100 Tage später ...

Von Alexandra Gerlach, Tonia Koch und Axel Flemming |
Am 30. September 2009 wurde Sachsens erste CDU/FDP Regierung vereidigt. Was ist seitdem passiert? Welche Kompromisse musste der kleine Partner mit der Partei des wiedergewählten Stanislaw Tillich schließen?
Was konnte die FDP durchsetzen? Welche Projekte blieben aus Sicht der Parteibasis auf der Strecke? Eine erste Bilanz nach hundert Tagen. Außerdem schauen wir auch auf Thüringen, Brandenburg und das Saarland.

Schwarz-Gelb in Sachsen

Den Anfang macht Sachsen. Ende August 2009 wurde gewählt, Ende September also vor rund 100 Tagen wurde die erste CDU/FDP Regierung des Freistaats vereidigt. Alter und neuer Ministerpräsident: Stanislaw Tillich, CDU. Wie gelingt diesem die Zusammenarbeit mit dem neuen, kleinen Partner FDP? Und: was konnte die FDP durchsetzen? Eine erste Bilanz nach 100 Tagen schwarz-gelb in Sachsen zieht Alexandra Gerlach.

Ziemlich lautlos, ja geradezu unspektakulär hat das Schwarz-Gelbe Bündnis in Sachsen die ersten drei Monate regiert. Für FDP-Landeschef Holger Zastrow war es dennoch ein guter Auftakt. Er lobt das Koalitionsklima:

"Denn das permanente Streiten, dieses gegenseitige sich in die
Pfanne hauen, was sich die CDU und SPD gegeben hat, das gibt es eben nicht mehr. Wir harmonieren mit der Union sehr gut, wir haben große Ziele vor uns, wir wissen, dass wir in diesem Land etwas bewegen wollen. Der Umgang miteinander, der politische Stil ist anders geworden, das ist sicherlich das, was man als besonderes Fazit schon ziehen kann."

Ähnlich hört sich das bei der CDU an. Für Ministerpräsident Stanislaw Tillich war die Zusammenarbeit mit der SPD schwierig. Immer wieder gab es Streit, es entstand der Eindruck, die SPD versuche Regierungspartei und Opposition in einem zu sein. Mit den Liberalen sei das völlig anders, sagt Regierungschef Tillich:

"Also wir haben es mit einem Koalitionspartner zu tun, der den
festen Willen hatte, in der Regierung mitzuarbeiten und konstruktiv mitzuarbeiten. Wir hatten bereits bei den Koalitionsverhandelungen gespürt, dass es keiner größeren Erläuterungen bedarf, auch um die Situation, in der sich Sachsen befindet, auch im Hinblick auf das Jahr 2020 und zurückgehender Mittel aus dem Bund und von der EU. Also diese Anstrengung, die das bedeutet, war der FDP sofort klar."

58 Seiten umfasst der christlich-liberale Koalitionsvertrag, der in nur 14 Tagen ausgehandelt wurde. Darin festgeschrieben sind unter anderem Schuldenabbau, Stellenkürzungen im Öffentlichen Dienst und ein Neuverschuldungsverbot, das auch in der sächsischen Verfassung verankert werden soll.

Angesichts der mittelfristigen Finanzplanung für Sachsen zeichnet sich jedoch ab, dass die Handlungsspielräume für die Regierung im Freistaat kleiner werden. Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise spürt Sachsen erst jetzt so richtig. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Solidarpaktmittel deutlich sinken. Die echte Bewährungsprobe komme noch, meint Stanislaw Tillich:

"Das heißt, die öffentlichen Haushalte sind jetzt auch erreicht,
die Steuermindereinnahmen schlagen zu Buche und das wird natürlich eine Situation sein in 2010, die es erst mal gilt zu meistern."

Neben einer Haushaltssperre hat der Finanzminister nun auch noch Einsparungen in Höhe von 190 Millionen Euro angeordnet, quer durch alle Ressorts. Die Aushandlung des nächsten Doppelhaushalts, die für dieses Jahr ansteht, dürfte daher besonders schwierig werden.

