Theater im Aufbau Haus

Eine Bühne unter kollektiver Leitung

Haus des Aufbau-Verlags in Berlin
Soll dauerhaft ein Theater für transnationales und Exiltheater beherbergen: das Haus des Aufbau-Verlags am Moritzplatz in Berlin. © imago
Mirjam Schmuck im Gespräch mit Janis El-Bira · 27.01.2018
Das Berliner Theater im Aufbau Haus wird neu gegründet. Geleitet wird es von einem Kollektiv, innerhalb dessen jeder Einzelne für eine gewisse Zeit "bestimmte Rollen bekleiden" darf, sagt Mirjam Schmuck vom neuen Leitungsteam.
In Berlin entsteht ein neues Theater. Die bislang eher gelegenheitsweise bespielte Bühne im Haus des Aufbau-Verlags am Kreuzberger Moritzplatz soll sich unter der Leitung gleich mehrerer Performance-Kollektive in einen Ort für transnationales und Exiltheater verwandeln. Und mehr noch: Das neue Leitungsteam sieht in der Organisationsform des Hauses einen Modellversuch für die freie Szene, weit über die Berliner Stadtgrenzen hinaus. Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur hält Mirjam Schmuck vom beteiligten Bochumer Kainkollektiv diese Chance für einen glücklichen Zufall:
"Ich glaube, wir als Kollektiv sind lange auf der Suche (danach), wie wir uns als Künstler weiterentwickeln können und dazu gehört es sicher auch, Leitungsfunktionen zu übernehmen oder ein Haus so zu programmieren, wie wir uns das als Künstler in diesen Zeiten gerade wünschen und wie wir es brauchen. Und wir hätten, glaube ich, viele Jahre warten müssen, bis ein solches Modell überhaupt spruchreif geworden wäre in der Theaterszene."

Keine reine Basisdemokratie

Die Besonderheit des neuen Leitungsmodells sieht Mirjam Schmuck dabei im Prinzip der "kollegialen Kollektivität", das unter anderem in der freien Wirtschaft seit den 1970er-Jahren Anwendung findet – während Theater weiterhin am Intendantenmodell festhielten.
"Wir wollen nicht im Kleinen ein Intendantenmodell nachspielen und wir wollen auch nicht basisdemokratisch alles entscheiden. Sondern wir wollen eigentlich ein Modell entwickeln, das uns sehr handlungsfähig macht, was Entscheidungskompetenzen aufteilt, was eher Arbeit sammelt und wieder verteilt und uns als gleichzeitig als Künstlern auch ermöglicht, nicht ständig an einem Ort sein zu müssen – also dass wir unsere Doppelpassprojekte (und) unsere zweimonatigen Aufenthalte im Ausland weiterführen können."

Exilkünstlern eine Bühne geben

Konkret soll das neue Leitungsmodell dabei auf ein Prinzip horizontal angeordneter Hierarchie setzen:
"Das heißt: Jeder Einzelne darf mit seiner Qualität und seiner Kompetenz bestimmte Rollen bekleiden und da darf er auch alleine entscheiden. Das heißt, es ist nicht so, dass am Ende immer alle über alles drübergucken, sondern ich glaube, das ist auch eine Form von Vertrauen, wenn sich jemand für eine Position entschieden hat – die er auch nicht immer bekleiden muss, sondern für einen gewissen Zeitraum – dann hat er auch das Vertrauen der anderen. Und ich glaube, dass wir dadurch einen Prozess schaffen, der dazu führt, dass eine Intendanz am Ende nicht auch noch absegnen muss, wie die Tapete aussieht."
Das künstlerische Profil des neuen Theaters Aufbau Kreuzberg soll sich dabei vor allem in Richtung exiltheatraler und transnationaler Projekte entwickeln. Es sei außerdem geplant, in Zukunft eine Exiltheatergruppe in das Leitungsteam einzubinden.
"Das Verlangen wächst, Orte zu haben, wo Exilkünstler arbeiten können und wo transnationales Theater stattfindet. Und wir glauben nicht, dass das in Berlin gedeckt ist – im Gegenteil."
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