Prinzessin mit Forschergeist

24.02.2011
Als Forscherin und Sammlerin hat Prinzessin Therese von Bayern die Welt bereist, als Autodidaktin machte sie sich einen wissenschaftlichen Namen. Hadumod Bußmann widmet dieser Frau nun zum ersten Mal eine ausführliche Biografie.
Wer im Jahr 1850 als Prinzessin geboren wurde, war zweifellos als Hochadlige materiell und sozial privilegiert; als Frau hingegen mit wenig persönlicher Freiheit ausgestattet. Was davon allerdings zu haben war, nahm sich Prinzessin Therese von Bayern (1850-1925). Als Forscherin und Sammlerin bereiste sie die ganze Welt, als Autodidaktin machte sie sich einen wissenschaftlichen Namen.

Hadumod Bußmann widmet dieser Frau, deren zoologische und botanische Sammlungen bis heute in den Münchner Naturkundemuseen aufbewahrt werden, zum ersten Mal eine ausführliche Biografie, in der sie nicht nur auf deren Korrespondenzen, Aufsätze und Reiseberichte zurückgreift, sondern auch auf sehr ausführliche persönliche Aufzeichnungen und Tagebücher. Sie zeichnet dabei das Porträt eines rundum interessierten, neugierigen Forschergeistes, einer Abenteurerin, die keine Mühsal und Beschwerde scheute, und zugleich einer Frau, deren intime Tagebücher große emotionale Sensibilität zeigen.

Aufgewachsen in einer für die Zeit verhältnismäßig liebevollen Familie – insbesondere die Mutter Auguste von Toskana kümmerte sich außergewöhnlich emphatisch um die Erziehung ihrer Kinder –, zeigte Therese schon früh große intellektuelle Begabungen. Diese wurden durchaus gefördert, wenn auch mit strikten Geschlechtereinschränkungen: Latein und Mathematik waren verboten, sie hätten nach dem Vorurteil der Zeit eine junge Frau "vermännlicht" und heiratsunfähig gemacht.

Heiraten sollte Therese später dennoch nicht – zeitlebens hielt sie an ihrer unglücklichen Jugendliebe zu ihrem zunehmend geistig umnachteten Cousin Otto fest. Dafür war sie nach dem frühen Tod ihrer Mutter über Jahrzehnte die vertraute Frau an der Seite ihres Vaters Luitpold und übernahm sowohl häusliche als auch repräsentative Funktionen, insbesondere nachdem dieser 1886 die Regentschaft für seinen geisteskranken Neffen König Otto I. übernommen hatte.

Aber zwischendurch reiste sie und bildete sich. Auch ohne Latein lernte Therese in ihrem Leben insgesamt elf Sprachen und war fähig, sich auf fast all ihren weiten Forschungsreisen – unter anderem nach Nord- und Südamerika, zum Polarkreis, durch Russland, nach Griechenland – jeweils in der Landessprache zu unterhalten. Ihren Reiseberichten und naturwissenschaftlichen Publikationen zu den von ihr in den Tropen gesammelten Tieren und Pflanzen brachten ihr über die Jahre zunehmende Anerkennung ein. 1897 erhielt sie sogar die Ehrendoktorwürde der Münchner Universität – sechs Jahre bevor in Bayern das Frauenstudium eingeführt wurde.

Hadumod Bußmanns ausgesprochen elegant geschriebene und gut zu lesende Biografie beschreibt diesen faszinierenden Lebenslauf linear und schnörkellos und zitiert dabei ausführlich aus Therese von Bayerns eigenen Schriften, die ein ausgesprochen lebhaftes Bild von den abenteuerlichen Reisen der Prinzessin wiedergeben. Das Buch liefert damit nicht nur einen interessanten Beitrag zur Frauengeschichte, es wirft auch einen spannenden Blick auf eine noch recht freie und wilde Phase naturwissenschaftlicher Sammlerwut in der europäischen Universitätsgeschichte.

Besprochen von Catherine Newmark

Hadumod Bußmann: Ich habe mich vor nichts im Leben gefürchtet. Die ungewöhnliche Geschichte der Prinzessin Therese von Bayern 1850 - 1925
C.H. Beck, München 2011
346 Seiten, 24,95 Euro