Welche Handlungsspielräume bleiben also für Schwarz-Gelb in Sachsen? Bislang wurden nur kleinere Vorhaben umgesetzt: etwa auf Wunsch der FDP das Rauchverbot in Gaststätten etwas gelockert und die Öffnungszeiten für Waschstraßen und Videotheken ausgeweitet. Das veranlasst die Oppositionsparteien zu teilweise beißender Kritik, Antje Hermenau von den Bündnis-Grünen:

Antje Hermenau: "Na ja, bisher ist parlamentarisch noch nicht viel gelaufen…jetzt
sind auch endlich die anderen Uniformen eingeführt worden bei der Polizei, aber ich gehe davon aus, dass keine wesentlichen Änderungen kommen, man hat die Gemeinschaftsschulen beendet, was ich schade finde, man hat eher was zurückgebaut, als etwas Neues aufgebaut."

Eine ernsthafte Nagelprobe für Schwarz-Gelb wird die Novellierung des Polizeigesetzes. Dann geht es auch um die Einführung mobiler KFZ-Kennzeichenlesegeräte, die im grenznahen Raum zu Tschechien und Polen eingesetzt werden sollen. Eine Maßnahme, die die FDP strikt ablehnt. Angesichts drastisch gestiegener Zahlen von Autodiebstahl im Freistaat Sachsen, im Jahr 2007 um rund 27 Prozent und 2008 noch einmal um 34 Prozent, dürfte diese Haltung jedoch nur schwer durchzusetzen sein.

Schwarz-Rot in Thüringen

Wie in Sachsen – so wurde auch in Thüringen am 30. August gewählt. Dort aber dauerte es um einiges länger bis klar war, wer mit wem regiert. Erst am 4. November konnten CDU und SPD die Regierungsgeschäfte in die Hand nehmen – wie es dazu kam und wie es seitdem läuft hat Ulrike Greim beobachtet.

Direkt nach der Landtagswahl in Thüringen steht eine bange Frage im Raum: Wie ist das Wählervotum der Thüringer zu deuten? Fünf statt drei Parteien sollen die
Wähler nun vertreten, keine Partei mit der absoluten Mehrheit. Die CDU, bis dahin allein regierend, wurde mit 31 Prozent zwar deutlich abgestraft - aber bedeutet das, sie muss in die Opposition? Die SPD hat mit 18,5 Prozent auch kein Traumergebnis eingefahren, brüstet sich aber als Siegerin.

"Wir werden sehen, wer uns das Maximale anbietet."

Heißt es auf der SPD-Wahlparty am Wahlabend.

"Weil ohne uns niemand regieren wird. Wer immer mit uns koaliert, wird sich
maximal bewegen müssen."

Wochenlang verhandelt die SPD abwechselnd mit der Linkspartei unter Bodo Ramelow nebst den Grünen und mit der CDU. In einem aufreibenden Polit-Poker entscheidet sie sich für die sichere Nummer: die CDU.

Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen: ein christdemokratischer Politikentwurf mit sehr deutlich roter Einfärbung. SPD-Spitzenmann Christoph Matschie feuert bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages einen Superlativ nach dem anderen ab.

Christoph Matschie:
"’Wir wollen einen Aufbruch organisieren und Vorreiter werden in wichtigen Politikfeldern.’
‚Stark und selbstbewusst - so stellen wir uns das Land vor.’
‚Wir wollen Thüringen zu einem Mekka der Bildungspolitik machen.’
‚Thüringen soll ein Anziehungspunkt für kreative Köpfe aus aller Welt sein.’
‚Wir wollen eine Energiepolitik auf den Weg bringen, die Thüringen zum grünen Motor in Deutschland macht.’"

Das überzeugt sogar etliche der kritischen Genossen, die sich heftig für eine rot-rot-grüne Regierung eingesetzt hatten. Die Christdemokraten schauen derweil zähneknirschend zu, wie etliche ihrer früheren Gesetze nun wieder zurückgenommen werden.

