Vor 50 Jahren

Die Uraufführung von "2001: Odyssee im Weltraum"

Die Raumstation in Stanley Kubricks Science-Fiction-Film "2001 - Odyssee im Weltraum" erzeugt künstliche Schwerkraft, indem sie sich um ihre eigene Achse dreht
Umgeben vom kalten Nichts: Die Raumstation in "2001: Odyssee im Weltraum": © imago / Entertainmen tPictures
Von Katja Nicodemus |
Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" ist einer der einflussreichsten Science-Fiction-Filme überhaupt - ideenprägend für Regisseure wie Steven Spielberg und George Lucas, aber auch für Raumfahrt- und Computertechniker. Vor 50 Jahren wurde er in New York uraufgeführt.
Nie zuvor hatte ein Schnitt in einem Film drei Millionen Jahre übersprungen: Da ist der urzeitliche Affe, der einen Knochen als Mordinstrument gegen seine Artgenossen verwendet und in die Luft wirft. Dann das zu einem Strauß-Walzer im Weltall schwebende Raumschiff. Immer wieder hat das Kino die Zukunft geträumt. Stanley Kubrick jedoch hat diese Zukunft, die heute Vergangenheit ist, in seinem Film "2001: Odyssee im Weltraum" so präzise und mit irritierenden Details entworfen, dass sie noch immer, auf zeitlose Weise futuristisch wirkt. Etwa durch das eine fremde Wort beim "Televisionsgespräch" des Astronauten mit seiner kleinen Tochter.
"Hast Du einen besonderen Wunsch?"
"Ja!"
"Was denn?"
"Ein Buschbaby!"
"Ein Buschbaby? Na, ich werd' mal sehen, was sich da machen lässt."

Opernhaft und visionär

"2001: Odyssee im Weltraum", uraufgeführt am 3. April 1968 in New York, ist eine Space Opera im Gewand einer Expedition zum Jupiter. Opernhaft ist der rätselhafte schwarze Monolith im Licht des aufgehenden Planeten. Opernhaft ist die Reise des Astronauten David Bowman im letzten Drittel des Films, eine visionäre Sternfahrt, verfolgt von Bowmans zuckendem, weit aufgerissenem Auge. Diese entfesselte Lichtorgie kann auch deshalb abheben, weil Kubrick zu Beginn des Films einen realen, geradezu bodenständigen Weltraumalltag zeigt, entworfen von dem Produktionsdesigner Ernest Archer. Etwa ein, dem Hilton nachempfundenes Hotel, auf dessen knallroten Sesseln russische und amerikanische Weltraumgesandte höflich Konversation machen.
"Na, können wir dich nicht doch dazu überreden, einen Schluck mit uns zu trinken?"
"Nein, bestimmt nicht, ich muss jetzt wirklich gehen."
Drinnen die Hotellobby, draußen die Unendlichkeit. Hier die Menschen in ihrer zivilisatorischen Metallhülle, dort das kalte Nichts. Das Weltall wird im Verlauf von Kubricks Film immer präsenter, bedrohlicher, mysteriöser. In "2001: Odyssee im Weltraum" ist es nicht Hintergrund, sondern poetische Grundlage des Films. In einem seiner seltenen Interviews erklärte Stanley Kubrick, weshalb er das Drehbuch zusammen mit dem Science-Fiction Autor Arthur C. Clarke schrieb.
"Er ist für mich der poetischste Science-Fiction-Schriftsteller, der wissenschaftlich informierteste, seine narrativen Ideen sind unglaublich. Er hält das hoffnungslose, aber bewundernswerte Streben der Menschen fest, nach etwas zu suchen, was sie nie erreichen können. Es gibt da ein Gefühl der Traurigkeit, des Verstreichens der Zeit, der Einsamkeit der Welten."

Computer mit aalglatter Stimme

Als Kubricks Film 1968 herauskam, wurden ihm seine Zivilisations- und Technikkritik vorgeworfen. Heute, in den Zeiten der uns alle beherrschenden Smartphones, Algorithmen, Internetkonzerne, kann man nur darüber staunen, wie visionär HAL 9000, der Bordcomputer des Raumschiffs, ist. Ein Elektronengehirn mit aalglatter Stimme. Ein Superdenker, der die Funktionen des menschlichen Gehirns simulieren kann, aber nicht dessen Fehler.
"Kein Computer der Serie 9000 hat jemals einen Fehler gemacht oder unklare Informationen gegeben. Wir irren uns nie."

Aufbruch ins reine Kino

Hal wird dennoch einen Fehler machen - und gegen seine Abschaltung kämpfen. Die Technik richtet sich gegen den Menschen. Das Geschöpf gegen seinen Schöpfer. Der Computer versucht dem draußen in einer Reparaturkapsel schwebenden, im schalltoten Nichts schwer atmenden Astronauten die Rückkehr ins Raumschiff zu verwehren.
"Öffne das Gondelschleusentor."
"Es tut mit leid, Dave, aber das kann ich nicht tun."
"Wovon redest du überhaupt, Hal?"
"Ich weiß, dass ihr beide geplant habt, mich abzuschalten. Und ich glaube, dass ich das nicht zulassen darf."
Stanley Kubrick hat gesagt, im Mittelpunkt seines Films stehe der Gottesgedanke. Womöglich sind die Lichtorgien, ist die psychedelische Fahrt am Ende von "2001" eine Audienz bei etwas, was man Gott nennen könnte. In den letzten 22 Minuten wird - wie in den ersten 26 Minuten - kein Wort gesprochen. Was soll auch gesagt werden bei diesem Aufbruch in die Sphäre jenseits der begriffssprachlichen Logik, in die vierte Dimension, in die Unendlichkeit, ins reine Kino.
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