Trumpmania

Vorsicht vor der One-Man-Show

US-Präsident Donald Trump spricht zu der "American Legion Boys Nation and the American Legion Auxiliary Girls Nation" im Rosengarten des Weißen Hauses in Washington, DC, am 26. Juli 2017.
US-Präsident Donald Trump © dpa / Chris Kleponis
Von Volker Depkat · 15.08.2017
Donald Trumps Selbstdarstellung und das häufige Schmunzeln darüber lassen den Eindruck entstehen, die Welt habe es mit einem Polit-Clown zu tun. Das täusche, warnt Volker Depkat. Stattdessen sei der US-Präsident ein Förderer des ungehemmten Kapitalismus.
Bereits im Wahlkampf hatte Donald Trump nur eine Botschaft - und zwar sich selbst. Das setzt sich nun in seiner Präsidentschaft mit einer exzessiven Personalisierung von Politik fort. In Trumps politischem Universum geht es nur um Personen und nicht um Positionen, um Selbstdarstellung und nicht um Sachpolitik, um Charisma und nicht um Kompetenz.
Diese von Trump gezielt betriebene und vom staunenden Publikum willig angenommene Personalisierung von Politik ist gefährlich, denn der Fokus auf die Person Trumps verstellt den Blick auf die Politik, die von ihm ja trotz allem gemacht wird.

Trumps Personalpolitik: Böcke zu Gärtnern machen

Zwar gibt es noch kein Gesetzgebungsvorhaben, das sich mit seinem Namen verbindet, doch als Chef des Behördenapparates und als Oberkommandierender der Streitkräfte hat Trump bereits weitreichende Entscheidungen getroffen. Man sollte deshalb vor allem darauf achten, welche Leute er mit Ämtern betraut, aus welchem Geist heraus sie ihr Amt betreiben, und wie sie die Gesetze interpretieren, die sie umzusetzen haben.
Schaut man auf die Personalpolitik, so sind hier vielfach Böcke zu Gärtnern gemacht worden. Scott Pruitt, der Leiter der Umweltschutzbehörde, hat diese lange Jahre als überflüssig und wirtschaftsfeindlich bekämpft, vor allem deshalb, weil er nicht an den Klimawandel glaubt. Folglich hat er in seiner bisherigen viermonatigen Amtszeit bereits 30 Umweltschutzbestimmungen abgeschafft oder deren Durchsetzung blockiert, wofür er ein besonderes Lob des Präsidenten erhielt.

Gründer einer Investmentfirma soll Banken kontrollieren

Ebenso fällt auf, dass die von Trump unmittelbar nach seiner Amtseinführung für viele Regierungsbehörden eingesetzten De-Regulierungsteams ganz überwiegend mit Leuten besetzt wurden, deren Biografien und Interessen aufs Engste mit Konzernen und Großbanken verflochten sind. Und mit Randal K. Quarles hat Trump soeben den Gründer einer Investmentfirma für den Posten des stellvertretenden Chefaufsehers über die Investmentbanken im Vorstand des Zentralbanksystems der USA nominiert.
Anderswo treiben Trump und sein Kabinett der golfenden Generäle und Milliardäre die Deregulierung durch Umstrukturierung von Behörden gezielt voran. Zurzeit auf dem Prüfstand: das "Consumer Financial Protection Bureau", das nach der Finanzkrise von 2008 eingerichtet wurde, um Sparer, Kleinanleger und Häuslebauer vor unseriösen Geschäftspraktiken des Finanzsektors zu schützen.
Die Kompetenzen dieser Behörde will die Trump-Regierung massiv beschneiden - und sie reklamiert für sich, dies im Rahmen exekutiver Vollmachten auch ganz ohne Votum des Kongresses tun zu dürfen.

Förderer des ungehemmten Kapitalismus

Dies geht alles in eine Richtung: Die staatliche Aufsicht über den Banken- und Finanzsektor wird massiv gelockert, was zusammen mit radikalen Steuersenkungen für Großunternehmen und dem Schutz amerikanischer Firmen vor ausländischer Konkurrenz das amerikanische Wirtschaftswachstum ankurbeln und Amerika wieder groß machen soll. Über diesen, unterhalb des Gesetzgebungsradars sich vollziehenden Abbau des administrativen Staates sollten wir reden – nicht über die grotesken Ausfälle des 45. Präsidenten, der nur scheinbar ein Polit-Clown ist.
Der Geschäftsmann im Weißen Haus findet seine Vorbilder nicht in Ronald Reagan, George W. Bush oder sonst einem Republikaner der Gegenwart. Sein Bezugspunkt ist jemand wie der Selfmademan und Stahlmagnat Andrew Carnegie, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts meinte, dass erfolgreiche Geschäftsmänner viel besser als Politiker wüssten, wie man soziale Probleme löse, nämlich durch den reinen, ungebändigten Kapitalismus, weil der so viel Wohlstand an der Spitze produziere, dass es am Ende allen besser gehe.

Volker Depkat, geboren 1965, ist Historiker und Professor für Amerikanistik an der Universität Regensburg. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen die Geschichte Nordamerikas in kontinentaler Perspektive von der Kolonialzeit bis in die Gegenwart und die Geschichte der europäisch-amerikanischen Beziehungen seit dem Beginn der europäischen Expansion. Im vergangenen Jahr ist seine "Geschichte der USA" bei Kohlhammer in Stuttgart erschienen.

Der Historiker und Professor für Amerikanistik Volker Depkat
© Jasmin Falk
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