1000 Dollar am Tag für Drogen

Von Martin Böttcher · 14.08.2011
Sieben bewegte Jahrzehnte im Leben eines Mannes, der nicht nur mit den Byrds, sondern auch als Crosby, Still und Nash Geschichte geschrieben hat. Erstaunlich, was er erreicht hat - und dass David Crosby überhaupt noch lebt.
Je älter er wird, desto mehr erinnert David Crosby an ein Walross: Nicht so sehr wegen seiner fülligen Figur, sondern wegen der hohen glatten Stirn, wegen des auffälligen Schnurrbarts - und vor allem wegen seiner dunklen, sympathischen Augen.

Über die kann man sich gleichzeitig am meisten wundern: Denn im Leben von David Crosby, der für seine Arbeit mit den Byrds und als Crosby, Still und Nash gleich zwei Mal in die Rock-n-Roll-Hall-of-Fame aufgenommen wurde, ist mindestens genauso viel schiefgelaufen wie gelungen. David Crosby, 70 Jahre alt, nach wie vor Verfechter der Woodstock-Ideale von Frieden und Gleichberechtigung, Kämpfer für Bürger- und Menschenrechte.

"Wir hatten mit jedem einzelnen dieser Dinge recht. Okay, bei Drogen hatten wir unrecht, aber ansonsten hatten wir mit jedem dieser Ideale recht. Und wir folgen ihnen heute noch. Ich gebe sie erst auf, wenn ich sterbe."

Der Reihe nach: 1941 im US-Bundesstaat Kalifornien geboren, geht er mit Anfang 20 nach New York - ins Village, wo sich Folksänger, wie er einer werden will, wohlfühlen können. Er bewegt sich in den gleichen Kreisen wie Bob Dylan, 1963 nimmt er seine ersten Songs als Solokünstler auf. Bald darauf ist er einer der Mitbegründer der Byrds - man ist zwar nur für kurze Zeit kommerziell so erfolgreich wie die Beatles oder die Rolling Stones, gehört aber dennoch zu einer der einflussreichsten Bands der 60er-Jahre - und verhilft Dylans "Tambourine Man" zu einem zweiten Frühling.

Ein paar Jahre geht es gut mit David Crosby und den Byrds - dann fliegt er aus der Band. Sex and Drugs and Rock’n’Roll - auch bei seiner nächsten Gruppe: Crosby, Stills & Nash, zu der später auch noch Neil Young dazustieß. Das Debütalbum und der Nachfolger Déjà Vu wurden große Hits und etablierten CSN&Y als eine der erfolgreichsten amerikanischen Formationen der 60er- und 70er-Jahre.

Wenn man David Crosbys Lebenserinnerungen glauben kann, dann haben von Anfang an die Drogen eine große Rolle im Leben des Gitarristen gespielt. Kokain sollte seine Nase zerstören, Alkohol und andere Drogen die Leber, die Mitte der 90er durch ein Spenderorgan ersetzt werden musste.

Dass es musikalisch trotzdem weiterging, hat er auch seinem Bandkollegen Graham Nash zu verdanken:

"David und ich sind Freunde, seit wir uns kennen. Wir kümmern uns umeinander. Er will das Beste für mich, ich will das Beste für ihn."

Mitte der 80er ist Crosby einer der bekanntesten Musiker der Woodstock-Ära - und war gleichzeitig auf dem Höhepunkt seiner Drogensucht. Bis zu 1000 Dollar gab er pro Tag für Kokain aus, die Anzeigen häuften sich. Ein Gericht verurteilt ihn zu einer Haftstrafe, ein Jahr sitzt er im Gefängnis - eine Erleichterung für Crosby, wie er später in einem Fernsehinterview behauptete:

"There was a relief to go to jail, at least it was out of my hand."

Der Sound von David Crosby und seinen Mitstreitern? Folkrock von hoher Qualität. Sehr harmonisch, leicht melancholisch, überaus musikalisch. Westcoast-Sound. Dem hat der 70-Jährige bis heute nicht abgeschworen. Nicht CSN, sondern CPR heißt seine aktuelle Band - Crosby, Pevar und Raymond. Mit dabei: Sein Sohn, der 20 Jahre lang nichts vom berühmten Vater ahnte.

Links zum Thema bei dradio.de
Buch: Fluppen, Saiten, Schreibmaschinen - Bob Dylan
Eine Lange Nacht über Bob Dylan

Webseite von David Crosby und seiner Band
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