Neues Grammy-Museum in Cleveland

Die Wiege des Blues

Statue der verstorbenen Blues-Legende B.B. King in Indianola, Mississippi
Indianola, Mississippi: Menschen vor einer Statue der im Mai 2015 verstorbenen Blues-Legende B.B. King. © picture alliance / dpa / Foto: Tannen Maury
Von Michael Groth · 04.03.2016
Der Blues und all seine Spielarten haben ihren Ursprung im Mississippi-Delta. Höchste Zeit also, dass auch am Entstehungsort daran erinnert wird. So eröffnet in Cleveland, Mississippi jetzt die erst Dependance des Grammy-Museums L.A.
2008 öffnete das Grammy-Museum in L.A. – mit einer Mischung musikalischer Memorabilien und interaktiver Angebote ein Publikumsmagnet. Auf Ähnliches hofft man in Cleveland. Rita George ist die stellvertretende Direktorin des Hauses in Kalifornien.
"Das Engagement der Menschen in dieser kleinen ländlichen Gemeinde ist phänomenal. Sie haben Geld aufgetrieben, sie fanden Unterstützung, sie hatten einen Plan und vor allem: sie hatten eine Vision. Wir sind eine Bildungseinrichtung und das neue Museum steht auf dem Campus einer Universität – das ist großartig. Wir wollen Nähe zwischen den Musikern und ihrem Publikum herstellen. Wir werden die Ressourcen der Uni nutzen. Das trug entscheidend dazu bei, hier eine Dependance zu errichten."
Ein schöner Bau, viel Glas, hell, kein Klotz, zwei Rechtecke übereinander verbunden und vereint. Der Bau, das Konzept, die Programme und Curricula entstanden in Zusammenarbeit mit Delta State University. Das Unternehmen reiht sich ein, in einen Trend, den der Autor William Ferris so beschreibt:
"Wir haben wundervolle Museen. Das B.B.King-Museum in Indianola ist ein Juwel. 15 Millionen Dollar hat man sich das kosten lassen. In Clarksdale gibt es das Delta-Bluesmuseum, und hier in Cleveland öffnet jetzt das neue Grammy-Museum – das bekräftigt die kulturelle Tradition dieser Gegend noch einmal ganz entscheidend – vor allem den Blues und seine Spielarten, die hier ihren Ursprung hatten."

Ein Ort für Bildung und Erziehung

Es gehe, sagen die Verantwortlichen, vor allem um Education, um Bildung und Erziehung. Dem politischen Songschreiber Woody Guthrie, der 2013 seinen einhundertsten Geburtstag gefeiert hätte, ist ebenso Raum gewidmet wie dem Civil Rights Movement, der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung. Das alles, so Rita George, in enger Abstimmung mit dem Original.

"Fünf Jahre lang kamen die Leute aus Cleveland nach Los Angeles. Sie brachten Musiker mit – die ´Mississippi Music Night` wurde zu einer festen Einrichtung. Wir brachten Kids aus L.A. in diese Programme – hier hörten sie nicht nur Musik – sie erfuhren auch etwas über die Geschichte des Deltas und der Menschen, die dort wohnen. Das war der Anfang. Diese Verbindung wird nun fortgesetzt – mit Projekten in Los Angeles und in Cleveland. Unser jüngstes Projekt beschäftigt sich mit Musikern, die sich für die Umwelt engagieren. Wenn diese Musiker den Schülern nahebringen, dass jeder Einzelne dazu beitragen kann, die Umwelt zu schützen, dann kommt das besser an, als ein Lehrervortrag oder eine Broschüre. Wir versuchen die Künstler, die uns hier in L.A. besuchen, auch nach Cleveland zu bringen. Unsere Ausstellungen werden auf jeden Fall dorthin reisen. Über die Inhalte unserer Arbeit entscheiden wir inzwischen gemeinsam."
In der ersten Sonderausstellung geht es um die Frühzeit der Beatles in Amerika. Vor der Eröffnung führt Emily Havens, die stolze Direktorin, durch ihr neues Haus.
"Das ist unsere Bühne. Sie entstand durch eine private Spende von einer Million Dollar. Hier finden nicht nur Konzerte statt, hier werden wir auch mit größeren Schülergruppen arbeiten. Idealerweise widmen sich die Künstler, die wir einladen, tagsüber den Kids, bevor sie am Abend ein öffentliches Konzert geben.

Jeder kann sich ausprobieren

Rund 20 Millionen Dollar kostet das neue Museum, finanziert, wie üblich in den USA, mit einer Mischung aus privaten Spenden und staatlichen Zuschüssen. Dafür wird Einiges geboten. Zum Beispiel eine Zeitreise durch die Produktionsgeschichte der Musikindustrie. Vom knarzenden Grammophon bis zum digitalen High-End- Studio. Dabei geht es nicht nur um Technik. Die Besucher lernen Produzenten wie Musiker kennen, ihre Vorlieben, ihren Sound, ihre Arbeitsweise. Wer möchte, kann sich ins Studio setzen, und die Instrumente ausprobieren – Gitarre, Keyboards oder Schlagzeug, mit Kopfhörern und in klangfesten Kabinen. Auch für Diejenigen, die sich für verkannte Liedermacher halten, ist gesorgt.
"Hier kann Jeder seine eigenen Songs schreiben. Keb‘ Mo erklärt das Alles. Man kann das Produkt aufnehmen, es bearbeiten, und an Freunde mailen. Sie können also ihren eigenen Song mit nach Hause nehmen."
Im Gebäude des Delta Music Institute, nur durch den Highway vom neuen Museum getrennt, kann es Trisha Walker kaum abwarten. Schon jetzt, sagt sie, hat sich die Stadt geändert.
"Es ist großartig, hier in Cleveland, Mississippi so eine Weltmarke zu erhalten. Das Grammy-Museum ist eine Bildungseinrichtung. Es wird einige sehr coole Ausstellungsstücke geben, und wunderbare interaktive Möglichkeiten. Vor allem aber geht es darum, die Musikgeschichte dieser Region zu verbreiten. Hier im Delta entstand der Blues. Das Museum wird mit seinen Angeboten in die Gemeinden ziehen, man wird Schulklassen einladen. Es sind bereits Geschäfte, Hotels und Restaurants entstanden, denn die Touristen kommen natürlich auch. Und last not least gibt das Museum auch unseren Studenten die Möglichkeit, Erfahrungen in der Kreativwirtschaft zu machen, über die jeder so viel spricht."
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