100 Meter unterm Gras

Von Heinz-Jörg Graf |
Rolf Reifert leistet einen besonderen Beitrag zur Rekultivierung einer Mondkraterlandschaft mitten in Deutschland. Der Winzer aus dem Geiseltal - einem ehemaligen Braunkohlerevier bei Merseburg in Sachsen-Anhalt - bepflanzt seit vier Jahren eine stillgelegte Kohlehalde mit Müller-Thurgau-Reben. Und erfreut damit seine Kunden. Aus früheren Skeptikern sind inzwischen Liebhaber des Tropfens geworden.
Braunkohle war in der DDR der Energieträger Nr. 1. Nach der Wende wurden die meisten Tagebaue stillgelegt und eine jahrhundertealte Bergbautradition fand abrupt ihr Ende. Inzwischen ist viel passiert. Mit viel Aufwand und Geschick werden seit vielen Jahren verwüstete Tagebaulandschaften saniert und umgestaltet. Wo früher riesige Bagger die Kohle abtrugen, bilden sich heute Wald- und Seenlandschaften von eigentümlichen Reiz:

Wer herben Charme liebt und sich in die Weite des Blicks sehnsüchtig verlieren kann, ist hier gut aufgehoben. Ganz anders im Westen, im rheinischen Braunkohlegebiet. Dort wird die Erde weiter aufgerissen, verlieren Menschen ihre Heimat, müssen wegziehen. Ein Kohleblues aus dem vereinten Deutschland. Eine Lange Nacht über den Verlust von Arbeit und Identität und über neue Heimaten.

Braunkohle ist ein bräunlich-schwarzes, meist lockeres Sedimentgestein, das durch Carbonisierung von Pflanzenresten (Inkohlung) entstand und abgesehen von im Schnitt 50 Prozent Wasseranteilen in der Trockenmasse zu mehr als 50 Prozent des Gewichtes und mehr als 70 Prozent des Volumens aus Kohlenstoff besteht. Braunkohle ist ein Energieträger und wird vom Menschen als fossiler Brennstoff verwendet. Wikipedia: Braunkohle

Ortschaften werden als abgebaggert bezeichnet, wenn ein Tagebau, zum Beispiel Braunkohle sich auf besiedeltes Gebiet ausgedehnt hat, und daher Ansiedlungen aufgegeben werden mussten.

Homepage des Bundesverband Braunkohle

Schwer zu glauben, dass hier ein Naherholungsgebiet entstehen soll. Bis jetzt ist nur ein Loch zu sehen - ein Loch, so groß, dass hier einst sechzehn Dörfer Platz hatten. Doch wenn es nach den Menschen geht, die am Rande der Grube wohnen, werden sie in zehn, fünfzehn Jahren auf einen See blicken, auf den größten See Sachsen-Anhalts und den zwölftgrößten Deutschlands: auf den Geiseltalsee. Fast 300 Jahre ist im Geiseltal, fünfzehn Kilometer südöstlich der Kreisstadt Merseburg, Braunkohle abgebaut worden. Weiterlesen

geiseltalsee.com

Umweltlexikon des Instituts für angewandt Umweltforschung Katalyse

Eine Liste von Buchveröffentlichungen zum Thema Braunkohlerevier

Beispielsweise:
Hans Dieter Sauer
Neue Landschaft von Menschenhand - Sanierung des Lausitzer Braunkohlereviers
2003
Auszug: "Für die Sanierung des Lausitzer Braunkohlereviers wird ein Zeitraum von insgesamt 15 Jahren veranschlagt. Die Sanierung erfolgt dabei in mehreren Schritten. In einem ersten Schritt werden die Böschungen an den Restlöchern abgeflacht, damit nach der Flutung die Bevölkerung Zutritt zum Wasser hat. Da die Kippen überwiegend aus lockeren Sanden bestehen, die sich wassergesättigt beim kleinsten Anstoß verflüssigen können, wird mit Hilfe einer Rüttelvorrichtung der Untergrund durch Rütteln von unten nach oben stabilisiert. Um die Versauerung des Bodens durch das im Abraum vorhandene Pyrit, welches in einer chemischen Reaktion mit dem Luftsauerstoff Schwefelsäure bildet, zu verhindern, müssen bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen pro Hektar 100 bis 200 Tonnen Kalk in den Boden eingearbeitet werden, um die Säuren abzupuffern."

