Pegida-Jubiläum in Dresden

    Die gespaltene Stadt

    Der Mitbegründer der Pegida, Lutz Bachmann, spricht am 19.10.2015 in Dresden (Sachsen) während einer Demonstration.
    Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann © picture alliance / dpa / Michael Kappeler
    Von Torben Waleczek |
    Die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung feiert mit knapp 20.000 Anhängern ihr einjähriges Bestehen. Doch auch das andere Dresden zeigt Gesicht - bei den Gegendemos sind in etwa genauso viele Menschen auf der Straße.
    Lutz Bachmann gibt sich kämpferisch. "Wir sind gekommen, um zu bleiben", ruft er in die Menge vor der Dresdner Semperoper. "Und wir werden siegen." Die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung feiert an diesem Montagabend sich selbst für ihr einjähriges Bestehen. Dabei kann sie diesmal viele Anhänger mobilisieren. Nach Schätzungen der Gruppe "Durchgezählt" sind es 15.000 bis 20.000 selbsternannte "Patriotische Europäer", die sich am Theaterplatz versammelt haben – deutlich mehr als in den vergangenen Monaten.
    Entsprechend selbstbewusst treten Bachmann und die anderen Pegida-Organisatoren bei dieser Veranstaltung auf. Sie beschwören die angeblichen Erfolge der Bewegung, bestätigen die Ressentiments ihrer Anhängerschaft, immer wieder unterbrochen durch die bekannten Rufe im Publikum: Lügenpresse, Volksverräter, Widerstand.
    Die Semperoper setzt ein Signal gegen die #Pegida-Demo vor ihrer Haustür pic.twitter.com/kqfTLF2FTO— Deutschlandfunk (@DLF) 19. Oktober 2015
    Lutz Bachmann droht Innenminister de Maizière mit Strafanzeige
    Seit dem Austritt einer Gruppe um die frühere Sprecherin Kathrin Oertel ist der Ton noch eine Drehung hemmungsloser geworden. Bachmann, der wegen Volksverhetzung angeklagt ist, steht nach einem kurzen taktischen Rückzug wieder an der Spitze der Bewegung. Er hatte Flüchtlinge auf Facebook als "Viehzeug" und "Gelumpe" bezeichnet, doch daran scheint sich hier niemand zu stören. Ebenso wenig wie an der Galgen-Attrappe, die in der vergangenen Woche für Schlagzeilen sorgte.
    Nachdem es zwischenzeitlich ruhiger geworden war um die "Montagsspaziergänge", sieht sich die Gruppe nun wieder im Aufwind - auch wegen drastisch gestiegener Flüchtlingszahlen. Und jeder Anwurf aus Medien und Politik schweißt die Pegida-Anhänger nur enger zusammen, das ist an diesem Abend deutlich zu spüren. Suchte SPD-Chef Sigmar Gabriel anfangs noch das Gespräch, bezeichnet Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Organisatoren nun als "harte Rechtsextremisten". Bachmann greift dieses Statement auf und droht dem Minister unter viel Beifall mit einer Strafanzeige.
    Nach einigen eher blassen Gastrednern (u.a. von der italienischen Lega Nord) und sehr viel Jubiläumspathos (mit eigener Pegida-Hymne) steuert die Kundgebung auf einen wütenden Höhepunkt zu. Der deutsch-türkische Autor Akif Pirincci, dessen homophobes Buch "Die große Verschwulung" in diesen Tagen erscheint, hetzt gegen ausländische "Kolonialisten", warnt vor einer angeblich drohenden "Umvolkung" und einer "rechtlosen Zukunft der einheimischen Bevölkerung". Pirinccis ebenso vulgäre wie demagogische Rede flankiert die aggressive Grundstimmung, die sich bei vielen Pegida-Anhängern inzwischen breitgemacht hat.
    Auf Weg zu #Pegida Demo erste Wortgefechte zwischen Sympathisanten und Gegnern. Ältere Frau schüttelt Kopf und sagt: "Ist ja wie '33"— Nadine Lindner (@ostwestkonflikt) October 19, 2015
    Gegendemonstrationen erstmals genau so stark
    Ein starkes Polizeiaufgebot trennt diese von den Gegendemonstranten. Schon vor Beginn der Kundgebung wurden auf beiden Seiten Böller gezündet. Im Laufe des Abends macht das Gerücht die Runde, ein Pegida-Anhänger sei attackiert worden. Die Polizei bestätigt, dass es einen Verletzten gibt.
    Und das andere Dresden? Das zeigt Gesicht. Unter dem Motto "Herz statt Hetze" gehen in etwa gleich viele Menschen auf die Straße wie bei Pegida, laut der Initiative "Durchgezählt" waren es 15.000 bis 19.000. Bislang waren die Pegida-Gegner in Dresden meist deutlich in der Unterzahl gewesen, nicht so an diesem Montag. In mehreren Demonstrationszügen ziehen sie sternförmig ins Stadtzentrum und in die Nähe der Semperoper. Am Ende der Pegida-Kundgebung ist der Theaterplatz praktisch umlagert, fast alle Ausgänge sind blockiert. Nur mit Mühe kann die Polizei den Abzug der Pegida-Anhänger organisieren, langsam leert sich der Platz vor der Semperoper.
    Die wiederum hat sich für diesen Abend eine spezielle Botschaft einfallen lassen. Oben am Opernhaus leuchtet ein großer Monitor mit der Aufschrift "Wir sind kein Bühnenbild für Fremdenhass."
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