100 Jahre Nobelpreis für Albert Einstein

Warum das Genie jahrelang übergangen wurde

07:47 Minuten
Albert Einstein sitzt an einem Schreibtisch, auf dem eine Lampe brennt, im Hintergrund Bücherregale
Albert Einstein um das Jahr 1920. Da war er schon unzählige Male für den Nobelpreis vorgeschlagen worden, sagt Jürgen Renn. © imago / Everett Collection
Jürgen Renn im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 24.08.2021
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Albert Einstein war der bedeutendste Wissenschaftler seiner Zeit. Dennoch erhielt er den Nobelpreis erst 1921, ein Jahr später rückwirkend vergeben, also lange nach der Relativitätstheorie. Eine "dramatische Geschichte", findet Historiker Jürgen Renn.
Es ist die berühmteste Entdeckung Albert Einsteins: die Relativitätstheorie. Und doch wurde er dafür nicht mit dem Nobelpreis geehrt. Nicht nur das: Ein Jahrzehnt wurde ihm der Preis geradezu vorenthalten. Die Begründung dafür ist so einfach wie bestürzend, wie der Wissenschaftshistoriker Jürgen Renn erklärt.
"Die Geschichte ist wirklich dramatisch", sagt der Direktor des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte. "Einstein wurde seit 1910 etwa 60 Mal für den Nobelpreis vorgeschlagen." Das schwedische Komitee habe sich aber "strikt geweigert, ihm den Nobelpreis zuzuerkennen". Der Grund: Der zeitweilige Vorsitzende, ein Ophtalmologe, habe die Theorie schlicht nicht verstanden. Dann sei allerdings der internationale Druck gewachsen.
Einstein habe den Nobelpreis für Physik dann 1922 für seine Erklärung des fotoelektrischen Effektes bekommen, rückwirkend für 1921. Man habe damals immer auf "irgendeinen Effekt" geachtet, eine "Beobachtung", so Renn. "Das Nobelkomitee hat vor allem solche experimentellen Arbeiten ausgezeichnet." Theoretisches wie die Relativitätstheorie sei damals umstritten gewesen – im Gegensatz zu heute.
Albert Einstein steht rechts von seiner Frau Elsa in Washington im Jahr 1921
Als Einstein – hier mit seiner zweiten Ehefrau Elsa – von der Auszeichnung erfuhr, war er auf Weltreise und gerade in Japan.© imag/ZUMA Wire / JT Vintage
Als Einstein von der Auszeichnung erfuhr, war er auf Weltreise und gerade in Japan. Zur Preisverleihung fuhr er nicht. "Das war so klar, dass Einstein der bedeutendste Wissenschaftler seiner Zeit war, dass er das im Grunde auch nicht nötig hatte", so Renn. Gerechnet habe er aber längst mit dem Nobelpreis: Das Geld hatte er bereits zuvor seiner geschiedenen Frau zuerkannt, als Absicherung. "Das war schon ein sehr souverändes Verhalten, wenn man so will", sagt Renn.
Den Ruhm des Nobelpreises habe Einstein dann auf seiner Reise "sehr systematisch für Völkerverständigung" eingesetzt. Er sei in der Zeit wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg ein "Missionar der Internationalität der Wissenschaft" gewesen. Dies umso mehr, als sich Einstein gegen den Krieg ausgesprochen hatte und als einer der wenigen deutschen Wissenschaftler im Ausland "wohlgelitten" war.
(bth)
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