Lars Reifert trägt eine Arbeitskombi. Und eine Kappe. Ein Basecap. Er fährt einen fünfzehn Jahre alten roten BMW, der komisch aussieht, weil er höher gelegt ist. "Das ist die Federung. Damit wir im Gelände nicht aufsetzen", erklärt Reifert. Auf der Ablage liegen Postkarten von Anika Hortig. Sie trägt darauf ein weites Kleid, eine Schärpe, und sie lacht. Sie ist die Weinprinzessin des Geiseltals - quasi Reiferts eigene Weinprinzessin, denn er ist der einzige Winzer am Geiseltalsee in Sachsen-Anhalt. Vorerst.
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Den Winzer Rolf Reifert habe man erst belächelt, als er im Jahr 1997 begann, sich um ein Stück Mondlandschaft am Südhang der Abraumhalde Klobikau zu bemühen. Man dachte, der sammle nur komische Superlative: kleinstes Weinanbaugebiet der Region Saale-Unstrut, nördlichstes Anbaugebiet Deutschlands, eine Abraumhalde. Ha, ha, Glück auf, der Steiger kommt. Aber Reifert meinte es ernst. Er pachtete seinen Südhang, pflanzte Rebstöcke und nannte seine Sorte: "Der goldene Steiger". Weiterlesen

Der Energiekonzern Vattenfall hat seine Braunkohle-Pläne für die Lausitz bekannt gegeben. Langfristig sollen drei neue Tagebaue erschlossen werden. Etwa 900 Menschen müssen dafür ihre Heimatdörfer verlassen. Weiterlesen

Vattenfall Europe veredelt etwa fünf Prozent der im Lausitzer Revier geförderten Rohbraunkohle am Standort Schwarze Pumpe zu hochwertigen Brennstoffen wie Briketts, Braunkohlenstaub und Wirbelschichtbraunkohle. Weiterlesen

Der Rohstoff Braunkohle ist in Europa so bedeutsam wie nie zuvor. Um den zweifelsohne klimaschädlichsten Energieträger ist eine heftige Diskussion entbrannt. Nach den USA und China ist Europa der drittgrößte Kohle-Verbraucher. In Deutschland beträgt der Braunkohleanteil am Primärenergie-Verbrauch ca. 10 Prozent, doch der Anteil an den klimaschädigenden CO2-Emissionen ist doppelt so hoch. Dennoch will sich die Stromwirtschaft nicht von diesem Energieträger verabschieden.
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Kohle wird linkes Herzensanliegen
Die brandenburgische Landespartei Die Linke unterstützt die Volksinitiative gegen neue Braunkohle-Tagebaue in der Region. Für die Gegner der Kohleverstromung ist die Unterstützung ein Erfolg. Doch die große Koalition mauert weiter. Weiterlesen

Die Angst vor dem Loch in der Lausitz
In zwölf Jahren sollen die brandenburgischen Dörfer Atterwasch, Kerkwitz und Grabko dem Braunkohlebagger zum Opfer fallen. Unser Autor hat sie sich vorher noch einmal angesehen. Weiterlesen

"Braunkohle zurzeit unverzichtbar"
Klimaforscher hält aber ein Ausstiegsszenario für notwendig Weiterlesen

Gotteshaus auf Reisen
Die Dorfkirche aus dem sächsischen Heuersdorf muss der Braunkohle weichen
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Kohle gegen Kohle
Ein Dorf in der Lausitz musste dem Tagebau weichen. Den Umsiedlern fehlt es an nichts - nur eine Heimat haben sie am neuen Ort nicht gefunden.
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In Lichterfeld steht ein Gigant der Technik:
502 Meter lang, 202 Meter breit, 80 Meter hoch, 11.000 Tonnen schwer,
erzählt die ehemalige Abraumförderbrücke F60 von Geschichte und Gegenwart
des Braunkohlenbergbaus in der Lausitz. Mehr dazu

