Kampf gegen den Feind im Innern

Von Katja Riedderbusch und Barbara Schmidt-Mattern · 19.01.2010
Schon seit geraumer Zeit zeigt man sich in Washington alarmiert über den Stress, dem Soldaten und ihre Angehörigen bei den Einsätzen in Afghanistan und im Irak ausgesetzt sind. Selbstkritisch bemerkte Verteidigungsminister Gates Ende letzten Jahres , dass posttraumatische Belastungsstörungen traumatische Hirnschädigungen und andere psychische Leiden im Militär weit verbreitet und tief verwurzelt seien.
Und jetzt werden erstmals Konsequenzen gezogen: Die US-Regierung hat den Kampf gegen PTSD zu einer politischen Priorität erklärt, im Verteidigungshaushalt für 2010 sind 3,3 Milliarden Dollar für Forschung und Prävention vorgesehen.

"Hello Infantry"

"Hallo Infanterie. Die Infanterie ist mein Leben. Ich will ein Teil der Kampfmaschine sein, der bedrohlichen Kampfmaschine." Dieses Marschlied singen Rekruten der US-Armee bei ihrer Grundausbildung. In Fort Benning im Bundesstaat Georgia zum Beispiel, einem der größten Stützpunkte des amerikanischen Heeres.

Hier, in der 198. Infanterie-Brigade, absolvieren derzeit rund 5000 Rekruten ihre Grundausbildung. Nach 14 Wochen Boot Camp werden sie zu den Luftlandetruppen, den Fallschirmjägern, den Spezialeinheiten versetzt.

Und nach ein paar Wochen Gefechtstraining dann nach Afghanistan oder in den Irak verschickt. Private Cody Harbin ist einer von ihnen. Eine wichtige Lektion hat er im Training bereits gelernt:

"Ich hab' keine Probleme damit, um Hilfe zu bitten. Wir sind ja schließlich alle Menschen, und jeder hat seine Grenzen. Je länger Du etwas für Dich behältst und wegdrückst, desto mehr schadet es Dir, Deiner Familie und Deinen Kameraden. Also ist es besser, darüber zu reden. Je kaputter Du bist, desto kaputter ist alles andere um Dich herum.""

Vor zehn Jahren wäre Cody Harbin noch ein Außenseiter gewesen, als Schwächling von seinen Ausbildern verhöhnt, als Weichei von seinen Kameraden verspottet. Aber heute ist es umgekehrt. Heute lautet das Paradigma der amerikanischen Streitkräfte: Sucht Hilfe. Wer Hilfe verweigert, bringt andere in Gefahr.

PTSD: So heißt das Kürzel, das in den USA für Schrecken sorgt: Post Traumatic Stress Disorder - Posttraumatische Belastungsstörungen. Der Name ist noch jung, die Symptome gibt es so lange wie Menschen Kriege führen. Im Ersten Weltkrieg sprach man vom "shell shock", vom Granatfieber, vom Kriegszittern, im Zweiten Weltkrieg von Kriegsneurosen, später vom Post-Vietnam-Syndrom.

Was genau ist PTSD?

Dr. Paula Schnurr: "Posttraumatische Belastungsstörungen werden oft mit Kriegstraumata gleichgesetzt. Aber es trifft auf jeden zu, der etwas Schreckliches erlebt hat. Im Kern ist PTSD die Unfähigkeit, sich von einem Schock zu erholen. Es ist eine lang anhaltende, schwere und hartnäckige Reaktion auf traumatische Erlebnisse."

Sagt Dr. Paula Schnurr, Vize-Direktorin des Nationalen Zentrums für PTSD beim amerikanischen Ministerium für Veteranen.

Die Symptome reichen von Depressionen über Erschöpfungszustände, Gedächtnislücken, Schlafstörungen, Alpträume, Reizbarkeit bis hin zu unkontrollierten Wut- und Gewaltausbrüchen. Der Amoklauf des Militärpychiaters Nidal Malik Hasan auf dem Armee-Stützpunkt Fort Hood in Texas kostete vor wenigen Wochen 13 Soldaten das Leben. Noch ist nicht geklärt, ob der eigene Stress des Traumahelfers bei der Tat eine Rolle spielte.

Seit 2001 hat sich die Selbstmordrate in der US-Armee verdoppelt. Alkohol- und Drogenmissbrauch unter Kriegsheimkehrern nehmen zu, ebenso wie Fälle von häuslicher Gewalt und Kriminalität. Viele Kriegsveteranen geraten in die Abwärtsspirale von Arbeitslosigkeit, Armut und Obdachlosigkeit.

