Welttag der Philosophie

Das Leben hinterfragen

Die Büste des griechischen Philosophen Platon, aufgenommen im bayerischen Landtag in München
Die Büste des griechischen Philosophen Platon, aufgenommen im bayerischen Landtag in München © picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Catherine Newmark im Gespräch mit André Hattig · 17.11.2016
Diskussionsrunden, Philosophy-Slams, Tagungen: Hunderte Veranstaltungen finden am Tag der Philosophie weltweit statt. Welche Bedeutung die traditionsreichste aller Wissenschaften heute hat, erklärt Catherine Newmark, Redakteurin des Magazins "Sein und Streit".
Er findet immer am dritten Donnerstag im November statt: Mit dem heutigen Welttag will die Unesco seit über zehn Jahren der Philosophie zu größerer Anerkennung verhelfen und der philosophischen Lehre Auftrieb verleihen. Die "Liebe zur Weisheit" lautet die Übersetzung von Philosophie ins Deutsche. Die Frage, was die traditionsreichste aller Wissenschaften genau ist, lasse sich allerdings nicht so einfach beantworten, sagte Catherine Newmark im Deutschlandradio Kultur.
"Ich glaube, das schaffen die allerwenigsten Philosophen. Und wenn es überhaupt Bücher zum Thema 'Was ist die Philosophie?' gibt, dann werden sie meistens ganz am Ende eines langen Lebens geschrieben - und sind dann sozusagen auch noch vorsichtig suchende Bücher", so die Redakteurin des Philosophiemagazins "Sein und Streit" im Deutschlandradio Kultur.

Die prägnante Definition bleibt schwierig

Hauptproblem einer prägnanten Definition sei die große Bandbreite der Philosophie: Sie reiche von einem eher allgemeinen Nachdenken und Hinterfragen des Lebens und der Welt an sich bis zu einer sehr spezialisierten akademischen Philosophie, die sich mit logischen Gedankenexperimenten beschäftigt, erläutert Newmark. Besonders spannend findet sie aktuelle philosophische Strömungen, die konkrete Veränderungen im Verhalten und Handeln der Menschen zum Ziel haben. Der effektive Altruismus sei ein solches Beispiel und der australische Philosoph und Ethiker Peter Singer einer seiner Vertreter.
Catherine Newmark
Catherine Newmark© Foto: privat
Selbstverständlich lohne sich auch der Blick in die Vergangenheit: Die Klassiker von Platon, Aristoteles, Spinoza oder Kant werden immer wichtig sein, ist sich Newark sicher. Auch die politische Philosophie habe nicht an Relevanz verloren, wenn sie sich etwa mit der Funktionsweise der Demokratie beschäftige. Newmark betonte in diesem Zusammenhang die "brandaktuellen" Schriften von Axel Honneth, einem heutigen Vertreter der Frankfurter Schule, der sich intensiv mit dem Thema Anerkennung beschäftigt.

Denker mit weniger Berührungsangst

"Totgesagte leben länger", kommentierte Catherine Newmark einen vermeintlichen Niedergang der Denker. Sie freut sich, dass besonders akademische Philosophen heute keine Berührungsängste hätten und sich bereitwillig und verständlich in der großen Öffentlichkeit zu Wort meldeten:
"Ich glaube vor 20 Jahren war das tatsächlich noch ein Affront, wenn ein akademischer Philosoph irgendwo in einer Talkshow im Fernsehen saß, und versuchte, etwas zu sagen. Seine Kollegen haben ihm das sehr übelgenommen."

Literaturtipps
Für Einsteiger ins Thema Philosophie empfiehlt Catherine Newmark den Klassiker "Einführung in die Philosophie" von Karl Jaspers aus dem Jahr 1950 und "Moralische Klarheit" von der US-Philosophin Susan Neiman von 2010.

(hum)
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