Strom für alle

Von Ursula Trüper · 10.08.2006
Ein Knopfdruck, und schon geht das Licht an, das Radio, die Kaffeemaschine, der Fernseher. Der Strom kommt aus der Steckdose. Vor 125 Jahren war das noch anders. Doch dann eröffnete am 10. August 1881 die Erste Internationale Elektrizitätsausstellung in Paris und stieß die Tore zu einer neuen Zeit.
10. August 1881: In Paris wird die Erste Internationale Elektrizitätsausstellung eröffnet. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatten Erfinder mit der Elektrizität experimentiert. Nun versucht man, all die neuen Entwicklungen einem breiteren Publikum zu präsentieren. Dazu gehören das Telefon, der Fernschreiber und die elektrische Trambahn. Fast 2000 Aussteller aus 15 Ländern haben ihre Stände aufgebaut. Tausende Neugierige drängeln sich auf dem Ausstellungsgelände. Sie wollen sehen, was es mit diesem elektrischen Strom auf sich hat, von dem man neuerdings soviel spricht.

Dann, mit Einbruch der Dunkelheit, die Sensation. Plötzlich, wie von Geisterhand betätigt, leuchten 1000 Glühlampen gleichzeitig auf und machen die Nacht zum Tage. Olaf Strauss, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Technikmuseum Berlin:

"Was die Menschen auf dieser Ausstellung am meisten beeindruckt hat, das war die elektrische Beleuchtung, die von Edison vorgestellt wurde. Ein Highlight, wo die Leute zu Hunderten angestanden haben, war ein Versuchsstand, in dem man eine elektrische Glühlampe ein- und ausschalten konnte."

Die Besucher sind fasziniert. Wie hell diese Lampen sind? Und wie einfach zu bedienen? Man braucht nur an einem Schalter zu drehen, schon geht das Licht an. So etwas haben sie noch nie erlebt. Sie kannten bisher nur das Licht von Petroleum- oder Gaslampen. Nun lernen sie erstmalig die Edison–Leuchte kennen.

"Die Glühlampe erfunden hat Edison nicht, das war der Deutsch-Amerikaner Heinrich Goebel. Edisons Verdienst ist es, die Glühlampe zum industriellen Massenprodukt weiterzuentwickeln mit der dazugehörigen Infrastruktur."

Bereits 1854 hatte der Uhrmachermeister Heinrich Goebel eine Glühlampe entwickelt. Doch seine Erfindung setzte sich nicht durch. Es gab ja noch keine Stromleitungen in die Wohnhäuser, und der Strom aus Batterien war zu unpraktisch und zu teuer.

20 Jahre später griff der Erfinder Thomas Alva Edison Goebels Erfindung auf. Ihm war klar, dass sich die Glühlampe gegen die Konkurrenz der Gasbeleuchtung nur durchsetzen konnte, wenn er auch die notwendige Ausstattung anbot. Innerhalb weniger Jahre erfand oder initiierte er die grundlegenden Techniken für ein komplettes elektrisches Beleuchtungssystem. Dazu gehörten Stromleitungen, Schalter, Lampenfassungen, Verteiler, Isoliermaterial, Sicherungen und Dynamomaschinen. Edison gründete auch das erste Elektrizitätswerk in New York.

Durch die Pariser Elektrizitätsausstellung wurde Edison weltberühmt. Viele seiner Erfindungen waren bahnbrechend: die Filmkamera, die Schreibmaschine oder der Phonograph, ein Vorläufer unserer heutigen Aufnahmegeräte. Edisons erste erhaltene phonographische Aufzeichnung von 1888 klang allerdings noch ziemlich kratzig.

Auch in Deutschland begann sich die Elektrizität durchzusetzen. Zwei Jahre nach der Pariser Ausstellung erwarb der Berliner Unternehmer Emil Rathenau das Nutzungsrecht der Edison-Patente und gründete die Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektrizität, später umbenannt in Allgemeine Electricitäts Gesellschaft (AEG). Zeitgleich und ebenfalls in Berlin begann die Firma Siemens & Halske, im großen Stil Glühlampen zu produzieren.

Die Behörden hingegen standen der neuen Technik zunächst skeptisch gegenüber. Erst nachdem ein wissenschaftliches Gutachten bestätigt hatte, dass "die elektrische Flamme jederzeit durch Drehung eines Hahns angezündet und wieder gelöscht werden kann", erteilte beispielsweise der Berliner Magistrat 1884 die Konzession dafür, Kabel in den Straßen zu verlegen. Der Siegeszug der elektrischen Beleuchtung war nun nicht mehr aufzuhalten.