Schnappauf sieht Deutschland gegen Vogelgrippe gewappnet

Moderation: Jörg Degenhardt · 12.01.2006
Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf sieht Deutschland gegen eine mögliche Ausbreitung des Vogelgrippevirus gewappnet. Anders als die Türkei habe sich Deutschland vorbereitet, sagte der CSU-Politiker im Deutschlandradio Kultur. Komme der Virus ins Land, wären die Schäden für die Geflügelwirtschaft gigantisch.
Jörg Degenhardt: Guten Morgen, Herr Schnappauf!

Werner Schnappauf: Guten Morgen, Herr Degenhardt!

Degenhardt: Sehen Sie denn Deutschland ausreichend gewappnet gegen etwaige Verdachts- oder gar Krankheitsfälle?

Schnappauf: Deutschland ist insgesamt gut vorbereitet. Wenn wir sehen, wie die Dinge jetzt in der Türkei zum Beispiel gehändelt werden, dann zeigt sich, dass dort keine professionelle Vorbereitung getroffen ist. Deutschland hat sich vorbereitet. Und das ist das, was jetzt gefragt ist. In der Tat keine Panik, keine Hysterie, aber professionelle Vorsorge und Wachsamkeit.

Degenhardt: Reichen denn die Maßnahmen, die da gestern von den zuständigen Ministern vereinbart wurden? Oder kommt da noch was dazu?

Schnappauf: Da ist ein Pakt geschnürt worden, das Sie schon angesprochen haben. Es reicht von der besseren Kontrolle an den Außengrenzen der Europäischen Union, also den so genannten "port of first entry", denn dort sollte schon der illegale Geflügelimport abgefangen werden. Von solchen Maßnahmen über die Europäische Union reicht es, bis hin zu einem mobilen Bekämpfungszentrum, auf das sich gestern die Länderminister verständigt hatten. Unter Federführung der niedersächsischen Kollegen ist ein solches Konzept erarbeitet worden. Bayern hatte bislang etwas Zurückhaltung gezeigt, weil wir eine eigene Infrastruktur schon geschaffen haben. Aber wir haben gestern in der Solidarität der Länder und angesichts der heranrückenden Gefahr gesagt: Wir wollen alle an einem Strick ziehen, Bund und Länder, um unsere Bevölkerung und vor allen Dingen jetzt in dieser Phase, vor allen Dingen unsere Landwirtschaft, unsere Geflügelwirtschaft in Deutschland vor den Einschnitten dieses Virus, wenn irgend möglich, zu bewahren. Denn die Schäden, die entstehen würden, wenn der Virus im Lande ist, wären gigantisch. Denn es müssten große Bestände dann getötet werden. Und das wollen wir natürlich den Landwirten gerne vermeiden helfen und auch den Verbrauchern, denn Tötung von Beständen heißt auch Verknappung von Angebot, und das wiederum hätte steigende Preise für die Verbraucher zur Folge.

Degenhardt: Herr Schnappauf, haben Sie da schon mal durchgerechnet, was das beispielsweise den Freistaat kosten könnte, sollte die Vogelgrippe tatsächlich Deutschland erreichen?

Schnappauf: Das sind beliebig hohe Summen, die hier zu Stande kommen, denn wenn Sie sich vorstellen, wir haben in Bayern insgesamt 31 Millionen Stück Mastgeflügel, hinzu kommen Millionen von Legehennen. Wenn dort in große Bestände, die ja zum Teil Hunderttausende von Tieren ausmachen, wenn dort der Virus eingeschleppt würde, und ein solcher Bestand möglicherweise im Umkreis von drei Kilometern getötet werden müsste, dann sind es enorme wirtschaftliche Summen, die hier zu Stande kommen. Und deshalb ist Vorsorgen immer besser und unter dem Strich auch billiger.

Degenhardt: Sie haben von den Kontrollen gesprochen, die verstärkt werden sollen, und von der Solidarität der Länder. Was heißt das? Ich denke zum Beispiel, wenn Sie in Bayern stärker kontrollieren, weil Sie auch zum Beispiel einen internationalen Flughafen haben in München, andere Bundesländer haben keinen internationalen. Können Sie sich vorstellen, oder ist das damit gemeint, dass dann die Bundesländer eben, die, die verstärkt kontrollieren müssen, auch finanziell unterstützen?

