Jahrespressekonferenz

Zeitungsverleger plötzlich sorgenfrei?

Deutsche Tageszeitungen am 13. Juli 2015
Berichterstattung im Zeichen der Griechenland-Krise: deutsche Tageszeitungen vom 13. Juli 2015 © Deutschlandradio-Maurice Wojach
Von Nora Hoffbauer |
Weniger gedruckte Exemplare und trotzdem gute Stimmung - was ist passiert in der Zeitungsbranche? - Es scheint, als hätten sich die Zeitungsverleger mit der digitalen Welt versöhnt. Doch wie guter Journalismus im Netz auf Dauer finanziert wird, bleibt weiter unklar.
Die Zeitungsbranche blickt optimistisch in die Zukunft, wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) auf seiner heutigen Jahrespressekonferenz verkündete. Und das trotz eines leichten Umsatzrückgangs von minus 0,6 Prozent im Vergleich zu 2014.
Die Gesamtauflage der deutschen Tageszeitungen beträgt aktuell 20,71 Millionen - das sind allerdings sogar 4,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. Als Grund dafür gilt der Boom von Billigfluglinen, die keine Boardexemplare mehr anböten, so der BDZV. Dennoch ist von Sorgen beim BDZV derzeit wenig zu spüren. Das liegt vor allem am Digitalgeschäft, das als Wachstumstreiber gilt.
Aber ist die Zukunft für Tageszeitungen im Internet tatsächlich so rosig?

Lesen Sie hier das Manuskript des Beitrags:
Schon lange liegt sie nicht mehr auf jedem Frühstückstisch: die Tageszeitung. Seit Jahren gehen die Umsätze der Zeitungen kontinuierlich zurück. Auch für das Jahr 2014 melden die deutschen Zeitungsverlage ein Minus von 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Dennoch ist der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger optimistisch, denn das Geschäft verlagere sich ins Internet. Der E-Paper Markt boomt. Schon im ersten Quartal dieses Jahres gab es 733.000 verkaufte E-Paper. Zum Vergleich: 2014 waren es noch 590.000 – und das im zweiten Quartal.
Für Hans-Joachim Fuhrmann, Leiter des Geschäftsbereichs Kommunikation des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, sind zukünftige Bezahlschranken im Internet unumgänglich:
"Wenn man bedenkt, dass es vor drei Jahren noch eine Handvoll Verlage waren, die damit begonnen haben, ein Kassenhäuschen im Internet aufzustellen und wir jetzt schon bei fast 120 Verlagen sind, dann muss man schon feststellen, dass da eine enorme Entwicklung ist, die da stattfindet. Und unser Eindruck ist, über kurz oder lang werden alle Verlage sich die Inhalte im Internet bezahlen lassen. Es ist schön, dass es die Werbeeinnahmen gibt, aber die werden nicht ausreichen."
Auch der Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff glaubt, dass vor allem die Jungend mit digitalen Angeboten abgeholt werden kann:
"Das mag sein, dass die Printaffinität bei der Jugend sinkt, aber dafür steigt aber auch die Nutzung im elektronischen Bereich und da holen die Verlage die Nutzer ab. Wir machen auch immer wieder Workshops mit jungen Leuten und da erfahren wir immer wieder, dass die sagen: Eigentlich müssten wir noch mehr lesen. Also den Stellenwert der Zeitung, den haben die jungen Leute erkannt und das stimmt mich absolut optimistisch."
Es fehlt der Glaube an eine neue Form von Journalismus
Ein Optimismus, den nicht jeder teilt. Denn seine Inhalte lediglich online zu stellen und zu hoffen, dass dafür jemand bezahlt, das reicht nicht.
"Ich hab' manchmal das Gefühl, dass diese Organisationen auch schnell dabei sind, sich das schön zu reden. Schau doch mal: Es geht doch auch so, wie wir das gemacht haben. Was mir fehlt, ist die prinzipielle Überzeugung, dass neue Distributionskanäle auch eine neue Form von Journalismus benötigen."
Professor Jasper Andre Friedrich von der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin:
"Ein Zeichen unserer Zeit ist die Individualisierung. Und das sieht man auch am Zeitschriften Markt. Also wir haben 1995 etwa 1000 Publikumszeitschriften gehabt. Heute gibt’s ungefähr 1600, also 600 mehr als 95. Das liegt daran, dass jetzt eben die Möglichkeiten gegeben sind, sich individuell zu informieren. Das bedeutet, dass die Leserschaft auf der Suche nach diesen individuell zugeschnitten Journalismus gibt. Und das zeigt uns auch, dass eigentlich die Binnenpluralistische Tageszeitung ausgedient hat."
Jedenfalls so lange in der Tageszeitung Nachrichten stehen, die der Leser auch überall anders findet. Denn wer zahlt für Printausgaben oder digitale Angebote, wenn bloß Agenturmeldungen abgedruckt werden?
Der Leser wird nur bereit sein, für individuelle, fundiert recherchierte und nicht austauschbare Geschichten zu bezahlen. Ob die Printausgaben dann eines Tages ganz verschwinden, darüber mag Hans-Joachim Fuhrmann nur spekulieren:
"So lange der Markt so interessant ist, dass es sich lohnt gedruckte Zeitungen zu machen, werden die Verlage auch gedruckte Produkte machen und parallel werden sie die Internetangebote weiterentwickeln und letztendlich ist es ja egal, auf welcher Plattform wir die Leute erreichen."
Die Frage also, ob in Zukunft Nutzer bereit sind für journalistische Inhalte online zu zahlen, ist also auch die Frage, was diese Inhalte ihnen bieten. Journalistische Qualität sells.
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