Nachhilfe in Sachen Parlamentarismus

Moderation: Ute Welty · 04.10.2012
24 junge Männer und Frauen aus sieben arabischen Ländern haben in den vergangenen Wochen als Stipendiaten den Bundestag kennengelernt. Unter ihnen war auch die jordanische Deutschlehrerin Maha Al-Aranki. Sie setzt in ihrem Land auf politische Bildung.
Ute Welty: Der Arabische Frühling im Bundestag endet morgen, denn dann sind die vier Wochen herum, in denen 24 junge Männer und Frauen aus sieben Ländern per Stipendium den deutschen Parlamentarismus kennengelernt haben. Das bedeutete viele Vorträge, Debatten, Seminare und auch jede Menge deutsch-deutsche Geschichte. Unter anderem hat das erlebt Maha Al-Aranki, Deutsch-Lehrerin aus Jordanien. Guten Morgen!

Maha Al-Aranki: Guten Morgen!

Welty: Haben Sie nach vier Wochen Berlin schon mal probegepackt, um zu gucken, ob der Koffer noch zugeht?

Al-Aranki: Ja! Ich habe sogar einen anderen Koffer mitgenommen.

Welty: Was kommt denn jetzt in Ihr Gepäck mehr, als Sie mitgebracht haben?

Al-Aranki: Ja eine ganze Menge! Also nicht nur Souvenirs. Ich befinde mich gerade in einem Souvenir-Shop und kaufe Souvenirs. Aber nicht nur Souvenirs kommen in meinen Koffer rein, sondern auch viel von Deutschland, vom Kulturleben, von der deutschen Geschichte und ja, vom Deutschen Bundestag.

Welty: Sie fliegen ja zurück als eine Art Hoffnungsträgerin, zumindest aus deutscher Sicht, als eine, die gesehen hat, wie es gehen könnte mit der Demokratie. Aber lässt sich das deutsche Modell so einfach auf Ihr Heimatland, auf Jordanien übertragen?

Al-Aranki: Nein, das wollen wir auch nicht. Das wird auch nicht klappen. Wir werden auch nicht das deutsche Modell eins zu eins auf Jordanien und auf die arabische Welt übertragen können, das wird auch nicht gehen. Aber wir waren vier Wochen hier, haben auch den deutschen Parlamentarismus kennengelernt. Wichtig ist: Wir haben uns auch darüber Gedanken gemacht, wie es bei uns gehen könnte.

Welty: Wie denn?

Al-Aranki: Politische Bildung ist mein Zauberwort, würde ich sagen. Ich bin Lehrerin und bei uns fehlt leider dieses politische Bewusstsein. Die politische Bildung ist auch kein Fach in der Schule, sie wird nicht in den Schulen gelernt, und das ist wichtig. Wenn man über Demokratie sprechen möchte, also einen demokratischen Staat erreichen möchte, dann ist das wirklich sehr wichtig, also die politische Bildung, das politische Bewusstsein bei den Schülern von Anfang an, nicht nur erst an der Uni, oder dass sie eine Partei gründen, aber die einfachsten Sachen, dass sie vielleicht wissen, wie das Parlament funktioniert. Das wissen die Schüler bei uns nicht. Man hat auch keinen Einblick in die Arbeit des Parlamentes.

Welty: Sie selbst haben ja jetzt vier Wochen intensivste politische Bildung hinter sich und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass der Bundestag ziemlich beeindruckend sein kann. Die Reichstagskuppel ist nicht umsonst ein Publikumsmagnet. Wenn Sie jetzt auf diese Zeit zurückblicken, was war Ihr erster Eindruck und wie hat der sich im Laufe der Zeit relativiert?

Al-Aranki: Das war natürlich auf den ersten Blick ein komisches Gefühl. Ich hatte ein komisches Gefühl bekommen, weil ich hatte mir noch nie gedacht, ich werde einmal ins deutsche Parlament, in den Bundestag kommen, mich da vertraut mit dem deutschen Parlamentarismus machen. Und wenn ich dann immer an Jordanien oder an die arabische Welt gedacht habe, dachte ich, Gott, wir haben einen sehr langen Weg vor uns bis zur Demokratie.

Aber mit der Zeit haben wir natürlich gelernt, wie das hier in Deutschland funktioniert, oder wir haben kennengelernt, wie die Sachen hier funktionieren, und wir haben auch vielleicht mehr Hoffnung gehabt, mehr Hoffnung gewonnen, das auch bei uns zu realisieren. Wir haben in der arabischen Welt den ersten Schritt gemacht, in Tunesien, in Ägypten mit dem Arabischen Frühling haben wir den ersten Schritt gemacht, und wir schauen mal, wie es auch weitergehen könnte.

Welty: Und jetzt mal unter uns zwei beiden: Wo haben Sie gedacht, die spinnen, die Deutschen?

Al-Aranki: Ja, hier spinnen die Deutschen? – Ich bin ja seit langer Zeit Deutsch-Lehrerin. Deshalb kenne ich mich ja schon lange mit der deutschen Kultur aus.

Welty: Sie meinen, da kann Sie nichts mehr überraschen?

Al-Aranki: Nein, eigentlich nicht viel.

Welty: Maha Al-Aranki aus Jordanien war vier Wochen Stipendiatin im Bundestag. Ich wünsche eine gute letzte Runde in Berlin und im Souvenir-Shop und eine gute Heimreise!

Al-Aranki: Super. Danke!

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