Roller Derby

Partizipatorisch, inklusiv und feministisch

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Der Rollsport "Roller Derby" entstand in den 1920er und 30er Jahren in den Vereinigten Staaten - es ist ein Vollkontaktsport und es besteht ein 40 Seiten starkes Regelwerk. © picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Von Jasmin Galonski · 24.09.2017
Roller Derby kennen nur wenige Menschen in Deutschland. Ursprünglich kommt der Sport aus den USA und begann als eine Art Wrestling-Show auf Rollschuhen - mit viel Glitzer, Netzstrumpfhosen und plakativen Kampfnamen. Heute sind es Frauen, die den Mannschaftssport wieder aufleben lassen.
Eine Sporthalle in Berlin Kreuzberg. Gut zehn Frauen auf Rollschuhen rangeln in einem unübersichtlichen Pulk miteinander. Ausgestattet mit Helm, Mundschutz, Knie- und Ellenbogenschonern. Es wird geschubst, gedrängelt und geblockt. Eine Spielerin schafft es, sich aus dem Knäuel zu lösen und dreht nun auf ihren Rollschuhen elegant eine Runde im Kreis.
Mit tänzerischem Rollschuhkunstlauf hat das hier allerdings wenig zu tun. Roller Derby ist eine Sportart mit Vollkontakt. Als ungeübte Zuschauerin ist es schwierig, den Überblick zu behalten. Die Frau, die sich gerade freigekämpft hat, ist wohl die Punktemacherin, die sogenannte Jammerin:
"Und diese hat das Ziel, von den gegnerischen Blockern so viele wie möglich zu überrunden. Für jeden überrundeten Gegner bekommt man einen Punkt. Dabei ist es dann aber nicht das Ziel, voreinander wegzulaufen, sondern sich eben den Weg zu versperren und sich dort mit einem Vollkontakt innerhalb einer gewissen Zone vorbei zu kämpfen."
Erklärt "Emmazon", die eigentlich Emily heißt. Sie spielt seit sechs Jahren in der "Bears City Roller Derby" - Mannschaft in Berlin.

In Deutschland junge Sportart

Roller Derby ist in Deutschland eine noch eher junge und unbekannte Sportart. Ursprünglich kommt sie aus den USA, wo sie ihre erste Hochphase in den 1970ern hatte als eine Art Wrestling-Show auf Rollschuhen, mit viel Glitzer, Netzstrumpfhosen und plakativen Kampfnamen. In den 2000er Jahren waren es dann insbesondere die Frauen der dritten Feminismus-Welle, die den Mannschaftssport wieder aufleben ließen. Auch wenn ausgefallene Kleidung und Derby- Künstlernamen überlebt haben, mit Showkampf hat der Sport heute wenig zu tun. Das Regelwerk ist sehr komplex. Und es wird ständig erneuert und angepasst, erläutert Katharina mit dem Spitznamen "Bones":
"Und das ist wirklich einzigartig in diesem Sport, dass wir uns regelmäßig die Regeln anschauen und gucken, machen die noch Sinn oder macht das so keinen Sinn, wie der Sport gespielt wird. Und als Mitglieder können wir dann auch darüber abstimmen, ob etwas geändert werden sollen und in welche Richtung. Das ist für die Weiterentwicklung des Sport s und die Partizipation unglaublich wichtig und ganz toll, Teil von so einer Bewegung zu sein."
Blaue Flecken gehören beim Roller Derby zum guten Ton. Nur mit viel Übung erlangt man die Ausdauer, Stabilität und Sicherheit auf den Skates, die man braucht, um dem chaotischen Gerangel Stand zu halten. "Muscles are your best friends", lautet dazu das Motto auch für Karina. Eine zierliche Frau mit dem Kampfnamen "Schadenfreude":
"Also ich habe früher schon auch ganz gern Sport gemacht und dann hab ich so in meiner Jugendzeit den Kommentar abgekommen: 'Muskeln bei einer Frau sind irgendwie voll nicht sexy!', was mich schon beeinträchtigt hat. Und dann bin ich hierhin gekommen und habe festgestellt: Ok, wenn ich jetzt anfange zu trainieren, dann funktionieren Sachen besser, dann fühle ich mich sicherer, dann trau ich mich auch mehr zu machen. Und dann habe ich auch angefangen Gewichte zu heben und festgestellt, dass das unglaublich viel Spaß macht."

Ein Sport, der besonders Frauen anzieht

Roller Derby zieht besonders Frauen an. Was nicht zuletzt daran liegt, dass verstaubte Geschlechterrollenbilder hier buchstäblich über den Haufen gefahren werden. Das geht sogar so weit, dass es zwar Roller-Derby- Liegen für Frauen- und Männerteams gibt, doch in einem Frauenteam spielen darf - unabhängig davon was im Ausweis steht - jede Person, die sich nicht eindeutig als Mann definiert. Man bzw. Frau muss in kein geschlechtliches Raster passen.
"Das ist halt so ein Ding was bei Roller Derby speziell ist, dass es eben ein Sport ist, der aus dem Feminismus kommt. Und da eben auch das gesamte Thema Geschlechtsidentifikation sehr stark diktiert wird. Für viele Personen, zum Beispiel für Transpersonen ist es auch ein Sport geworden, wo sie halt wissen, dass sie aufgenommen sind. Ich glaube beim Roller Derby haben wir im Vergleich zu anderen Sportarten von unserem Dachverband her die offenste Gender-Politik."
Roller Derby ist eine Sportart mit politischen Anspruch: Inklusiv, partizipativ, feministisch. Sie lädt besonders Frauen zu einer sportlichen Selbsterfahrung ein, die sich jenseits von konservativen, gesellschaftlichen Vorstellungen von Weiblichkeit abspielt. Und genau darin liegt ihre Anziehungskraft.
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