Glosse

Bringt ein verhinderter Apfelkönig Biss in den Wahlkampf?

ARCHIV - Marko Steidel präsentiert am 18.08.2017 in Groß Drewitz (Brandenburg) eine Schale mit Äpfeln.
Marko Steidel am 18.08.2017 in Groß Drewitz in Brandenburg. Er prozessiert um den Thron der Apfelkönigin in Guben. © picture alliance / dpa / Bernd Settnik
Hans von Trotha im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 19.09.2017
Marko Steidel aus Guben in Brandenburg will Apfelkönig werden und prozessiert gegen die Amtsinhaberin. Hans von Trotha hat den Streit beobachtet und er kann hier mindestens eines der eigentlichen Wahlkampfthemen vor der Bundestagswahl entdecken. Behauptet er. Jedenfalls hat er die "Wahlmonarchie" und die "Autoindustrie" als Hintermänner ausgemacht.
Marko Steidel aus Guben wollte Apfelkönigin werden - also eigentlich Apfelkönig. Aber bislang wählte die Stadt in Brandenburg stets eine Apfelkönigin. Marko Steidel kam nicht zum Zug. Das veranlasste den 42-Jährigen, nachdem er im Herbst 2016 die Wahl verloren hatte, den Vorwurf der Wahlmanipulation zu erheben und zu klagen. Die den Prozess begleitenden Journalisten zogen dann bei der Berichterstattung alle nur denkbaren sprachlichen Mittel. So sagten sie "Da war der Wurm drin." Und die sprachen von "Zankapfel". Und es musste in manch "sauren Apfel gebissen werden". Doch in dieser Woche vor der Bundestagswahl bleibt eigentlich nur die eine Frage: Kommt noch einmal "Biss in den Wahlkampf"? Unser Kollege Hans von Trotha muss es wissen. Nicht zuletzt, weil der Literaturwissenschaftler ein Buch über die Suche nach dem verlorenen Gartenparadies geschrieben hat.
Der Wahlkampf habe jetzt seine wahren Themen gefunden, sagt von Trotha in einer nicht ganz ernst gemeinten Analyse:
"Es ist der Apfel, natürlich, es ist die Umwelt, es ist Rot-Grün. Es gibt ja einen Grund, warum die amtierende Königin angezweifelt wird vor Gericht, nämlich, dass sie keinen Führerschein hat und das verschwiegen hat - und da ist das Thema Autoindustrie. Denn: Wer braucht kein Auto: eine Königin, denn die wird gefahren."

Modelle für schief laufende Wahlen

Er selbst sei ja nicht wegen seines Gartenbuchs ins Studio eingeladen worden, erklärte von Trotha, sondern weil er einmal auf einer Veranstaltung von Monarchisten gefordert habe, dass, wenn sie schon die Monarchie wieder einführen wollten, sie das zumindest für einen Dynastiewechsel nutzen und nicht wieder die Hohenzollern nehmen sollten. "Darum geht es: Es geht um die Wiedereinführung der Monarchie, und zwar einer Wahlmonarchie für Königinnen. Und das ist der Grund, warum jetzt in der Woche vor dieser Wahl auf gar keinen Fall ein Mann da reingrätschen konnte."
Doch auch der Ort des Geschehens, Guben in der Niederlausitz, habe seinen Anteil an den Vorgängen, sagt von Trotha. Bis 1989 hatte Guben den Beinamen Wilhelm-Pieck-Stadt, seit 1990 Europa-Stadt oder sogar Europa-Modell-Stadt. "Wie heißt der König von Guben? Wissen wir nicht, weil der nicht im Amt ist. Ein FDP-Bürgermeister, der sein Amt nicht antreten kann, weil er im Amt wegen Korruption verurteilt worden ist. Guben zeigt uns Modelle, wie man Wahlen schief laufen lassen kann - und am Ende steht eine gewählte Königin."
Marko Steidel solle in jedem Fall weitermachen und Apfelkönigin werden, rät von Trotha. Auch das könne man auf die große Politik beziehen: Der, der keine Chance mehr hat, sollte weitermachen. Die SPD habe ja schon gezeigt, dass sie das auch könnten mit dem Wahlkönigtum. Schließlich hätten sie ihren Kanzlerkandidaten mit 100 Prozent gewählt.
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