Holzdieben mit Peilsendern auf der Spur

Von Michael Engel · 16.10.2013
Steigende Energiepreise und der Boom der Kaminöfen haben dazu geführt, dass sich das Brennholz verteuert hat. Die Folge: Holzdiebstahl im großen Stil. Da werden mittlerweile ganze Baumstämme bei Nacht und Nebel auf Tieflader gehievt und illegal aus dem Wald geholt. Ein kleines, unscheinbares GPS-Gerät soll den Holzdieben auf die Schliche kommen.
Die Späne fliegen im hohen Bogen davon, wenn Heiko Jähn die Kettensäge ansetzt. Der Forstwirtschaftsmeister schneidet gerade ein zwanzig Zentimeter tiefes Loch in einen dicken Baumstamm, der am Wegesrand liegt.

"Ich setze eine Schienenbreite links und rechts. Schneide dann keilförmig von oben nach unten. So dass praktisch ein Keil herausgenommen werden kann."

Den Holzkeil wird der Mann mit der Kettensäge aber nicht wegschmeißen. Heiko Jähn braucht das Holz noch. Als eine Art "Stopfen", nachdem er ein kleines, elektronisches Gerät im Baumstamm versteckt hat.

" ... so, dass man von außen kaum etwas sieht. Dann wird es eventuell noch mal getarnt. Eventuell Dreck drumgeschmiert oder noch ein bisschen Rinde draufgelegt, und es ist für niemanden mehr sichtbar."

Für niemanden mehr sichtbar. Damit sind vor allem die Holzdiebe gemeint, die seit einiger Zeit im Harz und Solling abräumen: Baumstämme, die bereits gefällt am Wegesrand liegen, werden mit Spezialfahrzeugen gestohlen, beklagt Dieter Holodynski vom Forstamt Riefensbeek.

"Also ich muss sagen, dass in den letzten Jahrzehnten nichts weiter war. Aber seit drei Jahren haben wir vermehrt Holzdiebstähle. Das hängt natürlich damit zusammen, dass der Holzpreis in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. So ein Stamm kostete früher 100 Euro. Jetzt beinahe das Doppelte."

Ein Stapel mit Baumstämmen am Wegesrand kann viele tausend Euro kosten, selbst wenn es sich dabei nur um Fichten handelt. Die professionellen Holzdiebe fahren mit speziellen Hängern vor, die von legalen Holztransportern nicht zu unterscheiden sind. Ein kleines, nur Streichholzschachtel großes Gerät - ein sogenannter "GPS-Tracker" - soll die Holzdiebe nun quasi "in flagranti" ertappen.

"Dieser Tracker ist doppelt so groß wie eine Streichholzschachtel. In diesem Tracker sind vier Komponenten. Das eine ist ein Bewegungssensor, dann ein Funk- und ein GPS-Modul. Und natürlich der Akku. Und wenn das Holz, in dem der Tracker eingebaut ist, bewegt wird, dann geht ein Funkspruch raus und ein GPS-Signal, wo das Holz sich denn befindet. Und dann kann man die Fahrt des Holzdiebes verfolgen."

Keine moderne Forstwirtschaft mehr ohne GPS
Holz im Gegenwert von 170.000 Euro haben Diebe in den vergangenen drei Jahren aus dem Harz geklaut. Das soll jetzt ein Ende haben. Ohne Elektronik - so Michael Rudolph von den niedersächsischen Landesforsten - wäre das Ziel kaum zu erreichen.

"Das Zeitalter 'GPS, Satellitenüberwachung' ist heute auch im Wald angekommen. Ob wir Navigationsgeräte haben, die wir selber im Forst ja nutzen, um unsere Wege zu unseren Arbeitsbereichen zu finden und auch ortskundig im Wald zu navigieren. Ob das unsere Kunden sind, die im Wald bestimmte Holzlagerplätze aufsuchen und sich das Holz betrachten. All das gehört zum Alltag dazu. Ohne GPS ist auch eine moderne Forstwirtschaft wie bei uns in den Landesforsten nicht denkbar."

Zurück im Forsthaus Riefensbeek. Das Holz - draußen im Wald - wurde mit dem GPS-Tracker gesichert. Forstamtsleiter Dieter Holodynski kann beruhigt in sein Büro in die erste Etage gehen. Falls ein Baumstamm bewegt wird - hier einmal zur Probe - schlägt der Tracker sofort Alarm. Erstmal auf dem Handy. Eine SMS signalisiert: Bitte den Computer einschalten und den Weg verfolgen:

"Jetzt gehe ich an den Computer und schaue, wo das Fuhrwerk langfährt. Und da sehen wir jetzt: Hier ist er auf die Bundesstraße gekommen - B27 - er fährt im Augenblick Richtung Osterode. Ich würde jetzt sofort die Polizei verständigen und die würde den Wagen dann abfangen bzw. sehen, wo er sein Holz ablädt."

60 Tracker für tausende Stämme
60 solcher Tracker hat die Forstverwaltung angeschafft. Kostenpunkt: 30.000 Euro. 24 Forstämter im Harz müssen sich die Geräte teilen, und jedes dieser Ämter hat hunderte von Holzlagerplätzen. Die Wahrscheinlichkeit dürfte somit recht klein sein, dass ausgerechnet ein Baumstamm mit eingebautem Tracker gestohlen wird. Dennoch: Die Förster sind zuversichtlich:

Michael Rudolph: "Wir hoffen jetzt ganz stark endlich mit dem Tracker einen Dieb oder mögliche Diebe zu überführen, das heißt, auch auf frischer Tat ertappen zu können, weil wir ihm nachweisen können: Hier ist geklautes Holz unterwegs zu einem Abnehmer, der dieses Holz nicht bezahlt hat. Und zum zweiten hoffen wir auf die abschreckende Wirkung. Das heißt, dass der Dieb dieses Holz liegen lässt und nicht die Finger krumm macht und weiß: 'OK, ich kann mich hier verraten, und dann doch lieber auf den geraden Weg zurück kehrt."

In Hessen waren die Förster schon erfolgreich. Im Juni hatte ein Dieb einen Buchen-Brennholz-Polter im Landkreis Waldeck-Franckenberg aufgeladen. Da war es 6:30 Uhr. Bereits mittags um 12 Uhr hatte die Polizei den Täter auf Grundlage der exakten GPS-Positionen gefasst. Dieser war gerade dabei, die Ware für 850 Euro zu verkaufen. Der Dieb: Ein Fuhrunternehmer, der schon seit vielen Jahren mit den Förstern Geschäfte macht. Diese Zusammenarbeit wurde sofort beendet.

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