Nach aktuellen Erhebungen zeigt jeder fünfte US-Soldat, der im Irak oder in Afghanistan im Einsatz war, Symptome von PTSD. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich höher. Hinzu kommen immer mehr Gehirnschäden als Folge der Bombendetonationen.

Gerade hat Präsident Barack Obama die Entsendung von 30.000 zusätzlichen Truppen nach Afghanistan angeordnet. Doch für einen solchen Kraftakt braucht es gesunde Soldaten. Denn: Traumatisierte Krieger sind schlechte Krieger.

Cody Harbin und 200 weitere Rekruten in der Echo Company 2-58 befinden sich in der sechsten Woche ihrer Grundausbildung. Ganz zu Beginn klärt der Drill-Instructor seine Rekruten über Warnsignale von PTSD auf und die möglichen Folgen, wenn die Krankheit unbehandelt bleibt. Doch mehr als eine Unterrichtsstunde ist nicht drin.

Im Boot Camp der US-Army geht es vor allem um eines: Das Handwerkszeug des Infanteristen zu lernen: den Umgang mit dem Gewehr, Fußmärsche, taktische Orientierung im Gelände, Häuserkämpfe. Die trainieren die Rekruten in einer Attrappenstadt aus Holz.

Ziel der Grundausbildung bei der US Army ist es, aus Zivilisten Soldaten zu formen. Schon nach sechs Wochen sind die Rekruten in Fort Benning eingeschworen auf ihr neues Ich in Uniform. Private Ronald Green aus Missouri zum Beispiel, ein junger Afroamerikaner mit markigem Blick. Warum er zur Army gegangen ist?

Ronald Green: "Um ein besserer Mensch zu werden. Wenn ich eines Tages Kinder habe, kann ich sagen: Ich war in der Armee, und ich habe etwas Positives aus meinem Leben gemacht."

Dass die Rekruten schon bald nach der Grundausbildung in den Kampf ziehen werden, schreckt sie nicht. Im Gegenteil, sie wollen dabei sein, beim Krieg ihrer Generation. Auch Private Cody Harbin ist überzeugt, das Richtige zu tun:

Cody Harbin: "Ich will dort sein, wo die Kämpfe sind. Man muss schon aus besonderem Holz geschnitzt sein, um sein Leben zu riskieren für Amerika. Wir wollen unserem Land und unseren Kameraden in schweren Zeiten beistehen, wir wollen alles geben und hoffen, dass wir heil nach Hause zurückkommen."

Heil nach Hause kommen, das wünschen sie sich auch in Fayetteville, der 175.000-Einwohner-Stadt in North Carolina, gelegen im Südosten der USA. Nur wenige Kilometer entfernt vom Stadtzentrum liegt Fort Bragg: Mit mehr als 40.000 Soldaten einer der größten Militärstützpunkte im Süden der USA. Das 50 Quadratkilometer riesige Areal ist Hauptquartier des 18. Luftlandekorps und der Fallschirmjäger.

Doch die vergleichsweise hohe Kriminalitätsrate beschert der Stadt einen zweifelhaften Ruf. Im Jahre 2002 erschütterte eine Mordserie an Soldatinnen die Stadt, Fayetteville landete USA-weit in die Schlagzeilen. Auch in den letzten Jahren sind immer wieder Soldaten vom nahe gelegenen Stützpunkt Fort Bragg als Täter in Verdacht geraten, oder sie werden tatsächlich verurteilt.

TV-Nachrichtenspot: "The death of a pregnant Fort Bragg Soldier is now being treated as a homicide. Army Specialist Megan Touma was found dead in a Fayetteville North Carolina motel last week. Police say they have a person of interest in that case."

Tagelang liegt die Leiche der 23-jährigen Megan Touma in der Badewanne eines Hotelzimmers in Fayetteville, Auch Megan Touma war in Fort Bragg stationiert. Wenige Monate vor ihrem Tod im Juni 2008 hatte sie eine Affäre mit einem verheirateten Kameraden begonnen. Als die junge Frau zu Tode kam, war sie im siebten Monat schwanger.

Chuck: "Es war nicht irgendeine Absteige, sondern ein Mittelklassehotel, und irgendwie lag ihre Leiche da eine Woche lang. Hier in Fayetteville hatten viele das Gefühl, dass die Polizei ihren Job nicht gut gemacht habe."

