Widerstand in Zeiten der Globalisierung

Von Wolfgang Martin Hamdorf · 26.12.2011
In Deutschland ist die spanische Regisseurin Iciar Bollaín mit zwei sensiblen und sozialkritischen Filmen über Frauchenschicksale bekannt geworden, mit "Blumen aus einer anderen Welt" und "Öffne deine Augen". Das Drehbuch zu ihrem neuen Film hat ihr Ehemann geschrieben, der Schotte Paul Laverty, der besonders durch seine Drehbücher für den Altmeister des sozialen Kinos Ken Loach bekannt geworden ist. Neben prominenten Schauspielern wie dem Spanier Luis Tosar und dem Mexikaner Gael Garcia Bernal arbeiten in "Und dann der Regen" auch viele bolivianische Laiendarstellern mit.
Filmausschnitt: " ... und wir verlangen, dass ihr den König und die Königin von Spanien als Herrscher dieser Länder anerkennt." "Im Gegenzug erhaltet ihr von uns unsere Liebe und unsere Fürsorge." "Und wenn wir nicht wollen?" "Capitan?" "Wenn nicht, dann machen wir euch zu Sklaven und werden nach Belieben über Euch verfügen. Und wir nehmen Euch Euren gesamten Besitz weg, und wir werden Euch Schmerzen zufügen, soviel wir können!" "

Mit eiserner Hand unterwirft Christoph Kolumbus die Einheimischen. Einer leistet Widerstand, der Häuptling Hatuey, und zwei Priester stellen sich dem Völkermord durch die spanischen Konquistadoren entgegen. All das soll im Jahr 2000 in einem spanischen Spielfilm nachinszeniert werden. Aus Kostengründen allerdings nicht in den Originalschauplätzen in der Karibik, sondern im Dschungel Boliviens, denn hier ist die Infrastruktur gut, und die Statisten sind billig.

Aber Idealismus wie Pragmatismus des Filmgeschäfts geraten in den Strudel der Ereignisse: Die indigene Bevölkerung rebelliert gegen die Privatisierung der Wasserwerke in der bolivianischen Stadt Cochebamba. Es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen mit Militär und Polizei. Im Filmteam verschieben sich die Rollen: Der zynische Pragmatiker wird zum Widerständler, der Idealist zum Feigling.

"Und dann der Regen" (También la Lluvia) ist ein "Film im Film", aber auch ein effektreiches Historiendrama, ungewöhnlich für die spanische Regisseurin Iciar Bollaín, die bisher durch psychologisch sensible und sozial engagierte Frauenfilme auf sich aufmerksam gemacht hat:

Iciar Bollaín: " Ja, es ist ein Film für Jungs, von Frauenfilm kann man hier nicht mehr sprechen: Wir haben eine gute mexikanische Schauspielerin in einer Nebenrolle und einige bolivianische Frauen, aber die eigentliche Handlung wird von Männern getragen. Das Drehbuch von Paul Laverty erzählt eine sehr ambitionierte Geschichte, die ganz unterschiedliche Handlungsstränge miteinander verbindet, das Filmteam, Kolumbus und den "Wasserkrieg". Es ist auch ein Action-Film, ich sah mich schon mit sich überschlagenden Autos und zwei- dreihunderttausend Statisten und sagte zu Paul: Wie stellst du dir das denn vor? Aber am Ende war es eine ganz wunderbare Erfahrung; Der Film hat uns alle bis an die Grenze unserer Belastungsfähigkeit getrieben, aber ich bin stolz auf das Resultat, unsere Anstrengungen haben sich gelohnt!" "

Auf drei Erzählebenen beschreibt "También la Lluvia" (Und dann der Regen) die 500-jährige Unterdrückung der indigenen Bevölkerung auf dem lateinamerikanischen Subkontinent: Ging es am Anfang noch um Gold, wird den Menschen am Ende selbst das Regenwasser gestohlen. Für den Drehbuchautor geht es bei der Geschichte um eine lange Tradition des Kampfes einfacher Leute um elementare Grundrechte:

Paul Laverty: "Deswegen ist Hatuey, der Anführer des einheimischen Widerstandes, so wichtig, aber auch die Bevölkerung, die 500 Jahre später um Trinkwasser kämpft: gegen Militär und Polizei, gegen die Interessen der Regierung, aber auch gegen IWF und Weltbank. Das klingt alles sehr abstrakt, aber es ging darum, dass Menschen, die 70 Dollar im Monat verdienen, davon plötzlich 20 Dollar nur für Wasser bezahlen müssen, Wasser wird teurer als Essen. Sie kämpften für den Zugang zu sauberem Trinkwasser, damit sie nicht von billigem verschmutztem Abwasser abhängig sind. Sie hatten gar keine andere Möglichkeit, als sich zur Wehr zu setzen, trotz der Hunderte schwer verletzter und toter Demonstranten in der Stadt und im Umland."

Geschickt vereint der Film bekannte Schauspieler und einheimische Laien: Für Juan Carlos Aduviri war sein Schauspieldebüt gleich eine Doppelrolle. Er spielt sowohl Hatuey, den Führer der Aufständischen gegen die spanischen Eroberer, als auch Daniel, den jungen indigenen Bolivianer, der im Jahre 2000 gegen den Ausverkauf seiner Heimat kämpft, gegen Militär und Polizei.

Juan Carlos Aduviri: "Es gibt eine sehr schöne Szene, wenn Costas, der Produzent im Film, Daniel Geld anbietet, damit er nicht mehr zu den Demonstrationen geht. Daniel nimmt das Geld an, gegen seine Prinzipien. Aber wieder gegen seine Prinzipien betrügt er Costas und geht trotzdem zu den Demonstrationen. Das hat mir sehr gut gefallen, dass hier keine Heiligenfiguren vom edlen Indio aufgebaut werden. Nein, Daniel ist menschlich, er ist fehlbar, und das wird an vielen Stellen im Film deutlich."

"Und dann der Regen" ist kein Pamphlet in harten Schwarz-Weiß-Kontrasten und auch kein revolutionäres Rührstück. Der Film erzählt vielmehr spannend vom Filmgeschäft und vom Widerstand in Zeiten der Globalisierung und von Feigheit und Mut in Zeiten der Revolte.

Website zum Kinofilm "Und dann der Regen"