Dennoch sind Parlamentarier ebenso wie Orts- und Kreisverbände froh, dass die CDU wenigstens mit regiert, so fällt nicht die ganze Partei-Infrastruktur in sich zusammen. Nach dem Wahldebakel fiel immerhin schon ein Drittel der Wahlkreisbüros weg. Jetzt hat die CDU immerhin vier Ministerien und die Staatskanzlei. CDU-Fraktionschef Mike Mohring:

Mike Mohring: "Die Alternative, in der Opposition zu sein, die hätte das nur verschlimmert. So gesehen sind wir mit dem blauen Auge davon gekommen."

Allerdings bereits die Wahl der Ministerpräsidentin gelingt nur mit Mühe und erst durch die spontane Hilfe der FDP im dritten Wahlgang. Christine Lieberknecht weiß, dass es nicht einfach wird, CDU und SPD in ihrem ganzen Spektrum zusammen zu halten. Sie setzt auf höheren Beistand.

Christine Lieberknecht: "... so wahr mir Gott helfe."

Am 4. November dann steht auch ihr Kabinett,

Kabinettsmitglieder: "... so wahr mit Gott helfe, so wahr mir Gott helfe ..."

und das politische Leben in Thüringen kann nach elf Wochen Stillstand wieder beginnen.

Viele Erwartungen liegen nun auf der SPD, die beweisen muss, dass sie auch mit der CDU ihre Pflöcke einschlagen kann. 2000 neue Erzieherinnen für die Thüringer Kindergärten zum Beispiel, die Wiedereinführung der Bürgermeisterstichwahlen, eine Schulreform. Bis zum Jahresende hat die Koalition zwar an etlichen Gesetzesvorhaben gearbeitet, aber noch nichts davon greifbar umgesetzt, kritisiert Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken. Beispiel Schulreform.

Bodo Ramelow: "Die Frage der Bildungspolitik können wir als Aufbruch nicht sehen. Herr Matschie behauptet, das sei ein Aufbruch. Aber nur eine neue Schulform zu bestehenden Schulformen dazuzugeben, und damit die bestehenden zu zementieren, halten wir für einen grundlegenden Fehler."

Und die 2000 neuen Erzieherinnen? Nun, sie müssen erst einmal finanziert werden können. Darum wird gestritten. Darüber hinaus müssen erst einmal genügend Erziehrinnen ausgebildet werden – und das dauert Jahre. Die SPD rühmt sich, dies auf den Weg zu bringen.

Die Opposition wertet es als Fehlstart. CDU-Fraktionschef Mike Mohring hält entgegen: die SPD habe nach dem 30. August halt so lange verhandelt, dass erst im November die Regierung stand. Nun könne nicht alles bis Jahresende schon juristisch wasserdicht in Gesetze gegossen sein.

Mike Mohring: "Mir wär's sogar lieber gewesen, man hätte das wichtigste Projekt, was ein Parlament auf den Weg bringt, den Hauhalt, eher machen können, weil der die Grundlage für alles ist."

Bei aller Kritik bestätigen doch alle fünf Landtagsfraktionen einen Gewinn: Atmosphärisch lebt mit der schwarz-roten Regierung, mit Christine Lieberknecht und Christoph Matschie, das Parlament auf, so Bodo Ramelow.

Bodo Ramelow: "Das Klima im Landtag hat sich verbessert, durchaus nachhaltig verbessert, das finde ich sehr gut. Ich finde es auch sehr gut, dass die Ministerpräsidentin mit uns als Opposition regelmäßig redet, man auch das Gefühl hat, es ist ernst gemeint. Aber dass ein Politikwechsel eingetreten sei, da muss ich sagen: der findet nicht statt."


Rot-Rot in Brandenburg

Eine neue Regierungskonstellation brachten die vergangenen Wahlen auch in Brandenburg. Matthias Platzeck und die SPD blieben zwar führend, entschieden sich aber für eine Zusammenarbeit mit der Linken. Nach zehn Jahren Koalition mit der CDU erregte das bereits viele Gemüter – als dann noch mehrere Stasivergangenheiten auf den Tisch kamen - gingen einige Bürger auf die Straße. Axel Flemming berichtet:

Ein winterlicher Montagabend in der Fußgängerzone von Potsdam. Demonstranten protestieren gegen die rot-rote Regierung in Brandenburg. Genau genommen müssten sie ihr "Stasi raus" vor dem Landtag rufen.

