Sängerin, Komponistin, Arrangeurin

Von Verena Herb · 04.06.2007
Glücklich1 - der Name dieser Band ist Programm. In dieser Woche haben die vier Jazz-Musiker ihr erstes Album mit Namen "Kill your Darling" veröffentlicht. Winnie Brückner ist die Sängerin der Band, und ebenfalls diejenige, die die Anleitung zum Glücklichsein schreibt, denn sie singt nicht nur.
Winnie Brückner: "Einfach auch mit der Art Musik, die ich mache, wird es einfach nie ’nen Moment geben, wo ich mich zurücklehnen kann und mich entspannen kann und sagen: jetzt kann ich erst mal davon locker leben. Glaube nicht, dass das passieren wird."

Winnie Brückner raucht. Selbst gedreht und viel. Fast schon Kette. Doch einen atemlosen Eindruck macht sie nicht. Die 28-Jährige wirkt eher ruhig und bedacht - und ist eine auffallende Erscheinung. Vor allem wegen der Frisur. Die dunklen Haare sind asymmetrisch und recht kurz geschnitten. Sie ist klein und eher zierlich, trägt ein türkis-farbenes T-Shirt und eine dunkle Hose.

Die gebürtige Leipzigerin ist ein Workaholic. Zwei Musik-Projekte bestimmen derzeit ihr Sängerinnen-Leben. Niniwe – ein Frauen- A capella Quartett, und ihre Band Glücklich1.

Seit knapp eineinhalb Jahren macht Glücklich1 gemeinsam Musik. Winnie singt, die anderen Bandmitglieder, drei Männer, spielen Bassklarinette, E-Gitarre und Schlagzeug. Ihren Musikstil beschreiben die Glücklichen als Avantgarde-Pop.

Winnie Brückner: "Die beiden Begriffe finde ich eigentlich ganz gut. Weil Avantgarde ist irgendwie was zukunftsweisendes und was auf ne Kunst hindeutet. und Pop ist so das ganze Gegenteil, vielleicht sogar was Kommerzielles und ein Indikator für eine gewisse Einfachheit."

Kennengelernt haben sich die Musiker von Glücklich1 an der Musikhochschule in Weimar. Dort, wo Winnie auch Jazz-Gesang studierte, bevor sie im letzten Herbst zusammen mit ihrem Freund nach Berlin-Neukölln zog.

Dass sie professionelle Sängerin werden will - diese Entscheidung hat sie relativ spät für sich getroffen. Obwohl ihre Eltern - die Mutter Musiklehrerin, der Vater promovierter Literaturwissenschaftler - das musische Talent ihrer Tochter schon früh gefördert haben.

Winnie Brückner: "Sie haben entdeckt, dass das ein Talent und auch ne Vorliebe von mir ist. Also, von den Geschichten, dass ich mir auch immer selber Schlaflieder vorsingen wollte so: Mama darf ich mir noch ein Schlaflied vorsingen. Dann Blockflötenunterricht und später Klavier. Ja gut, und dann halt Chöre."

Mit knapp sieben Jahren singt Winnie Brückner beim Kinder- und Jugendchor des Leipziger Gewandhauses. Fast zehn Jahre lang. Bis sie, wie sie sagt, anfängt zu pubertieren.

Winnie Brückner: "Mit 16 - da war ich dann ein bisschen aufmüpfig und eher dann so Punker. Dann bin ich so halb rausgeflogen aus dem Chor. ich hatte z. B. Dreadlocks, und sollte mir zum Konzert ne Perücke aufsetzen. Da habe ich gesagt: Ne, bis hierher und nicht weiter."

Von einem Tag auf den anderen hängt sie den Gesang an den Nagel. Es folgt eine Zeit der Planlosigkeit. Ihre Eltern trennen sich. Winnie zieht aus. Drei Jahre lang lebt sie in besetzten Häusern. Genießt das Frei sein in der Groß-WG, fern ab jeder Konvention. Sie geht jedoch weiter zur Schule.

Winnie Brückner: "Das war ’ne Sinnkrise: Was will man machen mit seinem Leben."

Sie wiederholt die 12. Klasse. Zu der Zeit lernt sie einen Gitarristen kennen.

Winnie Brückner: "Und der hat mich gefragt. Mensch, du singst doch so gut. Warum machst du das nicht mehr?"

Das war der Wendepunkt. Nach dem Abitur bewirbt sie sich an Musikhochschulen, absolviert Aufnahmeprüfungen, und beginnt schließlich ihr Studium in Weimar: Jazz-Gesang. Zwei Auslandssemester absolviert sie an der Hochschule in Luzern.

Winnie Brückner: "Es ging mir in erster Linie darum, nicht besonders gut singen zu lernen, sondern eine musikalisch umfassende Ausbildung zu bekommen. Auch, was komponieren angeht. und Jazztheorie, überhaupt Musiktheorie. Für mich stand fest: Okay ich möchte mich mit Musik beschäftigen, die Stimme ist mein Instrument."

Sowohl bei Glücklich1 als auch in der A-Capella-Combo Niniwe kreiert Winnie den Großteil der Stücke: Sie komponiert, arrangiert und textet.

Winnie Brückner: "Und weil ich so eine schrecklich narzisstische Person bin, finde ich es auch noch wichtig, dass es auch anders ist als andere Musik."

Die Sängerin hat ihren Weg gefunden - zumindest schon einmal die Richtung, wie sie sagt. Ihr Wunsch? Von der Musik leben zu können: Und sie könnte sich auch vorstellen, selbst einen Chor zu leiten.