Niederlausitzer Bergbautour mit dem Fahrrad
Wohin die Radler in der Niederlausitz auch schauen, fallen ihnen Belege des intensiven Braunkohlebergbau ins Auge. Das sind auf der einen Seite noch aktive Abbaugebiete mit riesigen Baggern und andererseits nicht mehr betriebene Abbauflächen, von denen einige schon rekultiviert und zu Erholungslandschaften gestaltet wurden.
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Das Lausitzer Seenland entsteht mitten im Lausitzer Braunkohlerevier. Die meisten Tagebaue sind seit einigen Jahren stillgelegt. Sie werden nun durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Braunkohleverwaltungsgesellschaft saniert. Dies bedeutet vor allem die standsichere Modellierung von Kippen und Böschungen sowie die Flutung der durch den Abbau entstandenen Restlöcher.
In der Lausitzer Seenkette befindet sich der Sanierungsprozess in seiner letzten Phase. In ca. 3 Jahren wird die zukünftige Seenlandschaft fertig "gebaut" sein. Lediglich die Wiederherstellung eines sich selbst regulierenden Wasserhaushaltes wird weitere Jahre andauern.
Mit der Sanierung werden die Voraussetzungen für eine zukünftige Nutzung der Landschaft, beispielsweise durch den Tourismus geschaffen. Die Flächen werden Schritt für Schritt vermarktet und durch öffentliche oder private Träger entwickelt.
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Die "ENERGIE-Route Lausitzer Industriekultur" in Brandenburg und Sachsen. Zehn beeindruckende Zeugnisse der 150jährigen Industrie-Tradition im Lausitzer Revier sind darin zusammengeschlossen und erlebbar gemacht - vom Besucherbergwerk F60 über das KunstMuseum Dieselkraftwerk Cottbus, vom Bergbaumuseum Knappenrode bis zum aktiven Tagebau Welzow-Süd. Weiterlesen

Die Internationale Bauausstellung (IBA)
Fürst-Pückler-LandVon 2000 bis 2010 findet in der Lausitz die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land statt. Sie ist mehr als eine gewöhnliche Ausstellung - sie ist ein Zukunftsprogramm für die ehemalige Bergbauregion. Weiterlesen

Das Rheinische Braunkohlenrevier ist ein durch die Bodenschätze Braunkohle und in geringerem Maße Ton, Quarzsand und Löß und die darauf aufbauende Industrie geprägtes und umgestaltetes Bergbaurevier (Gebiet) am Nordrand der Eifel, des westlichen Teils des Rheinischen Schiefergebirges in den Landschaften Zülpicher- und Jülicher Börde, Erftniederung und der Ville westlich von Köln.
Wikipedia: Das Rheinische Braunkohlenrevier
Dörfer auf der Roten Liste
Seit den 1950er Jahren und bis zum Jahre 2045 werden - wenn die Bagger nicht gestoppt werden - etwa 45.000 Menschen zugunsten der Braunkohlengewinnung im Rheinland aus ihrer Heimat vertrieben worden sein. Mindestens 130 Ortschaften und Weiler mit zum Teil Jahrtausende alter Siedlungskontinuität werden dann zerstört worden sein - auch wenn sie an anderer Stelle wieder neu entstehen. Eine gemeinsame Umsiedlung bleibt meistens ebenso Fiktion, wie ein vollständiger Erhalt der sozialen Strukturen.
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Die Apokalypse von Otzenrath - Rundgang durch ein sterbendes Dorf


Die Apokalypse von Otzenrath - Teil II - Rundgang durch ein gestorbenes Dorf

Der Tagebau Garzweiler erstreckt sich westlich von Grevenbroich im Kreis Neuss bis zur Autobahn 44 (Aachen-Düsseldorf). Die Braunkohle ist dort in drei Flözen abgelagert, die zusammen durchschnittlich 40 Meter stark sind. Die Kohle liegt zwischen rund 40 und maximal 160 Meter tief unter der Erdoberfläche. Sie dient ausschließlich zur Stromerzeugung in den nahe gelegenen Kraftwerken. Gleichzeitig bewegte der Tagebau Garzweiler jährlich gut 140 Millionen Kubikmeter Abraum, also Löß, Sand und Kies.
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Streit um Braunkohletagebau Garzweiler spitzt sich zu
BUND-Klage gegen Zwangsräumung
Die langjährige juristische Auseinandersetzung um den umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler II geht in die entscheidende Phase. Jetzt hat der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Klage gegen die von der Bezirksregierung Arnsberg verfügte Zwangsräumung seiner Obstwiese im Tagebau eingereicht. Angesichts der ungebremst fortschreitenden Erderwärmung und deren dramatischer Folgen für Mensch und Natur sei die Gewinnung und Nutzung des Klimakillers Braunkohle nicht zu rechtfertigen, so die Umweltschützer. Weiterlesen - hier finden Sie viele weiterführende Links zum Protest gegen den Braunkohletagebau im Rheinland

Landschaft und Natur lässt sich im Naturpark Rheinland vielseitig erleben. Dort, wo noch bis vor kurzer Zeit Braunkohle abgebaut wurde, ist wieder eine ökölogisch wertvolle Landschaft entstanden. Heute können im Naturpark wieder seltene Tier- und Pflanzenarten beobachtet werden. An zahlreichen Seen auf der Ville wird aber auch gebadet und nahezu jede Wassersportart ausgeübt.
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