Bei drei Abgeordneten der Linken war die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR schon lange bekannt: es sind der innenpolitische Sprecher Hans-Jürgen Scharfenberg, der Abgeordnete Axel Henschke und Fraktionschefin Kerstin Kaiser.

Als dann zwei weitere Fälle auftauchten und klar wurde, dass auch die Landtagsvizepräsidentin nicht ganz so offen mit der Vergangenheit umgegangen war, reichte es der Basis.

Kleiner Parteitag, Anfang Dezember im alten Rathaus von Potsdam. Auch viele Mitglieder der Linken ärgern sich …:

"’… dass man sich nicht mit dem auseinandersetzt, wie es für Brandenburg gut ist, sondern dass man sich jetzt beruft auf Dinge, die auf einzelne Personen zugeschnitten sind und deshalb versucht, den Start von Rot-Rot zu verhindern bzw. zu boykottieren.’

‚Wir haben vielleicht geglaubt, dass es sowas nicht mehr gibt und sind überrascht und auch bestürzt, dass es uns jetzt nun so schadet auch, ja!’

‚Weil man’s nicht mit sich rumschleppen kann. Je länger man es tut, man lädt auch eine Schuld auf sich.’"

Im Gegensatz zur sonst gern vorgezeigten Offenheit der Linken war diese Veranstaltung nur parteiöffentlich. Danach sagte der Landesvorsitzende Thomas Nord - auch er ließ sich 1983 als Inoffizieller Mitarbeiter des MfS verpflichten und sitzt jetzt im Bundestag – ziemlich erleichtert:

""Also weder Landesvorstand noch Fraktion sind hier heute kritisiert worden, es ist sehr nachdenklich und selbstkritisch über die eigenen Situation gesprochen worden, und es ist mit großer Einmütigkeit dann beschlossen worden, dass die Entscheidung von Landesvorstand und Fraktion von der Partei mitgetragen werden."

Damit übernimmt die Brandenburger Linke nun die volle Verantwortung für den rot-roten Fehlstart. Sie will auf dem nächsten regulären Parteitag Anfang März einen Beschluss vom Juni 1991 aktualisieren.

Dieser schreibt zwar schon lange vor, dass Mandatsträger verpflichtet sind, vor Kandidaturen ihre DDR-Vita, Stasi-Verstrickungen inbegriffen, offenzulegen.
Aber sichtlich ohne Erfolg: Die Brandenburger Abgeordnete Renate Adolph offenbarte sich erst nach Bildung der rot-roten Koalition und gab ihr Landtagsmandat wieder zurück.

Auch Gerd-Rüdiger Hoffmann verschwieg seine Stasi-Mitarbeit bis in den November 2009. Er trat aus der Linksfraktion aus, behielt sein Mandat aber als fraktionsloser Abgeordneter. Lothar Bisky, langjähriger Bundesvorsitzender der Partei, der aber auch die Zustände in Brandenburg gut kennt, stöhnte:

Lothar Bisky: "Hätten sie das gesagt, hätte man sich damit auseinandersetzen können. Nach meinen Erfahrungen, - und ich bin lange genug bei der Partei - ist es so, dass dann einige nicht gewählt wurden und andere wurden gewählt. Das hängt ja immer davon ab, was hat jemand getan. Das wäre nicht nötig gewesen, das ist ein selbst fabrizierter Fehler der Partei."

Einer Partei, die in Brandenburg durchaus gewichtige Probleme bewältigen wollte.
Das Land steht in diesem Jahr vor schwierigen finanziellen Herausforderungen.
Die Reserven der letzten Jahre sind aufgezehrt, bei der Nettokreditaufnahme
schrammt man dicht an der Verfassungswidrigkeit vorbei und ohne Einsparungen
im Öffentlichen Dienst geht es nicht. Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser will deshalb den Eindruck nicht stehen lassen, es gehe nur noch um Stasi in Brandenburg.