Sagt Chuck Fager. Seit sieben Jahren leitet er das Quäkerhaus in Fayetteville: Eine Adresse für Pazifisten, mitten in der Soldatenstadt.

Chuck: "Vor allem war seltsam, dass die zuständige Dienststelle in Fort Bragg nicht reagierte. Dass der Armee nicht aufgefallen ist, dass Megan Touma tagelang nicht zur Arbeit erschienen war. Sie war aktiv im Militärdienst, und es verstößt gegen das Gesetz, einfach nicht aufzutauchen. Über eine Woche lang blieb sie verschwunden und niemand suchte nach ihr."

Die Behörden verhaften schließlich den Geliebten des Opfers, einen Soldaten aus Fort Bragg. Er soll der Vater des ungeborenen Kindes gewesen sein. Auch die Soldatin Maria Lauterbach ist schwanger, als sie Opfer eines Gewaltverbrechens wird.

Am 12. Januar 2008 wird ihre verkohlte Leiche gefunden, unweit von Camp Lejeune an der Atlantikküste, Basis der Marines in North Carolina. Als mutmaßlichen Täter verhaftet die Polizei wiederum einen Soldaten. Denselben Mann hatte Maria Lauterbach zuvor wegen Vergewaltigung angezeigt. Sieben Monate später verschwindet sie spurlos.

Mary Lauterbach: "Am 21. Dezember fand man ihr Handy an einer Autobahn liegend. Da wusste ich, es gibt kein gutes Ende, denn Maria hätte ihr Handy niemals so weggeworfen."

Mary Lauterbach, die Mutter der ermordeten Soldatin, spricht ein halbes Jahr nach dem Tod ihrer Tochter vor einem Untersuchungsausschuss, im Kongress in Washington. Eine Anhörung über sexuellen Missbrauch in der US-Armee.

Aus Sorge um ihre wochenlang verschwundene Tochter hat sich Mary Lauterbach mehrfach auf dem Stützpunkt ihrer Tochter gemeldet, aber sie fühlt sich dort nicht ernstgenommen. Mary Lauterbach erhebt schwere Vorwürfe gegen die Armee:

"Ich sagte ihnen, ich habe Todesangst um meine Tochter. Doch im Bericht der Marines hieß es dann, ich, die Mutter hätte zu keinem Zeitpunkt etwas von meiner Angst gesagt. Das stimmt einfach nicht."

Die Morde an Maria Lauterbach und Megan Touma haben in Fayetteville und Umgebung Bestürzung und große Anteilnahme ausgelöst. Viele in der Stadt sehen diese Verbrechen auch als eine Folge der psychischen Belastung durch die Kriegseinsätze, genauso wie die gestiegene Selbstmordrate unter Soldaten. Doch immer öfter richtet sich die physische oder emotionale Gewalt auch gegen die eigene Familie.

Die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt ist seit Beginn des Irakkrieges in Fayetteville in die Höhe geschnellt. Die ständigen Auslandseinsätze machen die Männer mürbe, sagt Tracy Hommel, die für die Frauen-Organisation NOW arbeitet und Soldatenfamilien betreut:

Tracy Dommel: "Wenn ein Soldat in den Auslandseinsatz geschickt wird, lässt er hier seine Familie zurück. Die Mütter sind dann alleinerziehend, sie müssen sich um die Schule der Kinder, um Rechnungen usw. alleine kümmern. Wenn der Mann dann zurückkommt, gibt es nicht nur Probleme in der Partnerschaft, sondern in der ganzen Familie.

Oft hat die Mutter sich zum ersten Mal um alles allein gekümmert. Das bedeutet großen Stress für alle Beteiligten. Doch darüber wird nicht geredet, man sieht auch nichts. Denn häusliche Gewalt findet still im Verborgenen statt."

Nicht immer kommt es zu Handgreiflichkeiten, doch die gedrückte Stimmung in manchen Soldatenfamilien ist weit verbreitet. Wie sehr, das lässt sich in einem viel genutzten Blog nachlesen, den die Lokalzeitung von Fayetteville auf ihre Internetseite gestellt hat. Unter dem Titel "Operation Marriage", Operation Hochzeit, schreibt die frühere Redakteurin und Soldatenfrau Rebecca Sanderlin dort am 28. Oktober 2008 über ihre kaputte Ehe:

"Nach fast sieben Jahren, zwei Kindern, einem Hund und einem gemeinsamen Haus ist "Operation Hochzeit" – also unsere Ehe – ein Scherbenhaufen. Wenn Du Dich in dieser Schlacht zuhause direkt an der Heimatfront befindest, und trotz dieser unerbittlichen Einsätze im Irak und Afghanistan Deinen Verstand, und trotz diesem unkalkulierbarem Stress Deine Ehe erhalten willst, dann wird Dir klar, dass es nicht ausreicht, die Wölfe draußen vor dem Tor einfach nur in Schach zu halten."

