Öl-Schäden im Urwald-Idyll

Von Gottfried Stein · 27.07.2010
Die Region im Nordosten Ecuadors ist eigentlich eine Idylle, ein Biotop mit hunderten exotischen Pflanzen- und Tierarten. Doch die Ölförderung durch mulitnationale Konzerne hat die Umwelt massiv verschmutzt. Krankheiten und Gen-Defekte bei den Ureinwohnern sind die Folge, jetzt klagen die Indios.
Shushufindi, eine Dschungelregion im tropischen Amazonas-Urwald. In einem der kleinen Dörfer hier leben etwa 50 Sicoiafamilien, umgeben von Palmen, mächtigen Ceibabäumen, Sträuchern und Orchideen. In einer der auf Stelzen gelagerten doppelstöckigen Holzhütten wohnt Paulina Piahuaje mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern:

"Es ist schön hier, aber mit den Kindern auch gefährlich. Sie können von Tieren gebissen werden, und dann kommen wir nicht schnell genug ins Krankenhaus. Aber es ist wirklich sehr schön, wir haben saubere Luft, keine Luftverschmutzung, hier ist die Luft wirklich frisch."

Die Region im Nordosten Ecuadors ist eigentlich eine Idylle, ein Biotop mit hunderten exotischer Pflanzen- und Tierarten. Aber der Schein trügt. Das Leben, meint Paulina, sei nicht mehr so wie früher. Das Öl, klagt Elias Piahuaje, Paulinas Vater und Häuptling der Sicoia-Indios, habe alles zerstört:

"Die Ölleute hier haben unser Öl weggebracht. Sie haben alles genommen was unter der Erde war, aber sie haben nichts für die Gemeinschaften der Indios getan. Die Indigenen aus Ecuador, wir sind diejenigen, die ohne Gewinne geblieben sind, wir, die alten Einwohner. Sie schaffen das Öl weg, aber den Bewohnern haben sie massiv geschadet."

Die ganze Gegend ist zugepflastert mit Förderanlagen und oberirdischen Pipelines multinationaler Konzerne, die das Öl quer durchs Land an die Pazifikküste pumpen. Die US-Firma Texaco hatte 1964 angefangen, geschützt von der damals noch regierenden Militärjunta. Der Rechtsanwalt Pedro Fajardo prozessiert seit Jahren gegen Texaco:

"In dem Vertrag, den Texaco mit der Regierung von Ecuador unterzeichnet hat, verpflichtet sich die Firma, die Umwelt nicht zu verschmutzen, Flora und Fauna nicht zu beeinträchtigen. Das heißt, es gab einen juristischen Rahmen, der Texaco absolut verbot, die Umwelt zu verschmutzen, aber sie hielten sich nicht daran, weil es Geld gekostet hätte."

Schätzungen zufolge sind mittlerweile 75 Millionen Liter Öl aus Lecks in die Umwelt geflossen. Hautkrankheiten, Krebs, hohe Kindersterblichkeit und Veränderungen der Erbanlagen sind die Folgen. Pedro Fajardo:

"Wir haben mehr als 500 Personen, die in den letzten Jahren an Krebs gestorben sind, vor allem Frauen an Gebärmutterkrebs. Natürlich kann man fragen, 'Was hat das mit dem Öl zu tun?' Texaco sagt, es sei mangelnde Hygiene der Frauen. Aber wo ist das Problem? Es gibt einen Fluss mit verseuchtem Wasser und mit diesem verseuchten Wasser wachsen sie sich, logisch, dass das in den Körper eindringt, deshalb ist der Gebärmutterkrebs der Häufigste."

Man muss nur durch die Gegend fahren, um das Ausmaß der Verschmutzung zu ahnen: Ständig sind Werktrupps mit Reparaturarbeiten beschäftigt. Die oft nur oberirdisch geführten Leitungen sind leck, ganze Lagunen werden verseucht. Texaco hat sich in den neunziger Jahren zurückgezogen, jetzt betreibt die staatseigene Petroecuador die Anlagen. Aber es habe sich wenig geändert,
sagt Bruno Andrea von UCODEP, einer von Europa finanzierten Umweltorganisation:

"Erstens werden Anlagen benutzt die aus den Lagern vor Texaco stammen, also Anlagen von 1962/63, die über 40 Jahre alt sind. Niemals gab es eine Wartung oder Renovierung, die Aggregate sind sehr alt und gefährlich, die Rohre sind alt und schwächlich, die meisten Unglücke passieren, weil die Leitungen so verrostet sind."

Rund 30.000 Einheimische aus mehreren Indiostämmen haben Chevron-Texaco gemeinsam verklagt. Sie werfen dem Konzern vor, jahrzehntelang die Umwelt zerstört, Böden und Wasser verseucht, Menschen, Tiere und Pflanzen getötet oder schwer geschädigt zu haben.
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