichheit gibt, Akzeptanz und Güte, wo es Diversität gibt und wo Frieden herrscht."
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