Der Krieg selbst ist in Fayetteville eine Art Familienmitglied geworden: Fast jeder hier hat einen Vater, einen Sohn, oder auch eine Schwester, die im Irak oder in Afghanistan im Einsatz waren. Oder sind. Oder demnächst sein werden. Immer öfter fällt der Vergleich mit Vietnam. Chuck Fager, der Friedensaktivist aus dem Quäker Haus, weist allerdings auf einen wichtigen Unterschied hin.

"Damals, während des Vietnam-Kriegs, waren die meisten Soldaten nicht verheiratet. Jetzt gibt es viel mehr Familien, und damit auch mehr Familien unter Stress. Der zweite Unterschied ist: Nach Vietnam wurde ein Soldat meistens nur einmal geschickt, meistens für ein Jahr. Was aber Irak und jetzt Afghanistan betrifft, da wirst Du wieder und wieder und wieder hingeschickt."

Umso mehr versuchen Armee und Stadtverwaltung gegenzusteuern: Fort Bragg bietet seinen Soldaten unter anderem verschiedene Kurse zur Prävention von häuslicher Gewalt an, und eine 24-Stunden-Hotline für die Opfer. Auf der Internetseite von Fort Bragg sind Telefonnummern und Anlaufstellen allerdings erst nach langer Suche zu finden.

Chavonne: "Die Armee und die Stadt haben sehr gut erkannt, wie dringend wir eine Anlaufstelle für die Familien brauchen."

Sagt der Bürgermeister von Fayetteville, Anthony Chavonne:

"Wenn Soldaten in den Einsatz geschickt werden, ist es wichtig, dass jemand hier ist, der ihre Familien, ihre Kinder unterstützt – damit die Soldaten sich auf ihren Einsatzort und ihre Aufgabe konzentrieren können. In dieser Frage hat sich wirklich vieles verbessert in den letzten zehn Jahren, die Armee erkennt jetzt an, wie wichtig das ist. Wir sagen hier immer: Wir passen auf die auf, die auf uns aufpassen."

Keine Stadt in North Carolina sei so patriotisch wie Fayetteville, behauptet Bürgermeister Anthony Chavonne. Eine Einschätzung, die der Quäker Chuck Fager ganz und gar nicht teilt.

"Für mich klingt das ziemlich dumm. Natürlich sind die Leute sehr stolz hier, aber wenn es um den Krieg geht, spüren sie eine große Ermüdung. In den USA herrscht mittlerweile eine unheilige Übereinkunft: Soldat im Krieg zu sein, wird als ein Geschäft oder ein Berufsfeld angesehen, als wenn man ein Klempner wäre. Die amerikanische Gesellschaft denkt darüber nicht nach."

Die US-Regierung hat die Bekämpfung von PTSD, der Posttraumatischen Belastungsstörung, mittlerweile zu einer politischen Priorität erklärt. Im Verteidigungshaushalt sind für 2010 insgesamt 3,3 Milliarden Dollar für Forschung und Prävention von PTSD vorgesehen.
Bereits in den vergangenen Jahren haben die verschiedenen Teilstreitkräfte – Heer, Marine, Luftwaffe und Marineinfanterie - Programme entwickelt, die das Bewusstsein der Soldaten und ihrer Familien im Umgang mit PTSD schärfen sollen. Auch wird den Rekruten die Botschaft vermittelt: Fitness hat eine körperliche und eine mentale Seite.

Die Soldaten werden ferner von Militärspsychologen untersucht – vor, während und nach dem Kampfeinsatz. Das Wichtigste Screening finde oft erst ein halbes Jahr nach der Rückkehr aus dem Kriegsgebiet statt, sagt Colonel Daniel Kessler, der Kommandeur der 198. Infanteriebrigade in Fort Benning, dem Stützpunkt im Bundesstaat Georgia:

"Es braucht eine Weile, bis der Soldat sich nach seiner Heimkehr wieder in das normale Leben integriert. Oft beginnt er erst nach drei, vier Monaten, seine Kriegserlebnisse wirklich aufzuarbeiten."

