Nicht nur Boni, sondern Investmentbanker sind überflüssig

Von Markus Reiter · 06.03.2013
Die EU will die Managervergütungen begrenzen. Boni sollen das Gehalt nicht überschreiten – in der Regel. Schon heute könnten Eigentümer und Aufsichtsräte allzu hohe Managergehälter verhindern. Sie tun es aber nicht. Das, meint Markus Reiter, ist unvernünftig, denn Boni sind Geldverschwendung.
Der Appell, Boni für Investmentbanker zu beschränken, wird gern moralisch begründet. Es sei unanständig, wenn sie für ihr Spekulieren mehr Geld erhielten, als zwanzig oder mehr Friseurinnen in einem Jahr verdienten. In einigen Fällen sogar viel mehr, als die Frauen ein ganzes Leben lang bekommen würden.

Leider sind solche Argumente ziemlich naiv. Wenn’s ums Geld geht, kümmert sich am Ende niemand um die Moral. Wer also den üppigen Zuschlägen für Banker den Garaus machen will, muss systemimmanent argumentieren, das heißt ökonomisch.

Ich meine: Boni bringen überhaupt nichts und Investmentbanker sind ohnehin überflüssig. Das gilt zumindest für jene, die mit dem Wertpapierhandel und der Vermögensverwaltung beschäftigt sind.

Zum ersten Punkt: Unzählige sozialpsychologische Experimente haben gezeigt, dass monetäre Anreize nur einen sehr geringen Einfluss auf die Motivation eines Arbeitnehmers haben.

Das lässt sich neurobiologisch sehr gut erklären. Erhält ein Menschen zum ersten Mal einen Bonus, schüttet sein Gehirn Dopamin aus. Dieser Neurotransmitter sorgt für Glücksgefühle. Das Dumme ist nur: Das Gehirn gewöhnt sich ziemlich schnell daran. Beim zweiten oder dritten Mal bleiben die Glücksgefühle aus. Im Gegenteil werden die Betroffenen sogar demotiviert, wenn der Bonus etwas geringer ausfällt.

Geld ist ohnehin ein recht schwacher Motivator. Das zeigte der Neuroökonom Sebastian Kube 2010 in einem Test. In seinem Bonner Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung ließen sich Versuchsteilnehmer am ehesten anspornen, eine Aufgabe zu erledigen, wenn sie eine Thermosflasche geschenkt bekamen. Eine Geldprämie im gleichen Wert hatte weniger Effekt.

Hätte sich also die Finanzkrise durch die Ausgabe von Thermosflaschen verhindern lassen? Leider wohl nicht, denn Thermoskannen im Wert eines durchschnittlichen Investmentbanker-Bonus wären aus purem Gold.

Da ist es – zweitens - beruhigend zu wissen, dass aus empirischer Sicht nicht nur die Boni überflüssig sind, sondern auch die Investmentbanker selber. Das hat der Wirtschaftspsychologe Daniel Kahneman herausgefunden, der für seine unangepassten Erkenntnisse 2002 dennoch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Er fragte sich, ob Fleiß und Fähigkeit eines Managers das jährliche Ergebnis seines Investmentfonds beeinflussen.

Dazu berechnete er die Korrelation und fand heraus, der Einfluss war nahezu Null. Zwar wetteifern Fondsmanager, jedes Jahr herausragende Ergebnisse abzuliefern. Doch nicht von ihnen, sondern vom Zufall hing letztlich ab, ob der Fonds gut oder schlecht abschnitt.

Auch hier lässt sich leicht begründen, warum das so ist. Ein permanent erfolgreicher Vermögensverwalter müsste sicher in die Zukunft schauen - und zwar nicht so nebulös wie Nostradamus, sondern sehr genau, um zu wissen, welche Firma wann und wie lange erfolgreich ist. Das gelang bisher noch keinem Menschen.

Mit anderen Worten: Investmentbanken würden unglaublich viel Geld sparen, wenn sie alle ihre Bonusempfänger rausschmissen, ja sie erzielten schon allein dadurch eine bessere Rendite für ihre Kunden. Stattdessen könnten sie für ihre Anlagenentscheidungen einfach ein Computerprogramm einsetzen, das Investments nach dem Zufallsprinzip auswählt.

Der amerikanische Wirtschaftskolumnist David Roeder von der "Chicago Sun-Times" ging sogar noch einen Schritt weiter. Er ließ einige Zeit lang einen Weißstirnkapuziner mit Dartpfeilen auf die Aktienaufstellungen seiner Zeitung werfen und wählte die getroffenen Papiere aus. Der Affe lag rund ein Drittel über dem Marktdurchschnitt. Als Bonus reichte in diesem Falle vermutlich eine Banane.


Markus Reiter arbeitet als Schreibtrainer, Journalist und Publizist. Er studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Geschichte an den Universitäten Bamberg, Edinburgh und FU Berlin. Unter anderem war er Feuilletonredakteur der FAZ und schreibt Bücher über Kultur, Sprache und Kommunikation.

Mehr unter www.klardeutsch.de
Markus Reiter
Markus Reiter© die arge lola
Mehr zum Thema