Liv Strömquist über Geschlechterklischees

Ehefrauen? - Die wollen nur reden!

Liv Strömquist: "Sich einfach mal fallen lassen"
Liv Strömquist: "Sich einfach mal fallen lassen" © Liv Strömquist / avant-verlag
Liv Strömquist im Gespräch mit Moderatorin Gesa Ufer · 26.02.2018
Frauen sind emotional klug und kümmern sich um andere, Männer sind Einzelgänger und gefühllos - diese Art von Vorurteilen zementieren toxische Rollenklischees. Aber wie sind diese Konstrukte entstanden? Die schwedische Comiczeichnerin Liv Strömquist zerpflückt althergebrachte Muster.
Die Gefühle der Liebe sind nicht gefährlich und auch vor dem Liebesschmerz sollten wir keine Angst haben, rät die Schriftstellerin und Zeichnerin Liv Strömquist sowohl Männern als auch Frauen. Die Comic-Autorin ("Vom Ursprung der Liebe") sagte im Deutschlandradio Kultur, Gefühle seien ganz einfach Fakten des menschlichen Lebens. Und in der Liebe sollte jeder offen und mutig sein.

Das Klischee: Männer machen Witze, Frauen wollen Intimität

Für die Recherchen zu ihrem neuen Buch ist die einflussreiche Comic-Zeichnerin, die für verschiedene schwedische Magazine und Zeitungen tätig ist, ungewöhnliche Wege gegangen:
"Ich habe mir die vier bestbezahlten Comedy-Darsteller der letzten Jahre angesehen, - da sind zum Beispiel Jerry Seinfeld oder Charlie Sheen dabei - und ich habe dabei festgestellt, dass alle diese Männer viele Witze über ihre Beziehung zu Frauen machen und dass sich diese erstaunlich ähnlich sind und dass sie auch ähnliche Beziehungen zu Frauen haben: Alle wollen intime Liebesbeziehungen möglichst erst gar nicht zustande kommen lassen, wo hingegen die Frauen Liebe wollen, Intimität wollen."
Liv Strömquist betont, dass mit diesen Serien eben nicht einfach nur ein Muster bedient wird, sondern dass dieses Rollenverhalten für "den Mann" und "die Frau" manifestiert werde.
"Die in vielen Serien dargestellten Klischees seien, dass Männer oft Ehefrauen haben, die immer mit ihnen reden wollen, oder romantisch essen gehen wollen oder einen Abend nur zu zweit verbringen wollen und die Männer lieber Sport im Fernsehen gucken wollen und im Fall von Seinfeld überhaupt erst gar keine Beziehung eingehen möchten."
Hier werde immer ein Stereotyp bedient: "Männer wollen vermeiden, in intime Beziehungen einzutreten, während die Frauen das unbedingt wollen: emotional intim werden."

Wenn Frauen keine autonomen Persönlichkeiten sind

Liv Strömquist betont, dass sie der Psychologie-Theoretikerin Lynn Layton folge, nach deren psychoanalytischer Sicht die Rollen der Menschen bereits sehr früh im Kleinkindalter geprägt werden:
"Wenn die Kinder in einer heterogeprägten Familie mit typischen Geschlechterrollen aufwachsen, ist es so, dass der Mann meistens weniger emotionalen Kontakt mit den Kindern hat, als die Frau."
Bereits bei kleinen Jungs werde so festgelegt, dass Gefühle ein feminines Feld seien, so Liv Strömquist.
"Um ein richtiger Mann zu werden, müssen Jungs versuchen, diesen Bereich der Gefühle zu vermeiden. Und bei den Mädchen ist es so, dass sie - andersherum - keinen Zugang zu ihrer eigenen Freiheit finden: Ohne eine emotionale Beziehung zu einem Mann können sie sozusagen ihre eigene Freiheit nicht spüren. Also sie sind keine autonomen Persönlichkeiten."
Liv Strömquist: "Sich einfach mal fallen lassen"
Liv Strömquist: "Sich einfach mal fallen lassen"© Liv Strömquist / avant-verlag
Als recht groben Ratschlag für alle, die eben genau diese Muster nicht fortsetzen wollen in ihren Beziehungen, rät Liv Strömquist:
"Ich denke, man muss vor allem anfangen, sich zu bilden, sich zu informieren."

Liv Strömquist ist eine schwedische Comiczeichnerin und Radiomoderatorin. Sie beschäftigt sich mit gesellschaftspolitischen Inhalten rund um die Themen Macht, Ungerechtigkeit und Feminismus. 2017 erschien zum ersten Mal eines ihrer Bücher auf Deutsch: "Der Ursprung der Welt". Darin setzt sich Liv Strömquist mit der Tabuisierung der weiblichen Genitalien und der damit einhergehenden Unterdrückung auseinander. Nun erscheint im Avant Verlag ein weiterer Comic von Liv Strömquist: "Der Ursprung der Liebe"

© Livia Rostavaniy
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