Unter besonderer Beobachtung stehen die Ausbilder. Unteroffiziere, die schon mehrfach im Kriegseinsatz waren. Kampferprobte Soldaten wie Sergeant First Class Bernie Brooks. Er ist seit 13 Jahren beim Heer, war zweimal im Irak, zuletzt 15 Monate. Seine Erfahrung im Feld macht ihn glaubwürdig bei seinen Rekruten. Außerdem erkennt er sofort die ersten Anzeichen von Stress-Symptomen: Heimweh, Depression, Absonderung von der Einheit, Lethargie.

Bernie Brooks: "A lot of it is being homesick, feeling down, feeling left out ... as if they are not part of the team. They don't want to work; they give up on themselves. Just little things that as a drill sergeant you need to catch on."

Bernie Brooks spricht aus eigener Erfahrung:

"PTSD ist nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen darf. Ich habe viele meiner Freunde und Kameraden daran zerbrechen sehen. Ich selbst hatte entsprechende Symptome. Und ich bin sicher: Fast jeder, der im Einsatz war, hat Erfahrungen damit gemacht."

Die Armee hat auf ihren großen Stützpunkten wie Fort Hood, Fort Benning, Fort Bragg Zentren eingerichtet, in denen sich die Soldaten mental auf die Kampfeinsätze vorbereiten, sich nach der Rückkehr erholen, Normalität proben können in geschütztem Raum. Dort gibt es Yoga-Kurse, Gesprächstherapien, auch Freizeitveranstaltungen für die Familie.

Seit 2007 hat das amerikanische Heer ferner 900 neue Psychologen eingestellt. Die Aufstockung soll fortgesetzt werden. Vor allem im Feld soll es künftig mehr psychologisch geschultes Personal geben: Armeeangehörige mit einer Ausbildung als Psychologen, Psychiater, Sozialarbeiter. Die sind in die Kampftruppen eingebettet. Ein sinnvolles Konzept, findet Dr. Sonja Batten, Vize-Direktorin des Zentrums für Psychische Krankheiten und Hirnverletzungen der US-Armee in Baltimore, Maryland.

Sonja Batten: "Diese Helfer sind Teil der Einheit. Sie sind selbst Soldaten und werden von den Truppen deshalb nicht in erster Linie als Ärzte gesehen. Da ist die Hemmschwelle niedriger, und die Gespräche sind lockerer. Das ist wichtig."

Schließlich: Wissenschaftliche Studien sollen helfen, Risikofaktoren für posttraumatische Belastungsstörungen klarer zu bestimmen. Studien, die neuro-biologische, psychologische, genetische und soziale Faktoren einbeziehen. Doch die Forschung steht noch am Anfang. Zwar gebe es statistische Trends, sagt PTSD-Expertin Paula Schnurr: So entwickeln Frauen schneller Trauma-Symptome als Männer, jüngere Menschen eher als ältere.

Eine individuelle Voraussage sei jedoch nur schwer möglich. Es gebe, so Schnurr, keinen bestimmten Bluttest oder andere klare Diagnosekriterien, die zuverlässig darüber Aufschluss gäben, ob jemand für PTSD disponiert sei oder nicht.

Die Experten sind sich einig: Nur ein Kultur- und Bewusstseinswandel in Militär und Gesellschaft kann langfristig helfen, Traumaschäden bei ehemaligen Frontsoldaten zu bekämpfen.

Bei den Rekruten in Echo Company 258 scheint die Botschaft immerhin angekommen zu sein. Sie alle würden Hilfe suchen, versichern sie, sollte der posttraumatische Stress sie eines Tages überwältigen. Aber das ist Zukunft. Jetzt wollen sie erst einmal das Boot Camp, also das Grundtraining, beenden und dann in den Krieg ziehen. Genauso wie ihr Ausbilder.

Sergeant First Class Bernie Brooks will sich freiwillig zum Einsatz im Feld melden, sobald sein Einsatz als Drill Instructor in Fort Benning vorüber ist. Trotz steigender Todeszahlen in der Truppe. Trotz steigender Zahlen von PTSD, Hirnverletzungen und anderen Verstümmelungen. Warum? Bernie Brooks zuckt mit den Schultern.

Bernie Brooks: "Ich bin einfach bereit dafür. Ich will mich um meine Soldaten kümmern, sie in den Kampf führen und nach Hause zurück bringen."