Kühnert, Klose und Co. in den Medien

Warum werden junge Politiker verniedlicht?

Der Bundesvorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, spricht am 13.01.2018 in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) beim SPD-Landesparteitag.
Juso-Bundesvorsitzender Kevin Kühnert – "Wie komme ich auf Kleinert, um Himmels willen?" © dpa-Zentralbild / Klaus-Dietmar Gabbert
Christoph Sterz im Gespräch mit Max Oppel · 22.01.2018
"Milchbubi", "aufgeregtes Mädchen" – junge Politiker werden von Altvorderen und in den Medien nicht für voll genommen. Ein Fehler, sagt Medienjournalist Christoph Sterz. Auch weil Kühnert & Co. Identifikationsfiguren der jungen Menschen seien.
Gleich mehrmals unterlief Polittalk-Moderatorin Maybrit Illner der Lapsus: In ihrem ZDF-Polittalk am vergangenen Donnerstag stellte sie den Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert als "Kevin Kleinert" vor. Und scherzte: "Wie komme ich auf Kleinert, um Himmels willen?"
Vielleicht "Klein-" statt "Kühn-", weil Illners Unterbewusstsein den für seine exzellenten Reden gelobten Kühnert insgeheim eher als Polit-Küken betrachtet? In der Sendung wurde jedenfalls auf ihn mehrmals nur als "dieser junge Mann" Bezug genommen.
Doch nicht nur Kevin Kühnert wird in den Medien regelrecht verniedlicht. Auch Peter Huth, Chefredakteur der "Welt am Sonntag", sorgte für Unmut, als er Annika Klose, Juso-Landesvorsitzende von Berlin, nach ihrer Rede als "aufgeregtes Mädchen" bezeichnete.

Unbewusste Herabwürdigung

Huth wollte damit zum Ausdruck bringen, dass die Jung-Politikerin Klose mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als der gestandene Genosse Martin Schulz, und äußerte Unverständnis über die verärgerten Kommentare in den Sozialen Netzwerken, die seine Formulierung auf sich zog.
Der "Welt am Sonntag"-Chef hätte sich sicherlich auch anders ausdrücken können, meint der Medienjournalist Christoph Sterz und vermutet: "Es ist schon so, dass nicht mal verstanden wird, dass es da eine Herabwürdigung gibt."
Insofern hätte es auch bei Maybrit Illner keinen Unterschied gemacht, ob Kevin Kühnert oder Annika Klose dort gesessen hätte, vermutet Sterz. Im Gegenteil: Politikerinnen hätten als Frauen oft noch mit mehr Respektlosigkeit zu kämpfen. Die Bundeskanzlerin selbst sei das beste Beispiel dafür: Sie sei erst "Kohls Mädchen" gewesen, dann zur "Mutti" geworden.

Zu wenig Junge in den Talk-Sendungen

Sterz sagte weiter, es falle ihm immer wieder negativ auf, wie die einschlägigen Talkshows mit jungen Gästen umgingen. Selbst wenn Sendungen, wie etwa "Hart aber fair" mit Frank Plasberg, gezielt Erstwähler in die Sendung einlüden, würden diese seiner Beobachtung nach nicht wirklich für voll genommen und in die Sendung eingebunden.
Sterz erkennt dahinter auch Ignoranz. Denn viel klüger wäre es seiner Meinung nach, die Gästelisten zu verjüngen und deutlich häufiger auf Themen und damit auch Gäste zu setzen, die ein junges Publikum interessierten.
(mkn)
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