Schnappauf: Wir haben gestern uns so verständigt, dass die Länder mit ihren Möglichkeiten, das heißt also vor allem mit der Vielzahl der Veterinärbeamten, die es in den einzelnen Ländern gibt, die Kontrollen in eigener Verantwortung durchführen. Der Bund steht bereit mit seinen Mitarbeitern der Zollverwaltung, die auch von den Ländern gezielt angefordert werden können. Zum Beispiel haben wir in Bayern zwölf Kontrolltrupps der Zollverwaltung zusammen mit unserer Veterinärverwaltung auf den Autobahnen im Einsatz, wo ganz gezielt Reisebusse aus der Türkei untersucht werden und immer wieder, leider immer wieder auch dort illegale Geflügelimporte beschlagnahmt werden müssen. Am Flughafen München haben wir ein ganz dichtes Netz der Kontrolle schon seit Mitte Oktober vergangenen Jahres, wo wir allein in diesen letzten paar Wochen über drei Tonnen illegal importiertes Material beschlagnahmt haben. So machen es auch die Kollegen am Frankfurter Flughafen zum Beispiel und auch in Stuttgart. Wichtig ist jetzt, dass wir die Reisenden im Vorfeld schon erreichen, deshalb geht Bayern jetzt auf die türkischen Mitbürger ganz gezielt zu. In Teehäusern, in Moscheen, in türkischen Gemeinden wird es Informationen geben, dass schon bei der Reiseplanung - also nicht erst am Flughafen oder im Bahnhof - sondern schon bei der Reiseplanung, wir die türkischen Mitbürger auffordern, nicht in Infektionsgebiete zu reisen, Geflügelmärkte auf jeden Fall zu meiden und immer die notwendigen Hygienevorschriften zu beachten.

Degenhardt: Ein Restrisiko besteht natürlich immer, auch in diesem Falle. Blicken Sie, Herr Schnappauf, doch mit einigem Unbehagen auf das Frühjahr, wenn dann der Vogelzug, der ja über den Bosporus geht, wieder beginnt, weil dann das Risiko, dass wir vielleicht doch betroffen sind, steigt?

Schnappauf: In der Tat ist das die zweite Haupteintragsquelle, die größte Gefahr geht sicher von den illegalen Importen aus, aber auch der Vogelzug ist eine Möglichkeit, dass der Virus in unser Land eingeschleppt wird. Deshalb haben wir - gerade von bayerischer Seite - schon vor Tagen darauf gepocht, dass es bis Ende Januar eine neue Risikoanalyse gibt. Wir haben uns gestern auch darauf verständigt, dass bis Ende Januar das Friedrich-Loeffler-Institut eine solche Analyse vorlegt. Die wird dann die Grundlage sein für die Entscheidung, ob eine neue Stallpflicht angeordnet werden muss. Im Moment ist es sehr wahrscheinlich, dass es erneut zu einer Stallpflicht kommt. Das Datum, ab wann die dann beginnt, ob das der 1. März ist oder möglicherweise etwas eher, muss man von der wissenschaftlichen Einschätzung abhängig machen. Ich weiß, dass das vielen Geflügelhaltern erhebliche Probleme bereitet. Aber die Maßnahmen sind unter dem Strich im Interesse der Geflügelhalter, auch wenn vielleicht der eine oder andere die Gefahren nicht für so hoch einschätzt. Sollte der Virus im Lande sein, sind dann die Folgerungen weitreichend, im Übrigen auch für die sonstige Landwirtschaft. Auch Transporte zum Beispiel für Schweine- oder Rinderhalter würden dann mit zusätzlichen hygienischen Anforderungen befrachtet werden, so dass das wiederum erhebliche Kosten verursacht. Also insofern ist Vorsorgen eben unterm Strich besser und billiger.

Degenhardt: Wir müssen leider zum Ende kommen, ein spannendes, ein Thema zu dem man noch vieles sagen könnte und müsste. Ich bedanke mich an dieser Stelle erstmal bei Ihnen. Das war Werner Schnappauf, er ist der Minister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz im Freistaat Bayern.