Nationaler Feiertag in Italien

Von Henning Klüver · 17.03.2011
Nachdem Mitte des 19. Jahrhunderts Österreich aus der Lombardei zurückgedrängt werden konnte und im Süden Garibaldi die Bourbonen verjagte hatte, war der Weg frei. Am 17. März 1861 wurde der König von Piemont-Sardinien König von Italien.
Am 17. März 1861 verabschiedete das erste Parlament des Landes in Turin ein Gesetz, das noch am selben Tag im Amtsblatt veröffentlicht wurde und in Kraft trat. Der Inhalt bestand aus einem einzigen Artikel:

"Artikel eins: Viktor Emmanuel der Zweite nimmt für sich und seine Nachfolger den Titel eines Königs von Italien an."

Jahre voller dramatischer Ereignisse gehen diesem Tag voraus. Wie anderswo in Europa sind demokratische Aufstandsbewegungen gescheitert. Geblieben sind jedoch Hoffnungen auf eine Vereinigung des in viele Mittel- und Kleinstaaten zersplitterten Landes. Österreich hält die Lombardei und Venedig besetzt und kontrolliert über dynastische Verbindungen die kleinen Fürstentümer Parma, Modena sowie das Herzogtum Toskana. In Mittelitalien prägt der Vatikanstaat die politische Landkarte. Und der Süden wird von Neapel aus durch die Bourbonen beherrscht.

Treibende Kraft der Einheitsbewegung ist das militärisch hoch gerüstete Königreich Piemont-Sardinien im Nordwesten. Dessen politische Führung unter König Viktor Emanuel II. strebt dabei eine Einigung Norditaliens an. Dabei wird sie in mehreren Kriegszügen gegen Österreich von Frankreich unter Napoleon III. unterstützt. Im Gegenzug für die Befreiung der Lombardei tritt Viktor Emanuel dem französischen Kaiser Nizza ab.

Auf historischen Ausstellungen illustrieren Videoinstallationen geräuschvoll die Schlachten der Unabhängigkeitskriege gegen Österreich. Doch dem Turiner König und seinem Ministerpräsidenten Camillo Graf von Cavour droht die Bewegung aus den Händen zu gleiten. Der Haudegen Giuseppe Garibaldi bringt auf eigene Initiative rund eintausend Kämpfer per Schiff von Genua nach Marsala auf Sizilien und rollt, immer mehr Freiwillige um sich sammelnd, das morsche Bourbonenreich auf. In Plebisziten entscheiden sich auch Gebiete, die wie die Romagna oder die Marken ehemals zum Kirchenstaat gehörten, für den Anschluss an Piemont-Sardinien. Derweil wollen Garibaldis siegreiche Kämpfer weiter Richtung Rom marschieren, wo der Papst residiert. Da sieht sich die Regierung in Turin zum Eingreifen gezwungen und schickt Truppen in den Süden, die wie eine Besatzungsmacht auftreten. Der Historiker Umberto Leva kommentiert:

""Im Jahr 1860 greifen die Garibaldiner im Süden ein. Im Herbst versperrt das piemontesische Heer ihnen den Weg und nimmt ihnen den Sieg. Es bestand die Gefahr, dass der Süden, also fast das halbe Italien, eine Art demokratische Regierung bekommen würde."

Doch Garibaldi hatte Fakten geschaffen, die auch Cavour nicht mehr umgehen konnte. Jetzt fanden Wahlen im ganzen Land statt. Ausgeschlossen blieben zunächst nur ein kleiner Teil des ehemaligen Kirchenstaates um Rom und die weiterhin von Österreich besetzten Gebiete von Venetien und Triest.

Im Februar 1861 trat das neu gewählte Parlament in Turin im Palazzo Carignano zusammen, wo bislang das "Parlamento subalpino", das Abgeordnetenhaus von Piemont getagt hatte. Doch die Räumlichkeiten waren für ein Nationalparlament viel zu klein. Umberto Leva, der auch das Turiner Nationalmuseum zur Einheitsgeschichte leitet, das heute in diesem Palazzo Carignano untergebracht ist:

""Wo versammelt man sich, wo wird Italien gleichsam proklamiert? Im Hof. Man baut im Hof des Palazzos einen Saal für rund 1000 Menschen, für die Abgeordneten und die Besucher. Hier wird am 18. Februar die Legislaturperiode eröffnet. Und am 17. März wird das Gesetz verabschiedet, mit dem das Königreich Italien entsteht."


Es entsteht, als Viktor Emanuel II. nach dem Anschluss der befreiten Gebiete an Piemont-Sardinien den Titel eines Königs von Italien annimmt. Das ist ein Anschluss, der besonders in Süditalien einer militärischen Eroberung gleichkommt und dort eine Art Bürgerkrieg auslöst, der zehn Jahre andauert. Diese problematische Integration des Südens in das neue Königreich hat Auswirkungen, die heute noch zu spüren sind. Im Norden hält sich die kleinbürgerliche Regionalpartei Lega Nord weitgehend den Jubiläumsveranstaltungen fern. Und in Süditalien gibt es Gruppen, die heute am 17. März, der in diesem Jahr zum Feiertag erklärt wurde, nichts zu feiern haben.