Kerstin Kaiser: "Die Eckwerte für 2011 werden erarbeitet, es geht um die Personalbedarfsplanung im Land und die Landesgesellschaften. Also man beschäftigt sich mit wichtigen Themen."

Zu den ausgehandelten Erfolgen der Linken im Koalitionsvertrag gehört ein öffentlicher Beschäftigungssektor, mit dem 8000 Stellen für Langzeitarbeitslose geschaffen werden sollen. Der steht aber unter Finanzierungsvorbehalt, denn mehr als 40 Millionen kann Brandenburg allein nicht aufbringen und ist auf Geld vom Bund angewiesen.

Schwere Zeiten für den Finanzminister. Helmut Markov kommt nämlich aus den eigenen Reihen und muss sehen, wo er das Geld für die Projekte der Linken hernimmt. Ohne Personalabbau im Öffentlichen Dienst geht es nicht, weiß er.

Bei den anderen rot-roten Projekten wie Schüler-BAFÖG und einem Landesvergabegesetz, das einen Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen garantieren soll, sind sich beide Koalitionspartner einig, beim weiteren Kohleabbau setzte sich die SPD gegen die Linke durch.

Axel Flemming über die ersten Monate rot-rot in Brandenburg - die Stasivergangenheit lässt das Land auch weiterhin nicht zur Ruhe kommen. Mittlerweile hat auf kommunaler Ebene ein SPD-Politiker, der Stadtverordnete Dirk Stieger, die Mitarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit offenbart.

Schwarz-Gelb-Grün im Saarland

Von Brandenburg führt uns der Weg zu guter letzt ins Saarland – seit Mitte November regieren dort CDU, FDP und Grüne. Und obwohl die Grünen die kleinsten in der Koalition sind, bestimmen sie bisher das politische Geschehen an der Saar. Die Grüne Basis, die sich mit der Entscheidung der Partei für die Koalition mit CDU und FDP noch immer schwer tut, hofft, dass die grünen Regierungsvertreter auch zukünftig Profil zeigen können – Tonia Koch berichtet.

"Wir bauen es auf im Dreieck …"

Alle Versuche scheitern. Das Zelt, besser gesagt, der Baldachin, der die Gäste des grünen Ortsverbandes Ensdorf vor anhaltendem Nieselregen schützen soll, lässt sich nicht aufbauen. Den Grünen, die kaum Handwerker in ihren Reihen hätten, fehle es eben an praktischer Begabung, meint einer der grünen Helfer.

"Wir haben das Zelt immer gemeinsam mit der SPD aufgebaut im Wahlkampf, Jetzt müssen wird halt versuchen in anderen Dimensionen zu planen, auf eigenen Füßen zu stehen."

Von der SPD ist zum 25-jährigen Jubiläum der Ensdorfer Grünen niemand erschienen. Man arbeite aber trotzdem nach wie vor gut miteinander zusammen auch wenn der Ortsverein Ensdorf sich nach langem hin und her für ein Bündnis aus Grünen, Liberalen und Christdemokraten im Saarland ausgesprochen habe, so die Ortsverbandsvorsitzende Anja Bach.

"Es war schwierig eine Meinungsbildung herbei zu führen. Aber den Weg, den wir gegangen sind, mit dem müssen wir nun auch leben und dann werden wir auch damit leben. Es ging vorrangig um grüne Themen, dass diese auch umgesetzt werden und das ist in der momentanen Situation auch machbar."

Als Erstes hat die Grünen–Fraktion – gänzlich ohne emotionale Unterstützung ihrer Koalitionspartner FDP und CDU - einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Rauchen in saarländischen Kneipen ohne Ausnahme verbietet. Zwar finden nicht alle Parteimitglieder diese Prioritätensetzung richtig, wie zum Beispiel Patrick Andres.

"Der Nichtraucherschutz ist für mich zweitrangig oder sogar drittrangig. Themen wie, Ansiedlung von Firmen, das ist für mich ausschlaggebend, damit man zu neuen Arbeitsplätzen kommt."

