Warum die Bundeswehr Drohnen braucht

Von Detlef Buch · 12.02.2013
Unbemannte Waffensysteme, sogenannte Drohnen, haben aus militärischer Sicht viele Vorteile - aus ethischer Sicht aber sind sie umstritten. Der Militärsoziologe Detlef Buch weist die Kritik zurück. Der Zweck des Militärs bestehe in der Ausübung physischer Gewalt. Dies dürfe nicht verdrängt werden.
Wieder einmal werden unnötig Ängste um den Kauf und den Einsatz von Waffensystemen geschürt. Die Ängste bedienen deutsche anti-militärische Phobien und gehen komplett an der Realität vorbei – auch dieses Mal beim Thema Drohnen.

Zunächst einmal wäre es besser, viel besser, eine Übersetzung aus dem Englischen zu Rate zu ziehen: Dort heißen die Drohnen nämlich "Unmanned Aircraft Systems", also unbemannte fliegende Systeme. Und manch einer wird es kaum glauben, aber die Bundeswehr setzt sie seit Jahren erfolgreich ein. Sie heißen Heron 1, ALADIN, Mikado, Luna oder KZO. Bisher dienen sie zum Beispiel zur Aufklärung von Zielen oder sollen feststellen, ob der Einsatz anderer Waffensysteme erfolgreich war, sprich zur Trefferanalyse.

Solche fliegenden Killermaschinen, wie manch einer sie gerne bezeichnet, passen nicht ins Selbstbild unserer Gesellschaft. Denn die lehnt Gewalt zunehmend ab und orientiert sich an femininen Normen und Werten. Begriffe wie Kampf, Ehre, Stolz, Sterben, Krieg und Töten und Getötetwerden sind quasi verbannt aus dem kollektiven Miteinander. Ersetzt wurden sie durch Begrifflichkeiten wie Verständnis, Konsensfähigkeit und Frieden.

Natürlich sind das lautere und erstrebenswerte Tugenden. Nur verkennen sie völlig die Situation, in der sich deutsche Soldaten befinden – jene Männer und Frauen, die unser Souverän in den Kampfeinsatz ans Ende der Welt schickt. Im Militär herrschen Härte und Entbehrungen. Das ist auch in der demokratisch kontrollierten Parlamentsarmee Bundeswehr so. Unsere Gesellschaft verdrängt gerne, wozu Militär eigentlich da ist und wozu es ausgebildet wird: schlichtweg zur Anwendung physischer Gewalt. Doch das ist der Kern des Militärischen. Und ob die Mittel der Gewaltanwendung nun Kampfdrohnen, Panzerhaubitzen oder Eurofighter heißen, ist letztlich ganz egal.

Die Debatte um Drohnen für die Bundeswehr ist deshalb in Wahrheit eine Debatte darüber, wie viel Realität unsere Gesellschaft verträgt.

Letztendlich kann eine Drohne mit ihrer Bewaffnung nur das leisten, was ein bemanntes Flugsystem mindestens auch leisten kann: Sie kann aufklären und ein zuvor definiertes Ziel aus der Luft angreifen. Und dabei kann sie noch präziser feuern, als es bemannte Kampfflugzeuge mit ihrer Präzisionsbewaffnung heute können. Die wichtigsten Vorzüge von Drohnen sind die geringeren Kollateralschäden, ein geringeres Risiko für die eigenen Soldaten und geringere Kosten als für bemannte Flugzeuge.

Außerdem sind sie die logische Konsequenz aus den vielen konzeptionellen Vorgaben und Papieren, die in und um die Bundeswehr in den letzten 20 Jahren verfasst wurden. Die Bundeswehr soll eine moderne Einsatzarmee werden, die am Hindukusch und überall auf der Welt kämpfen kann. Das ist die Realität im Jahr 2013!

Dies soll kein Plädoyer für jegliche Legitimation von Gewalt sein, nein keineswegs. Dies ist ein Plädoyer dafür, unsere Soldatinnen und Soldaten, die im Auftrag und zum Schutz des deutschen Volkes ihren Dienst in lebensgefährlichen Krisengebieten dieser Welt vollziehen, bestmöglich auszubilden und auszurüsten. Und wenn dazu Drohnen gehören, so kann man nur mit Nachdruck dafür votieren.

Wer nun einwirft, diese unbemannten fliegenden Systeme könnten die Einsatzschwelle senken und verdeckte oder nicht legitimierte Kampfmaßnahmen ermöglichen, der zweifelt an unserer Demokratie. Er zweifelt am Deutschen Bundestag, der die Bundeswehr mandatiert. Und er zweifelt an unseren Soldatinnen und Soldaten, indem er ihnen latent zutraut, sich abseits ihrer politischen Vorgaben und Verhaltensrichtlinien zu bewegen, um Parlament und Volk zu täuschen.

Solche Zweifel sind nicht akzeptabel und sollten kein Maßstab in der derzeitigen Diskussion sein.

Detlef Buch, Jahrgang 1974, ist Militärsoziologe. Der Mecklenburger und Wahlberliner hat in München Soziologie, Psychologie und Erziehungswissenschaften studiert. Heute arbeitet er für die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und forscht zum Verhältnis zwischen Militär und Gesellschaft.
Der Militärsoziologe Detlef Buch
Der Militärsoziologe Detlef Buch© Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
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