100. Geburtstag von Åke Hodell

Erst Bomberpilot und dann Text-Sound-Komponist

05:29 Minuten
Der Soundkünstler Ake Hodell
Der Soundkünstler Ake Hodell © www.havremagasinet.se
Von Paul Paulun · 21.01.2019
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Åke Hodell war einer der Wegbereiter der Text-Sound-Kunst, also der schwedischen Variante des Lautgedichts und er hat 16 Hörspiele für das schwedische Radio realisiert. Nun erscheint die Neuauflage einer CD-Box mit vielen seiner Arbeiten.
Nach einer Botschaft muss man bei Åke Hodell nicht lange suchen. Einige seiner Hörstücke aus den Sechzigerjahren wirken sogar agitatorisch und sind doch von künstlerischer Finesse. Als der Black-Panther-Aktivist Eldridge Cleaver 1968 untertauchte und viele befürchteten, er wäre ermordet worden, entstand "Where is Eldridge Cleaver?" – ein wütendes Avantgardestück, in dem die Revolution ausgerufen wird.

Durch das Element des Sounds getragene Stücke

Nachdem Komponisten und Dichter in Schweden bereits mehrere Jahre mit streng angeordneten Verbindungen aus Sprache und Klang experimentiert hatten, bekam diese Kunstform 1967 einen Namen: Text-Sound.
"Es muss nicht unbedingt Sprache sein, es kann auch eine Phantasiesprache sein. Die Stücke werden durch das Element des Sounds getragen. Wir haben da eine etwas merkwürdige Definition in Schweden: Auch jemand, der Gedichte auf eine merkwürdige Art vorträgt, kann ein Text-Sound-Künstler sein."
Mats Lindström hat die Dreier-CD-Box zusammen mit Åke Hodell kurz vor dessen Tod im Jahr 2000 konzipiert. Heute ist er Direktor des 1964 gegründeten Studios für Elektronische Musik, wo viele der frühen Text-Sound-Arbeiten produziert wurden.
Den Startschuss dazu gab Åke Hodells Stück "General Bussig" von 1963, zu deutsch: "General Kumpel". Darin macht er sich lustig über eine Reform beim schwedischen Militär, mit der das Prinzip des Kadavergehorsams abgeschafft und durch flache Hierarchien ersetzt wurde.
Hodell war Antimilitarist, und diese Haltung hatte auch mit seinem Absturz als Pilot eines Kampfflugzeugs 1941 zu tun. Er überlebte schwer verletzt und lag danach zwei Jahre im Krankenhaus: "Er identifizierte sich stark mit den Piloten, die Hiroshima und Nagasaki bombardierten. Sein erster Gedichtband 'Fliegender Pilot' handelt von einem Piloten, der sich der Anordnung widersetzt, eine Bombe abzuwerfen. Dann, als er dabei ist, sein Ziel ins Visier zu nehmen, sieht er ein paar Mädchen auf einer Brücke und dreht ab."

Zunächst politischer Protest, später nachdenklichere Stücke

In seinem Stück USS Pacific Ocean beschreibt Hodell 1968 den Zwischenfall mit einem außer Kontrolle geratenen Atom-U-Boot, während das Leben an Land seinen gewohnten Gang geht.
Nach dem Tod seiner ersten Frau veränderten sich Hodells Stücke. Die Arbeiten seiner Anfang der Siebzigerjahre begonnenen Serie "Elektronisches Fegefeuer" waren nicht mehr explizit politisch, sondern nachdenklicher, suchend und mehr auf den Sound als solchen ausgerichtet.
Beim Stück "Djurgården-Fähre über den Styx" etwa bricht Hodell von Stockholm aus über den Fluss in der Unterwelt ins Totenreich auf. Im Gepäck das Verdienst, die Verschmelzung von Lautgedicht und Hörspiel vorangebracht zu haben, was ohne die Experimentierfreudigkeit des schwedischen Radios, in dessen Auftrag er seine Stücke produzierte, nicht möglich gewesen wäre.
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