Parteichef Hubert Ulrich will trotzdem nicht gelten lassen, dass in Zeiten der Krise urgrüne Anliegen vernachlässigt werden.

Hubert Ulrich: "Das war absolut richtig, weil gerade der Nichtraucherschutz soll ja schnell kommen, weil wir die Menschen schnell schützen wollen vor den Folgen des Rauchens. Er soll schnell kommen, zumal es das Land ja auch kein Geld kostet."

Das ist allerdings noch nicht ausgemacht. Das alte Gesetz ist nämlich erst ein knappes Jahr alt. Es erlaubt das Rauchen in kleinen Kneipen und verlangt von den Großen getrennte Räumlichkeiten. Und da etliche Kneipiers Geld in die Hand genommen haben, um die Auflagen zu erfüllen, pochen sie nun auf Bestandsschutz. Sie hätten sich auf die Politik verlassen als sie ihre Investitionen getätigt hätten – so die Argumentation der Wirte.

Nun setzen sie darauf, dass ihnen entweder eine finanzielle Entschädigung gezahlt wird oder eine Übergangsregelung geschaffen wird, wenn der strenge Nichtraucherschutz in wenigen Wochen ungesetzt wird. Schon gar nicht kostenneutral, dafür aber so schnell wie möglich, nämlich bereits zum Sommersemester sollen die Studiengebühren wieder abgeschafft werden. Sehr zur Freude der Studierenden, Asta-Vorsitzender Daniel Werner.

Daniel Werner: "Unser Zeil ist erreicht. Studiengebühren fürs Sommersemester
sind weg. Zwar nach wie vor mit der Betonung Erststudium. Zumindest aber schon mal abgeschafft. Ersatzmittel sollen kommen. Und was man so hört, soll auch unsere Mitbestimmung erhalten bleiben. Im Moment also, sehr zufrieden."

Damit die Qualität der Lehre an den Hochschulen nicht leidet, soll die entstehende Einnahmelücke in Höhe von etwa zehn Millionen Euro im Jahr aus Haushaltsmitteln ausgeglichen werden. Der Grünen-Landeschef, Hubert Ulrich, hat sich mit der Abschaffung der Studiengebühren ein Herzensanliegen erfüllt.

"Das Abschaffen der Studiengebühren, da sind wir auch stolz drauf."

Das darf Ulrich auch sein. Schließlich haben die Grünen in der noch kurzen Regierungszeit der saarländischen Jamaika-Koalition bereits zwei ihrer Kernthemen durchgesetzt und zwar jedes Mal gegen die politischen Überzeugungen ihrer bürgerlichen Partner. Ein gemeinsamer politischer Ansatz einer Regierungskoalition sieht anders aus, das wissen nicht nur CDU und FDP, das wissen auch die Grünen.

Die Saarbrücker Grünen, die im Rat der einzigen Großstadt im Land in rot–rot-grüner Konstellation zusammenarbeiten, stehen dem schwarz-gelb grünen Bündnis daher eher skeptisch gegenüber.

Collage: ""’Wenn wir das richtig machen, dann werden in drei bis vier Jahren vielleicht ein paar Wähler sagen, es war gut, dass sie in der Landesregierung waren, aber im Moment fehlt mir der Glaube.’

‚Ich sehe das etwas optimistischer, dass wir einen Fuß in der Landesregierung haben und in der Stadt.’
‚Ich bin kein Freund von Jamaika, aber ich unterstelle allen Beteiligten, dass es ein Erfolg wird, sie sind dazu verdammt.’"

Die Nagelprobe für Jamaika im Saarland wird kommen, wenn es um die große Schulreform geht, um die Verlängerung der Grundschulzeit, um eine Reform des Gymnasiums. An dieser Stelle werden zum einen gegensätzliche politische Grundüberzeugungen aufeinanderprallen. Zum anderen kostet eine große, gut gemachte Schulreform viel Geld. Geld, das das arme Saarland nicht hat.