Lucian Freud: "Closer"

Intensive Bestandsaufnahme des Körpers

Carsten Probst im Gespräch mit Gabi Wuttke · 21.07.2017
51 Radierungen Lucian Freuds sind jetzt in der Ausstellung "Closer" im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen. Mit diesen Radierungen habe Freud gegenüber den Malereien seine Bestandsaufnahme des Körpers noch einmal intensiviert, meint Kunstkritiker Carsten Probst.
Berühmt wurde Lucian Freud vor allem für seine Porträts, in denen er sich Menschen und Tieren mittels einer fast wissenschaftlichen Beobachtung näherte.
Jetzt zeigt der Berliner Martin-Gropius-Bau in der Ausstellung "Closer" 51 Radierungen Freuds - eine Technik, der sich der 2011 verstorbene britische Maler und Enkel Sigmund Freuds erst in seinem Spätwerk ab 1982 verstärkt zugewandt hatte. Die Radierungen hätten es Freud erlaubt, seine "Bestandsaufnahme des Körpers" noch einmal zu intensivieren und noch näher an sein Objekt heranzukommen, so unser Kunstkritiker Carsten Probst. Dafür habe Freud ein eigenes, "sehr intensives" Liniensystem erfunden.

Radierungen wie Malereien angefertigt

"Viele Motive kennt man natürlich aus den Malereien, aber es sind rohere, unmittelbarere Fassungen dieser Motive, zum Beispiel bei seiner Mutter, die hat er sehr häufig porträtiert", sagte Probst im Deutschlandfunk Kultur. "Da sind diese Linien fast wie ein Gitterwerk, wie ein Netzwerk, wie Strahlen, die das ganze Gesicht überwölben und manchmal fast unkenntlich machen und daraus bildet sich dann aber doch diese Struktur dieses Gesichts. Das ist eine ganz eigene Intensivierung noch mal seiner Art, sich Personen anzueignen."
Bemerkenswert sei auch, dass Freud seine Radierungen wie Malereien angefertigt habe, "nämlich auf der Staffelei vor dem lebenden Modell", betont unser Kunstkritiker. "Ich glaube, in dieser Hinsicht wirken dieser Radierungen nochmal roher, nochmal wie eine Fokussierung. Sie zwingen eigentlich den Betrachter nochmal zu einer unmittelbaren Herausforderung, weil er diese Linien alle nachvollziehen muss, diese Körper neu zusammensetzen muss."
Die Werke Freuds, die vom 22.7. - 22.10. 2017 in der Ausstellung "Closer" im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen sind, stammen aus der UBS Art Collection, eine der größten Firmensammlungen für Gegenwartskunst.
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